Pro-forma-Schriftwechsel: Das kann ins Auge gehen!

Die etwas provokative Motor-KRITIK-Geschichte unter dem Titel „VLN 2019: Einheitsbratwurst & Richtgeschwindigkeit?“ vom 28. Januar 2018 ist von den verantwortlichen Herren in dieser Sache verwundert – aber wohl mehr lächelnd – zur Kenntnis genommen worden. Es ist der Sache leider nicht dienlich, dass alle derzeit auf diesem Gebiet verantwortlich zusammen arbeitenden Funktionäre und Mitarbeiter sich scheinbar auf dem gleichen Niveau bewegen. Da kann selbst eine gut gemeinte „Anregung“ von außen wenig bewirken. Man telefoniert untereinander, ist in der Sache der gleichen Meinung und – lässt die Zeit für sich arbeiten. Dabei geht es eigentlich um etwas, was man schon sehr ernst nehmen sollte: Die Streckenabnahme der Nürburgring-Nordschleife nicht nur durch den DMSB, sondern auch durch die FIA. Die FIA nimmt eine Streckenabnahme nach Kategorie 3, die jetzt bei der Nordschleife fällig ist, alle drei Jahre vor, während die Streckenabnahme für nationale Rennen, zu denen z.B. die Rennen der VLN-Serie zählen, durch den DMSB jährlich erfolgt. - Im aktuellen Fall fällt die Streckenabnahme auf einen Termin, auf den sich der betroffene Besitzer des Nürburgring, bzw. der Pächter, aber auch die Veranstalter VLN und ADAC Nordrhein einrichten. - Auch der DMSB bereitet diese Aktion vor. Entsprechend „dümmlich“ - das notiere ich als meine Meinung für Motor-KRITIK – fällt dann auch die Antwort auf die DMSB-E-mail aus, die auf diesen Seiten von Motor-KRITIK schon zitiert worden war.

Pro-forma-Schriftwechsel: Das kann ins Auge gehen!

Könnte man in den Terminkalender des verantwortlichen Mitarbeiters bei der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG, Manfred Strack, blicken, so müsste da unter dem 9. März 2019, einem Samstag, der Besuch der Streckenabnahme-Kommissare von FIA und DMSB notiert sein. - Man glaubt sich gut auf den Termin vorbereitet zu haben, indem man sowohl FIA- als auch DMSB-Beauftragten Streckenverbesserungen – Belag und „Nivellierung“ betreffend – präsentieren kann. - Und neue FIA-Zäune!

Nun hatten schon die „Streckenverbesserungen“ nach dem Unfall 2015 im Streckenabschnitt „Flugplatz“ zu einer Verbesserung der Rundenzeiten geführt, die dann in der Klasse SP 9 bei Rennen VLN 9 in 2018, dem 43. DMV Münsterlandpokal am 20. Oktober vom DMSB, von Leuten, die sich beim DMSB auskennen, als ein wenig „grenzwertig“ empfunden wurden.

Insgesamt umrundeten an diesem Samstag im Training acht Fahrzeuge der Klasse SP 9 (SP = Super Production-Fahrzeuge) die VLN-Streckenvariante von Nordschleife und einem Stück der GP-Kurses (Kurzanbindung) mit einer Gesamtlänge von 24,358 Kilometern unter 8 min. - Der BMW M 6 des Walkenhorst-Teams fuhr Bestzeit mit 7:52,578 min, dicht gefolgt von dem Audi R 8 des Land-Teams mit 7:52,822 min.

Man muss kein Hellseher sein, um für 2019 Rundenzeiten unter 7:50 min vorherzusagen, nachdem der neue Nürburgring-Besitzer bzw. -Pächter die Nordschleife weiter „verbessert“ hat.

Nun sind die mit dem Thema Nordschleife beim DMSB beschäftigten „Fachleute“ wohl kaum in der Lage zu beurteilen, wann Rennautomobile, für die Rennstrecke entwickelt, unter Profi-Rennfahrern, von denen der DMSB – um sich abzusichern? - auch noch ein spezielles „Permit“ verlangt, auf einer vom DMSB und FIA abgenommenen Rennstrecke ab welcher Rundenzeit das Fahren als „unsicher“ eingestuft werden sollte!

Ein Rennfahrzeug ist zum Schnellfahren entwickelt, ein Rennfahrer wird wegen seiner Fähigkeiten von Herstellern der Fahrzeuge mit dem Schnellfahren betraut und das auf einer Rennstrecke, die nicht nur so benannt ist, sondern auch so benutzt wird und – jetzt kommt‘s – durch FIA und DMSB mit einem Streckenabnahmeprotokoll als Rennstrecke (!) geeignet abgenommen und genehmigt wurde.

Nun verhält sich der Sportdirektor des DMSB im Jahre 2019 so, wie sich auch viele leitende Angestellte in anderen großen Unternehmen verhalten: Man sichert sich ab. - Das ist auch bei der Industrie so üblich geworden. Ganze Ordner werden mit beschriebenem Papier gefüllt – und in vielen Meetings wird deutlich gemacht – dass man darauf hingewiesen hat, dass vielleicht, irgendwann... – jedenfalls, dass man nicht die „volle Verantwortung“ übernehmen kann.

Motorsport ist eine besondere Sportart, die zu allen Zeiten eine Menge Risiken in sich birgt. Da ist es vernünftig, wenn man die durch „Sicherheitsmaßnahmen“ zu minimieren sucht. Aber die müssten an der Rennstrecke selbst oder deren Umfeld erfolgen. - Aber diese Maßnahmen kosten Geld! - Da schreibt man als DMSB, als – sozusagen - „Aufsicht führende Behörde“ - dann lieber eine „absichernde“ E-mail. - Das ist kostengünstiger!

Die Adressaten handeln nun genauso „sinnvoll“ (und kurzsichtig): Sie antworten – wie das nun auch im Fall der vom DMSB an sie gerichteten E-mail erfolgte – auf dem gleichen Niveau:

  • Der DMSB möge doch seinerseits Vorschläge machen!

Und legen sich genüsslich lächelnd in ihre Sessel zurück. - Haben wir das nicht toll gemacht? - Ja! - Verantwortung muss man delegieren! - So macht man das heute! - Wenn man – so empfindet man die eigene Leistung - „intelligent reagiert“.  

Dabei hätte man auch anders sinnvoll reagieren können, wenn man die Gesetze des Handelns beherrschen würde. Denn eigentlich hätten die Herren von VLN und ADAC nun die Möglichkeit gehabt „Weichenstellungen“ im Motorsport auf der Nordschleife vorzunehmen, die eigentlich überfällig sind.

Aber so ist‘s bequemer:

  • Der DMSB hätte gerne Vorschläge zur „Verbesserung“ der Situation bis zum 15. Februar 2019, weil „die jetzige Entwicklung ohne effektive Gegensteuerung für die Nordschleife nicht mehr zu verantworten ist“.
  • Die Veranstalter hätten gerne Vorschläge vom DMSB, da ihnen selber nichts einfällt.
  • Der Nürburgring-Besitzer/-Pächter kann nachweisen, dass er die Nordschleife verbessert hat. - Immerhin auch mit FIA-Zäunen! (= 2. Schutzlinie!)

Alles ist gut? - Wollte man die Nordschleife z.B. „digital“ überwachen, müsste man viele Kameras mit einem Glasfasernetz verbinden, dessen Möglichkeiten aber nur durch entsprechende Stromzuführung genutzt werden könnte. - Kostenpunkt so um 25 Millionen Euro!

Da ist dann eine Absicherung im Vorfeld billiger, mit der man nachweisen kann, dass man auf einem guten Weg in die richtige Richtung ist und schon in naher Zukunft einen gemeinschaftlich abgestimmten Maßnahmen-Katalog umsetzen wird. - Details sind noch zu klären. - Wir schaffen das schon!

So wird wohl das getan, was man vielleicht so beschreiben könnte:

  • Die FIA- und DMSB-Beauftragten nehmen die Sicherheits-Vorkehrungen und -Einrichtungen am 9. März 2019 bei der Nordschleifen-Streckenbesichtigung unter die Lupe und prüfen, dass alle Sicherheitsreglements und die einschlägigen Bestimmungen von FIA und des DMSB eingehalten werden.

Sie werden die Auslaufzonen in Augenschein nehmen, die Dreifach-Leitplanken, die FIA-Zäune. Sie werden darauf achten, dass die Entfernung zwischen den Streckenposten nicht größer als 500 Meter ist und deren Position als optimal gesichert gelten kann, sie werden den Brandschutz kontrollieren und das Medical Center und werden dann auch – entsprechend der Straßenbreite z.B. - u.a. die maximal zulässige Starterzahl festlegen.

Wenn die dann in Rennen nicht erreicht wird, weil die Kosten für den Einsatz von Rennfahrzeugen bei Langstreckenrennen – aus Sicht und Möglichkeiten vieler Teams – „aus dem Ruder gelaufen“ sind, grenzwertig wurden, dann ist das eine andere Sache.

Wenn an bestimmten Stellen der Nordschleife bei Regen gefährliche Stellen dadurch entstehen, dass die Drainage – z.B. durch zugewachsene Abflüsse – nicht mehr stimmt, so ist das Sache der erfahrenen Rennfahrer, sich dort entsprechend zu verhalten. Schließlich sind sie nicht nur im Besitz einer Lizenz zum Rennenfahren, sondern auch im Besitz eines Permit, das ihre persönliche Eignung für das Rennenfahren auf der Nürburgring-Nordschleife bescheinigt. - Vom DMSB bestätigt. - Der damit aber – natürlich – keine Verantwortung dafür übernimmt, dass der Rennfahrer… - Auch die Lizenz, gleich ob national oder international ist ein Papier – oder Kunststoffkarte – deren Besonderheit es ist, dass man damit Geld verdient. Aber es ist keine Garantie für irgend etwas. Darum ist auch niemand verantwortlich, wenn… - Außerdem hat man sich durch entsprechende Erklärungen – wenn es denn sein muss im Kleingedruckten – abgesichert.

  • Eigentlich bleibt immer alle Verantwortung bei dem, der diesen Sport, den Motorsport, betreibt!

Es gibt keine absolute Sicherheit im Motorsport. Auch nicht auf so genannten sicheren Rennstrecken! - Da wird der bestraft, der „Linien“ überfährt!

Jede Rennstrecke hat ihre Eigenheiten. Wie auch jede Fahrbahnoberfläche. Und auf der Nürburgring-Nordschleife gibt es eine Menge unterschiedlicher Flächen, die dann z.B. bei Nässe noch einmal deutlich unterschiedlicher werden.

Da helfen auch keine Lizenzen, Permits und Sondergenehmigungen. Da hilft – dem Rennfahrer – nur Erfahrung, Gefühl und heute – wenn‘s dann funktioniert – die Sensorik des Automobils. Und entsprechende technische Voraussetzungen, die z.B. durch Werke und Teams geschaffen wurden.

Die Reglements dagegen, die vorgeben, eine Wettbewerbsgleichheit herstellen zu wollen (BoP, Mindeststandzeiten, Einheitsreifen), die sind Eingriffe von außen, die nur Geschäftsleuten die Möglichkeit geben, den Geschäftspartnern schon mal einen Gefallen zu tun. - Oder auch nicht.

Und „nach draußen“ die Wettbewerbe interessanter, spannender machen sollen. Die Amerikaner haben es mit dem Safety-Car vorgemacht. Inzwischen gibt es neue Varianten. - Haben Sie, liebe Leser, das 24h-Rennen in Daytona beobachtet, wie man dort einen Alonso daran hinderte, seine direkten Konkurrenten zu überrunden?

Wichtig ist dabei auch, dass irgendwer dabei Geld verdient. - Zumindest per Saldo!

Die neue Art der Zusammenarbeit im Motorsport wird aktuell in der VLN-Serie besonders deutlich. Da ist es zu einer deutlichen Frontenbildung gekommen: Hier der Veranstalter, da die Einsatz-Teams. Beide haben sich in Firmen und Vereinen zusammen geschlossen und man arbeitet eigentlich gegeneinander, während man „nach draußen“ verdeutlicht, dass eigentlich nur so alle Interessen gewahrt werden können.

Gerade heute gibt es ein schönes Beispiel, das Motor-KRITIK mit der Wiedergabe einer kompletten Presse-Information der VLN-Organisation verdeutlichen möchte:

"30.01.2019

VLN begrüßt konstruktiven Dialog mit der ILN

Die VLN hat jüngst konstruktive Gespräche mit der ILN (Interessengemeinschaft Langstrecke Nürburgring) geführt. Dabei wurden unterschiedliche Kritikpunkte des Aktionsbündnisses an der vorläufigen VLN-Ausschreibung 2019 erörtert.„Wir danken der ILN für den sachlichen und konstruktiven Dialog“, sagt Ralph-Gerald Schlüter, Generalbevollmächtigter VLN e.V. & Co. oHG. „Der Verein hat einzelne Kritikpunkte an der vorläufigen Ausschreibung vorgebracht, die wir gemeinsam diskutiert haben. Einige Punkte waren für uns nachvollziehbar, so dass wir den Anregungen der ILN gefolgt sind.“So wird in der bevorstehenden Saison die von der VLN reservierte und bislang ungenutzte Werbefläche oberhalb des hinteren Radkastens freigegeben, um den Teams weitere Vermarktungsmöglichkeiten auf den Rennfahrzeugen zu geben. Die Unterkategorien der GT3-Klasse SP9 werden internationalen Standards angepasst. Die Unterteilung erfolgt künftig nach dem Schema „Pro“, „ProAm“ und „Am“. Daneben wurde der ILN erneut bestätigt, was für die VLN-Verantwortlichen bereits am ersten Tag der Essen-Motor-Show Anfang Dezember feststand: 2019 dürfen während des Tankvorgangs unverändert Arbeiten am Fahrzeug durchgeführt werden.
Unangetastet bleibt hingegen die in diesem Jahr neu eingeführte Nenngeldstruktur, die sich mit einem hohen Maß an Transparenz an den Einsatzkosten der jeweiligen Fahrzeuge orientiert.Generell begrüßt die VLN die Aktivitäten der ILN. Schlüter erläutert: „Sie vertritt die Interessen eines Großteils der Teams und trägt uns diese in konzentrierter Form vor. Wir erhalten so von einer Partei gezieltes Feedback, das wir als VLN entsprechend bewerten. Natürlich können wir nicht auf jede Anregung eingehen – die Verantwortung für das Reglement trägt weiterhin ausschließlich die VLN. Aber konstruktive Kritik ist stets willkommen.“ Beide Parteien sind sich einig, sich auch in Zukunft regelmäßig auszutauschen."  


Der Generalbevollmächtigte der VLN wird sich nach der „Gestaltung“ und „taktischen Ausrichtung“ dieses Textes sicherlich genüsslich zurück lehnen. Und der 1. Vorsitzende der ILN wird sich ob seines so dargestellten großen Erfolges selber auf die Schulter klopfen. Aber:

  • Es gibt heute, 51 Tage vor dem ersten VLN-Rennen immer noch keine vom DMSB genehmigte – und damit für alle - verbindliche Ausschreibung zu der 2019er Rennserie.

Im derzeit im Internet eingestellten 3. „vorläufigen“ Entwurf findet man z.B. folgenden Passus:

„1.13 1.13
Reifen
Die Reifen sind freigestellt, ausgenommen: in der Klasse VLN TCR.“

Wurde das vom Generalbevollmächtigten, seinem Race-Director und auch noch von der ILN bisher übersehen? - Das spricht für die Übersicht der in der oben einkopierten Pressemitteilung herausgestellten „handelnden Personen“. Man hat übersehen, dass auch in anderen Klassen „Einheitsreifen“ zwangsweise vorgeschrieben sind!

Wenn der – bis jetzt – vorläufige Ausschreibungstext Gültigkeit bekommt, dann wurde doch nirgendwo in Frage gestellt, was die ILN lt. obigen Presse-Info wohl beanstandete und nun von der VLN noch einmal der ILN – also dem Vertreter der VLN-Rennteams - zugestanden wurde:

„Daneben wurde der ILN erneut bestätigt, was für die VLN-Verantwortlichen bereits am ersten Tag der Essen-Motor-Show Anfang Dezember feststand: 2019 dürfen während des Tankvorgangs unverändert Arbeiten am Fahrzeug durchgeführt werden.“

Wenn man aber das Thema Sicherheit wirklich ernst nimmt, dann vermisse ich in der vorläufigen Ausschreibung zum Thema Betanken den Satz:

  • Während des Tankvorgangs muss das Fahrzeug mit allen Rädern den Boden berühren.

Und es erübrigt sich dann die vorhandene Formulierung:

„Während des Tankvorgangs darf sich keine Person unter dem Fahrzeug befinden.“

Aus Sicherheitsgründen sollte ein Rennfahrzeug beim Betanken immer „wegrollbar“ sein und darum immer auf den Rädern stehen. Das bedeutet, dass ein Radwechsel immer erst nach einem Tankvorgang durchgeführt werden sollte! Bei der in der VLN-Ausschreibung – der vorläufigen (!) - benutzten Formulierung, ist es immerhin erlaubt, dass das Fahrzeug auf „Stempeln steht“ und ein Reifenwechsel gleichzeitig mit dem Tankvorgang vorgenommen wird.

Aber vielleicht sollte ein alter Mann den „Fachleuten“ von VLN und ILN nicht drein reden.

So habe ich diese Geschichte auch nur für Motor-KRITIK-Leser geschrieben, die an sachlichen Argumenten interessiert sind.

Warten wir nun auf den 9. März 2019 und darauf, wie DMSB und FIA ihrer Verantwortung gerecht werden.

MK/Wilhelm Hahne
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