DTM in der Corona-Zeit auf dem Nürburgring GP-Kurs!

Bei den DTM-Rennen am letzten Wochenende waren wieder Zuschauer zugelassen. Laut Genehmigung, ausgesprochen durch die Kreisverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler, durften es 2.500 sein, die vom Nürburgring-Pächter auf drei Tribünen verteilt werden sollten – und konnten. Pro Tag. - Wenn sie denn gekommen wären! -  Von Seiten der DTM-Organisation und dem Rennstreckenverpächter wurden Tageskarten für 49 Euro und so genannte VIP-Tickets zum Preis von ab 279 Euro angeboten. Grund genug einmal zu recherchieren, was denn dafür geboten wurde. - Nun hatte ich im Vorfeld dieser Veranstaltung zu einem anderen Thema recherchiert, das plötzlich beim Thema DTM zu einem weiteren Recherchieren nicht nur in die  rein sportliche Richtung anregte. Dabei bin ich darauf gestoßen, dass hinter den gewaltigen Marketing-Anstrengungen, die eine glanzvolle Serie vorgaukelt, eigentlich ein Trümmerhaufen verborgen ist. Es bestand bisher schon bei Motor-KRITIK der Eindruck, dass man sich um die Zukunft der DTM durch die in letzter Zeit erfolgten Ausstiege – nicht nur einiger Hersteller – im Hinblick auf die Zukunft der DTM schon ein sportliches Vakuum entstanden war, das immer wieder mit der inzwischen Teil unseres Erleben auf vielen Gebieten gewordenen Anmerkung „Wir schaffen das schon“ in seiner Bedeutung als fast  unbedeutend hingestellt worden war. Es würde – wenn sonst nichts mehr geht – eben eine Fortsetzung dieser Serie mit einer anderen Art Fahrzeuge (GT3?) geben. - Gründe genug, sich einmal mit der Basis zu beschäftigen, die die DTM eigentlich noch hat. - Aber auch, warum diese Art Motorsport nicht mehr die möglichen Zuschauer wirklich anspricht. Auch dann nicht, wenn eine DTM-Veranstaltung auf dem Nürburgring stattfindet.

DTM in der Corona-Zeit auf dem Nürburgring GP-Kurs!

Den richtigen Einstieg in diese journalistische Betrachtung lieferte mir heute am frühen Morgen eigentlich meine Regional-Zeitung, in der schon auf der Titelseite das Ereignis am Nürburgring vom Wochenende mit der Zeile angerissen war, „DTM rast vor 2500 Zuschauern über den Nürburgring“.  Im Sportteil ist dann der entsprechende Bericht getitelt: „Faszination Ring mit Zuschauern“. Die – aus meiner Sicht – Fehlinformationen setzten sich dann im Lauftext fort, wo dem normalen Leser vermittelt wird:

„Auch das haben die Renntage gezeigt: Das alte Grand-Prix-Layout auf dem Ring hat nichts von seiner Faszination verloren.“

Nun waren zum Rennen keine Journalisten zugelassen. Dafür gab es einen „umfangreichen Presse-Service“ (digital!), dessen „Basis“ vom Veranstalter so erklärt wurde:

„...leider ist es aufgrund der aktuellen Beschränkungen im öffentlichen Leben durch die Covid-19-Pandemie nicht in gewohntem Umfang möglich, Medienvertreter beim fünften Saisonlauf der DTM auf den Grand-Prix-Kurs des Nürburgrings (11.–13. September) willkommen zu heißen.“

Aber auch ein Rennbesuch hätte einem normalen Journalisten nicht den Unterschied zwischen Grand-Prix-Kurs und Nordschleife deutlich machen können, wenn er den Nürburgring, den „Ring“, nicht aus vielfachem Erleben als Fahrer und Zuschauer wirklich kennt.

  • Man kann GP-Kurs und Nordschleife nicht in „einen Topf“ werfen und mit „Ring“ benennen!

Die Nordschleife ist sowohl für den Fahrer als auch für den Zuschauer eine faszinierende Rennstrecke; der Grand-Prix-Kurs ist – damit verglichen – einfach langweilig. Besonders für den Zuschauer.

Ich habe einige Zeit nach Eröffnung dieses neuen Kurses, der eigentlich speziell für die Formal 1 geschaffen wurde, einmal ein Gespräch mit dem damals verantwortlichen Geschäftsführer der Nürburgring GmbH geführt und ihm die – aus meiner Sicht – richtige Frage gestellt:

„Würden Sie den Nürburgring Grand-Prix-Kurs noch einmal so bauen?“
Seine klare Antwort: „Nein!“

Da wäre aus Sicht eines Zuschauers z.B. das total überzogene Sicherheitskonzept, das übrigens von Porsche erarbeitet wurde. Der Zuschauer ist überall zu weit von der Strecke entfernt, erlebt die Rennfahrzeuge nur im „Spielzeugformat“. Da helfen – inzwischen – auch keine Großbildschirme mehr, wie sie bei der F1 eingesetzt wurden.

Für die Fahrer bietet natürlich jede Rennstrecke auf dieser Welt eine Aufgabenstellung, aber die auf dem Nürburgring Grand-Prix-Kurs ist eher einfach – oder anders gesagt: Die Strecke ist langweilig. Mit einem Serienfahrzeug hier Runden zu drehen ist für das Fahrzeug eine Zumutung, Quälerei, während das Befahren der Nordschleife wirklich Spaß macht. - Was sich auch mit den „Touristenfahrten“ beweisen lässt. - Die dort inzwischen zu verzeichnenden Unfallzahlen sind die andere Seite der Medaille.

Ein Rennfahrzeug muss z.B. für den Grand-Prix-Kurs fahrwerkmäßig vollkommen anders abgestimmt sein, als für die Nordschleife. Wenn der GP-Kurs auch Bestandteil der Gesamtstrecke – mit Nordschleife – wird, wie das schon mal bei 24h-Stunden-Rennen der Fall ist, dann wird man das Fahrzeug für die Nordschleife abstimmen (Federwege, auch Ausfederwege!) und als Fahrer in jeder Runde froh sein, wenn man den Teil GP-Kurs hinter sich hat.

Das ist die Realität aus meiner Sicht. Alles andere ist „Erzählerei“, mit der man niemandem wehe tun möchte. - Also eine „zeitgerechte“ Darstellung, die man dann auch – s.o. - in Tageszeitungen findet.

Auf diesem Grand-Prix-Kurs fanden dann auch am letzten Wochenende zwei Wertungsläufe zur  „DTM“ statt. An jedem Veranstaltungstag nach meinen Beobachtungen nicht vor den zugelassenen 2.500 Zuschauern. Wer sollte sich auch bei einer solchen Veranstaltung – und warum? - auf die  Tribünen 3, 4 und 4a setzen?

Obwohl  dort durchaus mehr geboten wurde, als nur die reinen DTM-Läufe, zu denen inzwischen nur noch zwei Fabrikate mit – aus meiner Sicht - „Silhouette-Cars“ und Prototypen starten, die nur vorgeben, so eine Art Serienfahrzeug zu sein. - Diese Rennserie ist inzwischen zu einer reinen Marketing-“Erfindung“ verkommen, deren Schwergewicht auf der Betreuung (Bewirtung) der eigenen „Kunden“ lag, denen man „ein sportliches Umfeld“ zu „Cordon bleu und Chablis“ bot. Dieses „Gewicht“ ist in Corona-Zeiten nun auch verloren gegangen, was die DTM – auch aus Sicht der Automobilhersteller - weiter abgewertet hat!

Es ist mir auch aufgefallen, dass am Wochenende der DTM „Feuerschutz“ durch die Freiwillige Feuerwehr Adenau geboten wurde. Das ist darum besonders, weil ich gerade zum Thema Feuerwehren - aus meiner Sicht – einige Ungereimtheiten recherchiert hatte. - Nachdem in Nürburg die Position des Bürgermeisters neu besetzt ist, wird die Internetseite der Freiwilligen Feuerwehr dort nicht mehr gepflegt. Es sind für 2020 dort auch keine Einsätze mehr verzeichnet, obwohl es nach meinen Feststellungen eine Reihe von Einsätzen – auch auf der Nürburgring-Nordschleife - gegeben hat. - Noch 2019 wurden die Seiten perfekt geführt!

Der Wehrleiter der Nürburger Feuerwehr hat auf meine Anfrage nicht reagiert, der Wehrleiter der Adenauer Feuerwehr ebenfalls nicht. Also habe ich den lt. Landesgesetz, § 24, Abs. 1, verantwortlichen Bürgermeister - in diesem Fall: Bürgermeisterin - des Ortes Nürburg angeschrieben. Von ihr erhielt ich die Antwort:

...„In Ihrer Frage kann ich Sie nur an die Verbandsgemeindeverwaltung in Adenau verweisen, da diese die übergeordnete Einsatzleitstelle der Freiwilligen Feuerwehren in der gesamten Verbandsgemeinde Adenau ist bzw. die Feuerwehreinsatzzentrale sich in Adenau befindet.“...

Das hatte ich bereits getan und als Antwort auf meine Fragen vom Verbandsbürgermeister, Guido Nisius, folgende Information erhalten:

„1. In der Organisation der Feuerwehren der Verbandsgemeinde Adenau hat sich aktuell keine Änderung ergeben.
2. Die Feuerwehreinsätze der Feuerwehren der Verbandsgemeinde Adenau werden zentral bei der Feuerwehreinsatzzentrale (FEZ) in Adenau erfasst.
3. Die FEZ wird am Feuerwehrgerätehaus Adenau durch die FFW Adenau betrieben. Sämtliche Einsätze der Feuerwehr werden durch die Feuerwehr Adenau auf deren Homepage veröffentlicht.“


Ich habe bei meiner Recherche zum Thema „Sicherheit“ bei Rennen dann feststellen müssen, dass auch hier das Thema „Geld“ Beachtung findet. Die Freiwillige Feuerwehr Adenau erfüllt grundsätzlich die Auflagen des DMSB beim Thema Feuerschutz, ist aber natürlich von der Effektivität nicht mit den Einsatzfahrzeugen der „E-Unit“ zu vergleichen, die sonst bei Rennveranstaltungen eingesetzt werden. - Ein Kostenproblem?

Ein politisch informierter Motorsport-Fan erklärte mir lächelnd, dass für einen Lokalpolitiker die Feuerwehren seines Gebietes von großer Bedeutung sind, wenn er wieder gewählt werden will. Also wird er sich gerne bei ihnen beliebt machen, weil er damit evtl. auch deren Verwandte und Bekannte für sich einnimmt. - Hat also Herr Nisius (CDU) dafür gesorgt, dass sich die Feuerwehr Adenau am Nürburgring ein „Zubrot“ verdienen kann?

Aber sonst war – so weit ich das feststellen konnte – für die Sicherheit an der Rennstrecke alles getan. Die Streckenposten waren besetzt, es gab alle 858 Meter einen Bergekran (insgesamt 6) und einen Hubschrauber. - Und bei der DTM sind Feuer wohl selten, da wird eher den Fahrern „Feuer gemacht“! („Schieß‘ ihn ab!“)

Insgesamt, nachdem ich mal einen Blick ins Internet geworfen hatte, wo ich ein Stück DTM „presented by Vredestein“ erleben konnte, bot sich mir ein interessantes Bild. Mir wurde u.a. die BMW-Brücke gezeigt, die mir mit „leicht verklebtem Blick“ zublinzelte, weil BMW sich wieder einmal – dieses Mal mit einem 5-fach Sieg von Audi vorgeführt – hinter der Werbung des asiatischen Reifenherstellers „Hankook“ versteckte. Der hatte übrigens die GP-Strecke komplett mit seiner Werbung überzogen.

Das DTM-Veranstaltungswochenende am Nürburgring hatte aber durchaus mehr zu bieten, als nur die DTM. Die diente auch als Aushängeschild für Veranstaltungen wie z.B. den „Porsche Carrera-Cup Benelux“ oder die „GTC-Serie“, die wohl zur Deckung der Gesamtveranstaltungskosten beitragen durften.

Die DTM hatte auf diesem Gebiet schon vorher eine deutliche Ausdünnung erfahren, als Porsche mit seinem Porsche-Cup in ein anderes Veranstaltungsumfeld umzog, genau wie die Formel 3. Die ITR, die Organisation die sowohl mit einem e.V. wie auch einer GmbH hinter der DTM steht, hatte nicht nur so die entstandene (Einnahme-)Lücke zu schließen versucht, sondern auch selbst mit der…

  • DTM-Trophy eine weitere – wie man denkt – attraktive Serie entstehen lassen, für die man neben dem schon bekannten Reifenpartner Hankook noch den Getränkehersteller „Superdrink“ als Partner gefunden hat, der unter einem von ihm direkt gesponserten Rennteam auch zwei GT4-Fahrzeuge einsetzen lässt!

Weil auch hier – nach meiner persönlichen Einschätzung – in den nächsten Wochen noch Überraschungen zu erwarten sind, habe ich mich auch mal darum bemüht, die im Vordergrund der DTM arbeitende ITR GmbH ein wenig näher kennen zu lernen.

Dazu habe ich mir die letzte veröffentlichte Bilanz dieser Firma des Jahres 2018 angesehen, die jetzt in 2020 dem interessierten Publikum vorgestellt wurde. - Ich bin ein wenig erschrocken!

Ich lese in einem Anhang zur Bilanz des Jahres 2019:

„Bei der Bilanzierung und Bewertung sind im Jahresabschluss der Internationale Tourenwagen Rennen GmbH, Stuttgart (Amtsgericht Stuttgart, HRB 748397 - im Folgenden: ITR GmbH), die Vorschriften des HGB für mittelgroße Kapitalgesellschaften angewandt worden.
Die Gewinn- und Verlustrechnung ist nach dem Gesamtkostenverfahren aufgestellt.“

   

  • Diese Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 2019 macht dann einen Jahresfehlbetrag von 5.094.153,56 € deutlich, der im Jahre 2017 auch schon -2.739.102,97 € betragen hatte.

In den Erläuterungen zur Bilanz findet sich dann der nüchterne Satz:

„Die Geschäftsführung schlägt vor, den Bilanzverlust in Höhe von EUR 7.593.505,91 auf neue Rechnung vorzutragen.“

Da hat ein Satz im „Nachtragsbericht“ kaum beruhigt:

„Mit Datum vom 30. Juli 2019 wurde eine Einlage von EUR 4.500.000,00 in die Kapitalrücklage der Gesellschaft beschlossen. Mit gleichem Beschluss wurde beschlossen, dass Stammkapital der Gesellschaft um EUR 40.000,00 auf EUR 140.000,00 zu erhöhen.“

Ich habe dann auch unter „Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ den Grund für die interessanten Zahlen in der 2018er Bilanz gefunden:

„Der Jahresfehlbetrag hat sich im Vergleich zum Vorjahr um EUR 2,4 Mio. erhöht. Ursächlich hierfür sind im Wesentlichen Umstrukturierungsaufwendungen sowie der Wechsel des TV-Partners und der Wegfall permanenter Rahmenserien. Des Weiteren wurde die Mitarbeiteranzahl erhöht.“

Da können wir dann in Ruhe – oder doch nicht? - der nächsten DTM-Veranstaltung am nächsten Wochenende, auch am Nürburgring, entgegen sehen. Die wird dann auf dem „Sprintkurs“ - so ein „Rund ums Fahrerlager“ - ausgetragen. Die Strecke ist dann 3,629 km lang, was dann lt. Ankündigung „schnelle, kurzweilige Rennen“ garantieren soll. - Die Fahrzeuge kommen auch öfter am Zuschauer vorbei!

Diese an zwei Wochenenden direkt aufeinander folgenden DTM-Wertungsläufe sind so eine Art „Double-headed“-Veranstaltung, bei der die „Lokomotive DTM“ dann gleich zwei Veranstaltungen an einem Ort ziehen muss.

Ob so viel „Dampf ablassen“ dann auch Zuschauer anzieht?

MK/Wilhelm Hahne
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