Tolles Informationsfreiheitsgesetz!

Nachstehend soll vom Nutzen des „Landesgesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen“, das Landesinformationsfreiheitsgesetz , kurz „LIFG“ genannt, die Rede sein. Es wurde am 26. November 2008 von der Landesregierung Kurt Beck verabschiedet und gilt seit dem 1. Februar 2009 in Rheinland-Pfalz. Motor-KRITIK hat schon mal über die Entstehungsphase berichtet und möchte heute an einem Beispiel darstellen, wie es – geschickt natürlich – nicht nur von der SPD, die es geschaffen hat, sondern auch von anderen Vasallen der damaligen SPD-Regierung – und das können durchaus Mitglieder der CDU sein – genutzt wird. Man nutzt es wirklich. Man übersieht es nicht, wie man z.B. den § 5 des Grundgesetzes (garantiert u.a. die „Pressefreiheit“) im Fall einer Hausdurchsuchung bei einem Journalisten übesehen kann. Das kann doch mal passieren! - Auch dass ein Justizminister dann lügt! - „So wahr mir Gott helfe!“ - Es gibt sogar Kollegen mächtiger Medien, denen nicht klar ist, dass es das Informationsfreiheitsgesetz in einigen Variationen gibt. Denn es gibt in Deutschland nicht nur das, das der Bund geschaffen hat, denn Deutschland ist ein bundesstaatlich verfasstes Land, wird als freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat bezeichnet, besteht aber aus 16 Ländern, weshalb nicht überall gleiches Recht besteht. So manches liegt eben in der Verantwortung der Länder. - Wie auch das Informationsfreiheitsgesetz. In fünf deutschen Ländern gibt es noch keines! - Hier wird dann auf das Petitionsrecht verwiesen. Aber in Rheinland-Pfalz, von vielen Bundesbürgern als Provinz empfunden, da gibt es das! - Darüber soll nachstehend an einem Beispiel berichtet werden. - Wie gut erfüllt es seinen eigentlichen Zweck?

Tolles Informationsfreiheitsgesetz!

In § 4, Abs.1 des o.g. Gesetzes, gültig für das Land Rheinland-Pfalz ist zu lesen:

„Jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts hat gegenüber den in § 2 genannten Behörden nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Zugang zu den dort vorhandenen amtlichen Informationen. Im Rahmen dieses Gesetzes entfällt die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit.“

Aber in § 6, Abs. 1 gibt es dann eine Einschränkung:

„Die Behörde gibt Dritten, deren Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben können.“

Nun sind – gesetzlich – auch die Fristen geregelt. Danach – so steht es in § 5:

„Die amtliche Information soll unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Antragstellung, zugänglich gemacht werden. Eine Verlängerung dieser Frist ist zulässig, soweit eine Antragsbearbeitung innerhalb der in Satz 1 genannten Frist insbesondere wegen Umfang oder Komplexität der begehrten amtlichen Information oder der Beteiligung Dritter nach § 6 nicht möglich ist. Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist über die Fristverlängerung und die Gründe hierfür schriftlich zu informieren. § 7 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.“

Auch „Dritte“ sollen sich – lt. Gesetz – an Fristen halten. Das ist in dem schon erwähnten § 6 geregelt: Die Behörde gibt Dritten, deren Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben können.

Man hat – als „Dritter“ - also einen Monat Zeit, schriftlich „ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs“ darzustellen.

Soweit sei hier das für Rheinland-Pfalz gültige Gesetz zitiert. In der Realität sieht die Umsetzung, dargestellt an einem realen Fall, folgendermaßen aus:

Schon nachdem in 2013 überraschend die Kreisverwaltung Ahrweiler eine Betriebsgenehmigung für den so genannten „ring°racer“ erteilt hatte, die - nachdem sie jahrelang nicht funktionierte - dann im Oktober 2013 für drei Tage im Einsatz war, hatte sich Motor-KRITIK für die Art der Betriebsgenehmigung interessiert. - Was aber die Kreisbehörde unter Leitung ihres Landrats und Ex-Stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der Nürburgring GmbH, Dr. Jürgen Pföhler, wenig zu interessieren schien. - Es gab keine Antwort. - Motor-KRITIK wird – wie man aus dem Verhalten der Behörde schließen darf – als eine Art „rotes Tuch“ empfunden. Und Wilhelm Hahne nicht unbedingt als Journalist, wie mir der Leiter der Presseabteilung dort einmal klarzumachen versuchte..

Verhalten andere Journalisten sich anders?

Mit der Zeit kamen andere Fragen nach anderen Betriebsgenehmigungen hinzu, die sich für Motor-KRITIK aus dem Interesse der Öffentlichkeit an diesen Themen ergaben. Aber man antwortete nicht, war wohl um eine Verzögerung bemüht, vielleicht auch darum, weil man hoffte, ein Ermüden und schließliches „Einschlafen“ des Interesses auf Seiten von Motor-KRITIK erreichen zu können.

Motor-KRITIK ist nicht eingeschlafen, hat weiter erinnert. Da hat man sich dann bei der Kreisbehörde auf § 6 und die „Rechte Dritter“ besonnen und u.a. auch die ADD (Aufsichts- und Dienstleistungs-Direktion) in Trier eingeschaltet. Die wird inzwischen von einer langjährigen Mitarbeiterin (aus dem direkten Umfeld) von Kurt Beck geleitet. Von dort erhielt Motor-KRITIK dann die Information, dass man auch die Ansichten der Kreisbehörde Bad Neuenahr-Ahrweiler teilt.

Aber da waren die Motor-KRITIK im Detail noch unbekannt.

Per 13. und 14. November 2014 abgesendet, erreichten Motor-KRITIK schließlich zwei Einschreiben der Behörde, in denen man wohl zunächst einmal den Bürger des Landes Rheinland-Pfalz, Wilhelm Hahne, ansprach, wenn man unter dem Titel:

„Vollzug Informationsrecht:“

zu den Details kam. Das zweite Einschreiben trug zwar die gleiche Anschrift, der Inhalt bezog sich aber auf

„Presserechtliches Informationsersuchen“

Damit war dann die ganze Bandbreite der Möglichkeiten abgedeckt und das so genannte Informationsfreiheitsgesetz mit den dort eingebauten Möglichkeiten voll genutzt.

Ein mit dem Informationsfreiheitsgesetz sehr gut vertrauter Jurist hat den Inhalt geprüft und keinen Ansatz für einen rechtlich begründeten Einspruch gefunden. Die Terminüberschreitungen hat er allerdings übersehen. - Was soll's auch?

Insgesamt hat die Ablehnung meiner Anfragen – in zwei Stücken - einen Umfang von 11 Seiten. - Per Einschreiben zugestellt.

Sie finden die Wiedergabe beider Einschreiben als pdf-Datei am Ende dieses Beitrags.

Motor-KRITIK hatte übrigens nicht um Zusendung, sondern nur um die Einsichtnahme in folgende Unterlagen gebeten, hätte also – auf eigene Kosten – die Kreisbehörde in Ahrweiler aufgesucht, um in folgenden Unterlagen blättern und lesen zu können:

  • 1) immissionsrechtliche Genehmigung vom 27. Dezember 2000, Az.: 3.4-139 2/200, zur wesentlichen Änderung der Motorsportrenn- und -teststrecke Nürburgring,
  • 2) Bescheid vom 27. Juni 2012, Az.: 4.3 BA-071111, über die bis zum 31.12.2012 befristete Zulassung der vorzeitigen Inbetriebnahme für das Freizeit- und Businesszentrum      Nürburgring 2009 und
  • 3) Baugenehmigung vom 8.10.2014, AZ.: 4.3-BA-090177, für die Errichtung und den Betrieb des „ring°racers“.

Aus den (in Details) ablehnenden Einschreiben geht hervor, was die insolvente Nürburgring GmbH als befragter „Dritter“ für Einwände durch ihre Anwälte formulieren ließ. Dieser „Dritte“, man sollte sich daran erinnern, kann als „landeseigene Gesellschaft“ gelten, die exakt dem Land zuzuschreiben ist, das mit dem Informationsfreiheitsgesetz jedem Bürger die Möglichkeit geben wollte, Zugang zu amtlichen Informationen zu erhalten.

Deren Anwälte argumentierten zu 3) „ring°racer“, dass sie eine Zustimmung lediglich auf eine Einsichtnahme in den Baugenehmigungstext, nicht aber in die weiteren Bauunterlagen beziehen. Das erklären sie so:

„Diese Unterlagen enthalten detaillierte technische Informationen zur konkreten Ausgestaltung im Hinblick auf die Achterbahn 'Race Coaster' sowie technische Details und Informationen, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Fa. S&S Worldwide Inc. (Anmerkung: Hierbei handelt es sich um die Herstellerfirma) darstellen.“

Wir bei Motor-KRITIK können uns nicht vorstellen, dass es einen Konkurrenten interessiert, eine Achterbahn für einen zweistelligen Millionenbetrag (in Euro) zu bauen, die dann jahrelang nicht genutzt werden kann und nur durch Defekte – bei denen auch Menschen zu Schaden kamen – auffällt.

Dass der „ring°racer“ im Herbst letzten Jahres für drei Tage in Betrieb war, setzte zwar eine Betriebsgenehmigung voraus, die aber – nach meinen letzten Recherchen „zur Sache“ - so umfangreiche Auflagen enthält, dass ein wirtschaftlicher Betrieb in Deutschland nicht möglich scheint.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass das „Konzept“ der Firma Capricorn – als "Käufer des Nürburgrings“ - Details enthält, die auch den „ring°racer“ betreffen und entsprechend dem EU-Beschluss vom 1. Oktober 2014 (auch auf diesen Internetseiten als pdf-Datei zu finden) umgesetzt werden müssen.

Da findet man auf Seite 84 den Absatz 256, in dem es heißt:

„Das Geschäftskonzept der Veräußerer wird vom Erwerber nicht übernommen. Die beiden vorhandenen Rennstrecken (Grand-Prix-Strecke und Nordschleife) werden in Zukunft parallel und separat für verschiedene Zwecke genutzt, die eine internationale Vermarktung von Senderechten ermöglichen. Zu diesem Zweck plant Capricorn den Bau zusätzlicher Einrichtungen und die Ausstattung der Nordschleife mit HD-Kameras. Ein Teil der Einrichtungen, die im Rahmen von Teilbereich II des 'Projekts Nürburgring 2009 gebaut wurden, wird stillgelegt (z.B. Restaurants). Der ring°racer wird veräußert und die ring°card als Bezahlsystem abgeschafft. Im ring°boulevard werden die Retail-Geschäfte zu einem Restaurantkomplex umgebaut.“

Der Satz der in diesem Zusammenhang interessiert, betrifft die Veräußerung des „ring°racer“. Bei den von der Kreisbehörde Bad Neuenahr-Ahrweiler vorgeschriebenen Auflagen würde aber – und das ist die Einschätzung von Motor-KRITIK – weder ein Verkauf noch ein Verschenken innerhalb Deutschlands für den neuen Besitzer einen Sinn machen, weil ein wirtschaftliches Betreiben nicht möglich ist.

Leider kann ich hier keine Details nennen, weil nach meinen Recherchen die Gesamtakte „ring°racer“ einen komplett gefüllten großen DIN A4-Ordner umfasst, dessen Wiedergabe im Rahmen dieser Internetseiten auch unmöglich wäre.

Achten Sie, liebe Leser, bitte auch auf Seite 5 des „Bescheid“ der Kreisverwaltung Ahrweiler. Dort ist zu lesen:

„Für die Gewährung der Akteneinsicht werden Gebühren und Auslagen nach Maßgabe des Landesgebührengesetzes (LgebG)om 03.12.1974 (GVBI S. 578) in der geltenden Fassung und der Landesverordnung über die Gebühren für Amtshandlungen allgemeiner Art (Allgemeines Gebührenverzeichnis) vom 08.11.2007 (GVBI. 2007, S. 277) in der geltenden Fassung erhoben. Über die Höhe, Aufteilung und Berehnung erhalten Sie nach gewährter Akteneinsicht einen gesonderten Kostenfestsetzungsbescheid.“

Nachdem man mir nun – nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (!) - einen teilweisen Einblick gegen eine Kostenerhebung gewährt wird, dessen Umfang mir erst nachher bekannt gegeben wird (!), möchte ich - möchte Motor-KRITIK - auch auf einen Einblick in die „befristete Zulassung der vorzeitigen Inbetriebnahme für das Freizeit- und Businesszentrum Nürburgring 2009" verzichten.

Über den aktuellen Zustand einer der neu gebauten Haupttribünen habe ich inzwischen mit Zitaten aus so einer Art Gutachten auf diesen Seiten berichtet. Das interessiert aber niemanden bei der Aufsichtsbehörde. Jeder scheint für Jeden gerade das Gutachten zu erstellen, das gebraucht wird. Ich habe auch schon auf diesen Seiten darauf hingewiesen, welche Aufsichtspflicht der Kreisbehörde nach meiner Kenntnis zukommt. - Und damit auch Verantwortung!

Warten wir also, bis „das Kind in den Brunnen gefallen“ ist. - Dann wird die Empörung groß sein. Aber vorher interessiert eigentlich in Ahrweiler und in den Hauptstädten unserer bedeutenden Bundesländer – oder gar der Bundeshauptstadt Berlin - niemanden, was sich in der „Provinz“, der Eifel, so alles abspielt.

Besonders interessant ist aber, was den Rechtsanwälten der (insolventen) Nürburgring GmbH eingefallen ist. Sie sollten es in der anhängenden pdf-Datei auf den Seiten 2 und 3 nachlesen. - (Das erspart mir das Abschreiben!) - Man kommt – auf Seite 3 – zu dem Schluss:

„Aus diesen Gründen resultiert das begründete und schützenswerte Interesse unserer Mandantin daran, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht zur Kenntnis der Öffentlichkeit zu bringen.“

Versuchen Sie das bitte zu begreifen:

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer Rennstrecke darf mit den darin verankerten Nutzungszeiten und Möglichkeiten nicht der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden, die damit geschützt werden soll! - Bemerkenswert!

Ich möchte hiermit alle Einwohner von Nürburg und Anlieger der Rennstrecke bitten, mir ihre Feststellungen und Eindrücke zu Renn- und Testfahrten und Musikveranstaltungen mitzuteilen, nachdem sie sich mit den in der Genehmigung aufgezeigten Grenzen vertraut gemacht haben.

Um einen Abgleich möglich zu machen, habe ich als Journalist - primär der Öffentlichkeit verpflichtet - diesem Beitrag die pdf-Datei der Genehmigung angehängt, in die mir quasi als Vertreter der Öffentlichkeit ein Einblick verwehrt werden sollte. Unter Hinweis auf die Bestimmungen (u.a.) des Landesinformationsfreiheitsgesetzes von Rheinland-Pfalz.

Sie finden in der pdf-Genehmigung-Datei alle wichtigen Daten. Auch die zur zeitlichen Begrenzung von Musikveranstaltungen, z.B. nachts. (Sie wurden von MK markiert.)

Dazu hatten die Anwälte der (insolventen) Nürburgring GmbH u.a. erläutert:

„Auch als Veranstaltungsstätte für zum Beispiel Konzertveranstaltungen steht unsere Mandantin im europäischen Wettbewerb.“

Vorher waren „rennsportbezogene Veranstaltungsstätten wie etwa … Lausitzring … und Hockenheimring“ benannt worden. Beide „Veranstaltungsstätten wurden auch schon mal von der DEAG, der Deutschen Entertainment AG, Berlin, bespielt, die in 2015 als starker Partner der NBG und CNG am Nürburgring bei der Musikveranstaltung „Der Ring – Grüne Hölle Rock“ auftritt. - Das kann also keine Konkurrenz sein. Es ist ein Partner, an dessen Gewinnen man – was das kommende Konzert am Nürburgring betrifft – zu 50 Prozent partizipiert. - Und der die immissionsrechtlichen Grenzen hier wie da kennt – kennen muss!

Motor-KRITIK hat sich die Freiheit genommen, eine die Öffentlichkeit schützen wollende behördliche Genehmigung als Information an die Öffentlichkeit weiter zu geben. Damit eine Kontrolle möglich wird, die sonst nicht erfolgen kann.

Tolles Informationsfreiheitsgesetz! - Meint Motor-KRITIK. -

Und wartet auf Hinweise von Betroffenen, die bisher die Immissionsgrenzen nicht kannten, die sie schützen sollten.

MK/Wilhelm Hahne
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