Daytona: Ein BoP-Vortest für die 24h-Nürburgring?

Daytona war das zweite große 24h-Rennen in diesem Jahr. Das erste 24h-Rennen in Dubai war nur über eine Zeit-Distanz von 7h und 17 min gegangen – Wegen Regen! - Daytona wurde so zum ersten 24h-Rennen in diesem Jahr, das „voll über die Zeit ging“. Aber das Starterfeld war mit 38 Fahrzeugen dürftig und so klein wie noch nie in den 43 Veranstaltungen vorher. - Was die wenigen  Teams und Fahrer vor dem Rennen und auch danach groß erregte, war die BoP, die Balance of Performance, die hier von dem Spezialisten festgelegt wird, den der Veranstalter des 24h-Rennens am Nürburgring schon im letzten Jahr einfliegen ließ, um dessen große Erfahrung zu nutzen. - Darum lohnt sich ein Blick hinüber in die USA. - Aber es gibt zu dem Thema auch aus „heimischen Gefilden“ einiges zu berichten, das bisher „hinter geschlossenen Vorhängen“ ablief.

Daytona: Ein BoP-Vortest für die 24h-Nürburgring?

Die Hersteller der schnellen GT3, die in der Hauptsache von dieser BoP-„Gleichmacherei“ betroffen sind, dem Schaffen von gleichen Voraussetzungen für die Spitzenfahrzeuge aller Fabrikate, die für einen Gesamtsieg in Frage kommen, die zahlten auch die Kosten für das Einfliegen dieses „feinfühligen“ PS-Flüsterers aus den USA, der schon beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring 2019  die „BoP-Weichen“ stellte.

Der gibt PS denen, die sie nicht haben, nimmt sie denen, die – angeblich davon zu viel auf die Straße bringen wollen oder erhöht oder mindert das Fahrzeuggewicht. Das Ganze hat sich zu einer Wissenschaft entwickelt, ohne die „man“ angeblich nicht auskommt und die sich im modernen Motorsport wie ein chinesischer Coronavirus ausbreitet. - Angeblich gibt es auch keine Mittel dagegen!

Diese Gleichmacherei soll für mehr Gerechtigkeit durch Herstellung gleicher technischer Voraussetzungen für einen Gesamtsieg schaffen, so einen überlegenen Sieger verhindern und die Spannung für die Zuschauer erhöhen.

Grund genug, in diesem Jahr schon mal im Januar hinüber nach Daytona zu blicken. Und es war auch so, wie vorher zu ahnen war: Es gab wegen der BoP-Festsetzungen Ärger. - Der Veranstalter konnte lt. Reglement – so wird das auch am Nürburgring sein – bis zum letzten Moment an den Stellschrauben drehen und damit – quasi – auch über Sieg und Niederlage entscheiden.

Da wurde bei den Konkurrenten, die für den Gesamtsieg in Frage kamen, der Honda eingebremst, der Cadillac erleichtert. - Worauf dann auch der Cadillac gewinnen konnte

  • Nicht Trump, sondern ein amerikanischer Techniker, hat einem US-Fabrikat so zum Gesamtsieg verholfen!

Die in Daytona erstmals in einer anderen Kategorie eingesetzte neue Mittelmotor-Corvette bekam – obwohl sie beim Vortest schon sehr schnell war – über einen größeren Luftmengenbegrenzer – noch ein paar PS mehr, während Porsche und Ferrari, die bei den Vortests hier die Schnellsten waren, eingebremst wurden.

  • Wie kolportiert wurde, wurden diese „Anpassungen“ aufgrund von exakten Beobachtungen aller wichtigen Daten vorgenommen.

Aber dann hat doch Porsche gewonnen, während man sich bei Ferrari durch die BoP betrogen fühlte. Diesem Fahrzeug hatte man nicht nur die Motorleistung um rd. 5 PS gekürzt, sondern auch den Heckspoiler deutlich steiler stellen lassen, so dass es diesem Wettbewerbsfahrzeug deutlich an Top-Speed mangelte.

Die GT3 waren in Daytona als„die kleine Klasse“ in diesem 24h-Rennen unterwegs. Ganze neun Fahrzeuge! - Da wurde z.B. Honda für die gute Vorarbeit an dem NSX besonders bestraft. Man musste 25 Kilogramm zuladen und die Motorleistung wurde um 7 PS gemindert.

Ich persönlich weiß nicht, was das noch mit Motorsport zu tun hat, da in einem solchen Wettbewerb  nicht nur der beste Fahrer, sondern auch das beste Fahrzeug gewinnen sollte. Und das beste und schnellste Boxen-Team! - Am Nürburgring sind da u.a. auch die Mindeststandzeiten vor. Und was die BoP betrifft: Da ist es inzwischen so weit gekommen, dass z.B. in der GT 4 – wo die SRO die BoP-Einstufungen vornimmt - die technisch besseren Fahrzeuge auf das Niveau des Schlechtesten, des Porsche Cayman, gebracht werden müssen.

  • Wobei Porsche da bei den Langstreckenrennen am Nürburgring zu der Notlösung gegriffen hat, einen Cayman-Cup einzuführen, was dann auch regelmäßige Klassensiege garantiert und Spitzen-Ergebnisse in der Statistik beschert!

Wie wenig bei den „Sport-Behörden“ nachgedacht wird, ist z.B. an einer Lösung des DMSB deutlich zu machen, wo man z.B. den Fahrern am Nürburgring sowohl eine Version für das – ebenso unsinnige – Nordschleifen-Permit A, wie auch dem Nordschleifen-Permit B zur Verfügung stellen wollte.

  • Da hat man dann die Permit-B-Version des KTM X-BOW gegenüber der A-Version um 210 Kilogramm – um gut 20 Prozent (!) - schwerer und um 12 PS schwächer gemacht.

Das Fahren dieser Permit-B-Version von KTM auf der Nürburgring-Nordschleife sollte eigentlich einem so erfahrenen Rennfahrer, wie dem DMSB-Präsidenten exklusiv vorbehalten bleiben. - Meine ich.

Wenn ich mich heute in Motor-KRITIK schon mit einem Thema befasse, das eigentlich erst wieder ab dem 21. März 2020, dem ersten Langstreckenrennen am Nürburgring aktuell wird, weil das gleichzeitig das erste Vorbereitungsrennen zum 24h-Rennen auf dem Nürburgring ist, dann liegt das auch daran, das zumindest hier bei Motor-KRITIK eine späte Korrektur des Ergebnisses vom 24h-Rennen 2019 immer noch nicht endgültig abgearbeitet ist. - Das auch, weil die mit diesem Thema auch Beschäftigten zu den besonders Schweigsamen zählen, nicht gerade auskunftsfreudig sind.

Man möchte wohl nicht durch das Plaudern über Fakten die Leute verärgern, von denen man sich wohl irgendwie abhängig fühlt! - Moderner Motorsport ist inzwischen zunächst mal ein Geschäft!

Es geht dabei um den Manthey-Porsche, der im Nachhinein aus der 24h-Wertung 2019 genommen wurde, da er – wenn man die BoP-Daten kennt – eindeutig zu viel Leistung hatte. Das Manthey-Team hatte die Disqualifikation auch angenommen, war nicht in Berufung gegangen, so dass scheinbar alles in Ordnung war.

  • Das aber nur vor, nicht hinter den Kulissen! - Man darf nicht vergessen, dass das Manthey-Team ein Porsche-Werksteam ist!

In Stuttgart wollte man nun wohl mit diesem „Beispiel“ bessere Voraussetzungen für das 24h-Rennen 2020 am Nürburgring schaffen und hat versucht, hier „ein paar Weichen zu stellen“, weil man wohl auch den Eindruck hatte, dass man die Verantwortlichen für die BoP – und damit die Entscheider über Sieg und Niederlage – ein wenig verunsichern könne, wenn man „ein wenig Druck macht“.

So hat man in netter Form Verantwortliche darauf hingewiesen, dass z.B. die bei ihrem – dem Porsche - Wettbewerbsfahrzeug gemessenen Werte auf dem Rollenprüfstand einer exakten Nachprüfung nicht standhalten würden.

Damit war dann auch der Hersteller des Referenz-Rollenprüfstands z.B. für GT3-Fahrzeuge angesprochen. Da der auch in den Ausschreibungen sowohl für das 24h-Rennen, wie auch für die bisher noch nicht vom DMSB genehmigte Ausschreibung für die Nürburgring Langstreckenserie benannt ist, schien das Porsche einen Versuch wert. - Nein, natürlich wolle man an dem Ergebnis des 24h-Rennens 2019 nicht rütteln, aber damit im Hinblick auf das Sportjahr 2020 Klarheit geschaffen würde, sollte man doch vielleicht… - und man wäre gerne bereit das zu beweisen – und noch einmal das disqualifizierte Fahrzeug vom 24h-Rennen 2019 auf einem solchen „Referenz-Rollenprüfstand“ durchmessen lassen. - Unter Porsche-Anleitung!

  • Ein solcher Rollen-Prüfstand steht auch in den Hallen der Firma Manthey in Meuspath.

Einen ganzen langen Arbeitstag hat man dann dort den Porsche GT3 zusammen mit Ingenieuren aus Stuttgart und solchen des Prüfstandherstellers gegen Ende November 2019 gemessen. Nun muss man wissen, dass für die Leistungsmessungen eines GT3 auf diesem Rollenprüfstand schon jetzt besondere Einstelldaten gelten, da man bei den Herstellern deutlich machen konnte, dass durch die  in GT3 genutzten besseren Getriebe und besseren Ölen auch im Antriebsstrang ein geringerer Leistungsverlust erfolgt und der – gerade bei einem Rollenprüfstand, wo die Leistungsmessung an der Hinterachse, über die Räder erfolgt – dann eine Korrektur durch eine entsprechende Einstellung des Rollenprüfstandes erfolgen müsse.

Die Industrie hat sich da durchgesetzt. In welcher Form, ist in den 2020er Ausschreibungen nachzulesen, womit aber so gleichzeitig deutlich wird, das die „Offiziellen“, die für die Texte in den Ausschreibungen verantwortlich sind – alle DMSB-geprüft und lizenziert - auch nicht wissen, was sie dort zum Thema „Referenzprüfstände“ für die GT3 schreiben.

So ist z.B. im Text der Ausschreibung zum 24h-Rennen 2020 zu lesen – und wurde so vom DMSB am 29 November 2019 genehmigt:

"Referenzprüfstände:
Firma Boemanns Motorsport,
Gewerbegebiet Südschleife,
53520 Müllenbach
Prüfstandstyp: Maha 3000
Einstellfaktor: 0,7"

Im Text zur Ausschreibung der Nürburgring Nordschleifen Serie 2020 steht – bisher vom DMSB ungenehmigt:

„Entwicklungszentrum Abgastechnik
Boemanns Motorsport GmbH
Gewerbegebiet 1
53520 Müllenbach
...
Die Messung erfolgt mit Rollenprüfstand (Fabrikat MA-
HA, Typ LPS 3000 PKW ) Einstellungssaktor 7%.“

Natürlich geht es mir nicht um einen Druckfehler in der VLN-Ausschreibung – die auch jetzt, Anfang Februar 2020, noch nicht offiziell gültig ist, sondern um die Präzisierung des Einstellfaktors des Referenzprüfstandes der Firma MAHA.

  • Soweit mir bekannt, bezieht sich dieser „Einstellfaktor“ auf die nicht messbaren Verluste in der Beschleunigungsphase. Bei normalen Strassenfahrzeugen wird mit Faktor 10 gemessen.
  • Der Faktor 7 bezieht sich – bisher - nur auf GT3-Fahrzeuge. Durch die verwendeten Getriebe/ Differentiale/Öle entstehen lt. Darstellung der Industrie in der Beschleunigungsphase bei diesen Fahrzeugen 3 Prozent weniger Leistungsverluste.

Zu dem „Fall Manthey-Porsche“ habe ich versucht eine Auskunft vom Hersteller des „Referenzprüfstandes“ zu erreichen, zumal mir bekannt wurde – wie oben schon erwähnt - , dass auch Mitarbeiter dieser Firma bei den von Porsche „geforderten Beweismessungen“ vor Ort waren.

Ich habe nach der ersten E-mail-Anfrage, gegen Ende November 2019, noch zwei Mal erinnert und zuletzt – am 20. Januar 2020 – klar gestellt, dass ich bei einer Nicht-Antwort meine bis zum Zeitpunkt einer Veröffentlichung recherchierten Details zu der Weiterentwicklung der Porsche-Disqualifikation nach dem 24h-Rennen 2019 – ohne ihren Kommentar dazu – öffentlich machen würde.

Dieser für einen Antwort – und Kommentar – eingeräumte Zeitraum ist heute abgelaufen. Ich möchte darum hier wiederholen, was ich dem Hersteller des „Referenzprüfstandes“ am 20. Januar 2020 u.a. schrieb:

„...Ich verstehe durchaus, dass Sie mit klaren, eindeutigen Aussagen irgendwelche Kunden von Ihnen nicht verärgern möchten. Aber ich möchte das Thema jetzt - irgendwie - abschließend behandeln. - Zumal Prüfstände Ihrer Firma auch in 2020 entsprechend
den jeweiligen Ausschreibungen eine Rolle spielen. - Da sollten dann keine Zweifel aufkommen!
Aus Quellen an der Porsche-Basis habe ich inzwischen die Information, dass wohl versucht wurde, mit einem Motor mit "Le Mans"-Leistung (deutlich über 500 PS) das 24h-Rennen am Nürburgring zu gewinnen. Weil man in dieser Sache nicht gerade an vielen "Mitwissern" interessiert war, hat man der Firma Manthey (immerhin 51 Prozent in Porsche-Besitz!) quasi "verboten", den angelieferten Motor nach dem Einbau noch einmal auf dem Manthey-eigenen Prüfstand aus Ihrer Fertigung einer Messung zu unterziehen.
Das Nicht-Messen vor dem Rennen war also kein Zufall oder Versehen!
Im Nachhinein - nachdem man "aufgefallen war" - wollte Porsche wohl nicht wie ein "Betrüger" da stehen und hat es wohl als richtig empfunden, zumindest den Versuch zu unternehmen, Ihrer Firma den "Schwarzen Peter" zuzuschieben.
So sehe ich das! - Wenn Sie das anders sehen, wäre ich an Ihrer Meinung und Darstellung der Sachlage aus Ihrer Sicht interessiert.
Wenn ich in den nächsten 14 Tagen nichts von Ihnen höre, gehe ich davon aus, dass Sie damit meine Sicht der Dinge als richtig anerkennen. ...“

Zumindest hat Porsche versucht „Druck auszuüben“, um die BoP-Verantwortlichen für das 24h-Rennen am Nürburgring vorsichtig zu machen. Wenn ich die derzeitige Situation richtig einschätze wird das auch der Fall sein. - Aber anders als von Porsche gedacht.

Während in den bisherigen BoP-Vorschriften immer die Motorleistung, gemessen auf einem Motorenprüfstand neben der Leistung, auf einem Rollenprüfstand gemessen, in dem jeweiligen Formular nebeneinander standen, wird für 2020 wohl nur noch die zulässige Leistung, gemessen auf einem Rollenprüfstand dort zu lesen sein. - Mit hoher Wahrscheinlichkeit! - So sind dann Missverständnisse ausgeschlossen.

Bei den GT4-Fahrzeugen, deren BoP-Daten von der SRO-Organisation verantwortet werden, ist das eigentlich überwiegend schon immer so.

Was aber nichts daran ändert, das aus Motor-KRITIK-Sicht die BoP (Balance of Performance) ein reiner Blödsinn ist, der auch im Motorsport unserer Zeit keine Berechtigung haben sollte, zumal so Ergebnisse – wie auch die Ergebnisse in Daytona den Eindruck erwecken – durch eine eventuelle Manipulation erreicht werden zu können. - Aus nationalem oder aus Firmeninteresse.

Es ist eben inzwischen auch in Deutschland alles wie in Daytona: Geld spielt keine Rolex – aber wer bezahlt, der bestimmt die Musik!

MK/Wilhelm Hahne
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