Uppsala! - BMW-GT3-Fahrer räumt kleinen BMW ab!

Es geschah schon 2016 bei einem VLN-Rennen. Unfälle dieser Art hat es bei diesen Rennen, bei denen evtl. unter Druck stehende Werksfahrer mit ihren aerodynamisch und leistungsmäßig überlegenen GT‘s pfeilschnell durchs Feld der PS-armen Serienwagen pflügen, in den letzten Jahren häufiger gegeben. Da wurde dann schon mal schnell aus der Sicht der Sportkommisare aus einem „Abräumen“ ein „Rennunfall“, auch weil man Ärger mit den Werksteams vermeiden möchte und man doch auch nicht ganz ausschließen kann, dass der Langsame dem Super-Schnellen einfach so „im Weg rum stand“. - Diese Situation wird es auf einer Rennstrecke wie der Nürburgring-Nordschleife immer wieder geben, weil es dort Streckenabschnitte gibt, auf denen ein Überholen von – aus der Sicht der GT3-Fahrer – zu langsamen Teilnehmer kaum möglich ist, weil die auch in einem Rennen unterwegs sind und die Ideallinie auch in ihrem Geschwindigkeitsbereich benötigen. - An „entspannteren“ Stellen setzen die dann gerne den Blinker, um einem schnell von hinten aufkommenden GT3-Fahrer deutlich zu machen: Ich bleibe auf dieser Seite; du kannst mich also auf der freien Seite überholen! - Aber manche GT3-Fahrer haben keine Zeit zu warten. Sie stehen unter Erfolgsdruck. Wenn sie über Erfahrung verfügen, teilen sie sich die Fahrt an solchen Stellen ein, um den Zeitverlust klein zu halten. Andere haben keine Erfahrung, keine Übersicht, aber das unbedingte Durchsetzungsvermögen – und dann kommt es zu der Situation:

Uppsala! - BMW-GT3-Fahrer räumt kleinen BMW ab!

Wie am 24. September 2016 beim 48. ADAC Barbarossapreis, einem Lauf zur VLN-Langstreckenmeisterschaft. Die Pole-Position hatte im morgendlichen Training einer der schnellen BMW M6 GT3 mit der Start-Nummer 36 herausgefahren, der mit den Fahrern Krognes/Krohn/Bouveng besetzt war. Bouveng war sozusagen das „Nesthäkchen“ im Team, ein talentierter junger Mann aus „dem hohen Norden“. - Seine Heimat ist Schweden und er war mit Unterstützung von BMW hier am Start. So ein Werk ist immer an guten Nachwuchsleuten interessiert, man muss ihnen durch häufige Einsätze Erfahrung vermitteln.

An diesem Samstag im September 2016 hatte dieses BMW-Team – werksunterstützt - die Gunst der Stunde, die guten Wetterbedingungen und kleine Schwächen der Konkurrenz genutzt und war mit der geradezu sensationellen Zeit von 7:53,375 min klar unter der vom DMSB als kritisch empfundenen 8-Minuten-Grenze geblieben.

Nun hatte der DMSB auch nach dem schweren Unfall im März 2015 alles getan, um die Nordschleife schneller zu machen, hatte z.B. einen aus ihrer Sicht kritischen kleinen Sprunghügel im Streckenbereich „Flugplatz“ abtragen lassen, was es nun z.B. selbst untalentierten Fahrern an dieser Stelle leicht macht, den „Fuß unten“ zu halten.

Durch die optimale Startposition „seines“ Teams fühlte sich nun der junge Victor Bouveng – so heißt der junge Schwede –  wohl in diesem Rennen etwas unter Druck gesetzt. In seinem Turn – natürlich auch richtig schnell unterwegs – lief er nun im Streckenabschnitt „Pflanzgarten“ auf ein „Serienfahrzeug“ aus der Klasse V4, einen BMW 325i auf. An diesem Punkt ist auch für ein leistungsmäßig überlegenes Fahrzeug kaum ein Überholen möglich, weil da der Platz nicht reicht.

Fahrer mit Übersicht kennen die Stellen, wo man als Fahrer eines BMW 325i dann die Möglichkeit hat den Blinker zu setzen und dem Schnelleren Platz zu machen und „teilen sich die Fahrt ein wenig ein“, bewerten einen solchen langsameren Teilnehmer praktisch als ein temporäres Hindernis.

Victor Bouveng wollte sich die Zeit nicht nehmen und fuhr – nach einem Blitzlicht-Gewitter aus seinen Scheinwerfern – der Start-Nummer 477 kurz ins Heck. Dieses Fahrzeug wurde dadurch zwar aus der Richtung gebracht, aber dem Fahrer, einem Nordschleifen-erfahrenen jungen Mann aus Nürburg, gelang es das Fahrzeug abzufangen und unter Kontrolle zu bringen.

Victor Bouveng ist wohl dabei selbst etwas außer Kontrolle geraten und ist dem Nürburger-Nordschleifen-Fan und engagierten Privatfahrer des BMW 325i dann zum zweiten Mal so ins Heck gefahren, dass es zu einem schweren Unfall mit einem erheblichen Schaden am BMW kam, der aber auch zum Ausfall der eigentlich siegverdächtigen Startnummer 36 führte.

Doch das war hier – bis zu diesem Moment – für die Betroffenen ein richtiges Rennen gewesen, das nun durch den ungestümen jungen Mann aus dem Hohen Norden ein wenig gewaltätig beendet wurde.

Vor dem DMSB-Gericht, in einer Verhandlung am 8. Mai 2017, kamen die Richter zu der Auffassung:

„Vorliegend ist ein Verstoß gegen der Art. 13 Rundstreckenreglement gegeben. Zur Überzeugung des Gerichtes, auch nach Einsicht des vorhandenen Videomaterials, muss davon ausgegangen werden, dass der Betroffene mit der Rennsituation überfordert war und versucht hat, an einer Stelle zu überholen, an der ein Überholen nicht möglich ist, wenn sich beide Fahrzeuge auf der Ideallinie befinden.
Kann man das erste Auffahren in das Heck des Fahrers mit der Start-Nr. 477 noch als ein „Versehen“ qualifizieren, kann dies für den zweiten Anstoß nicht geduldet werden.
Wenn zudem ein Fahrer selbst einräumt, dass es für ihn äußerst schwierig sei, auf der Nürburgring-Nordschleife mit weiteren ca. 150 Teilnehmern, mit Fahrzeugen unterschiedlichster Leistungsklassen zu fahren, muss man davon ausgehen, dass der Fahrer definitiv überfordert ist.“

Interessant ist, dass die Sportkommissare nach dem Unfall gegen den Fahrer der Start-Nummer 36, den jungen Schweden, Victor Bouveng, nicht eingeschritten waren. Sie hatten – weil es so auch keinen Ärger gibt – den Unfall wohl als „Rennunfall“ eingestuft.

Der Fahrer der – auch mit einem hohen Schaden – betroffenen Start-Nr. 477, Beat Schmitz, hat das Verhalten des Fahrers Bouveng, aber auch das der Sportkommissare nicht so hingenommen, sondern beim DMSB direkt zur Anzeige gebracht. - Dafür gebührt ihm eigentlich ein Lob von all den Teilnehmern, die nur über das Verhalten eines Teils der GT3-Fahrer klagen, ohne dagegen etwas zu unternehmen.

Das Gericht stellte in dem Verfahren gegen den Fahrer des BMW M6 GT3 fest, das unter dem Aktenzeichen SG 56/16 in Frankfurt geführt wurde:

„Es ist daher davon auszugehen, dass der Betroffene vorliegend zumindest grob fahrlässig einen Unfall herbei geführt hat.“

Bouveng wurde verwarnt, es wurde gegen ihn eine Geldstrafe von 5.000 Euro verhängt und der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Immerhin ein „Zeitzeichen“, dass andere Dynamiker, mit GT3 im „gemischten Feld“ der VLN unterwegs, in solchen Situationen ein wenig vernünftiger machen sollte. - In einer „Code 60-Zone“ verliert man z.B. mehr Zeit!

Nachdem der Veranstalter und die Sportkommissare in dieser Sache durch ihr Verhalten eigentlich ihr Nicht-Interesse an irgendwelchem Ärger in Verbindung mit ihren Veranstaltungen deutlich gemacht haben, gebührt dem Fahrer der Start-Nr. 477, Beat Schmitz, ein dickes Lob, durch eine Meldung an den DMSB direkt dieses Verfahren ausgelöst zu haben.

Vielleicht zeigt es ja Wirkung! - Nicht nur bei den GT3-Fahrern, sondern auch beim Veranstalter!

MK/Wilhelm Hahne
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