F1: Gute „Reifen-Manager“ zum Mitreisen gesucht!

Wer sich im „Kirmes“-Geschäft auskennt, kennt auch die Schilder, die an so manchen Wohnwagen im Umfeld eines Kirmesplatzes zu finden sind: „Junger Mann zum Mitreisen gesucht!“ - Nun hat sich die Formel 1 in ihrer zeitgemäßen Entwicklung immer mehr dem „Kirmes-Geschäft“ angenähert. - Eigentlich wird den Fans und Zuschauern „etwas vorgemacht“. Die Formel 1 verkommt immer mehr zu einem reinen Show-Geschäft, orientiert sich bei ihren Auftritten primär an den möglichen Einnahmen. Es ist kein Wunder, wenn man – gegen eine kleine Schutzgebühr? - auch Katar den Gefallen tat, dort mal „eine Show abzuziehen“. - Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. - Dazu ein paar „unpassende“ (?) Gedanken:

F1: Gute „Reifen-Manager“ zum Mitreisen gesucht!

Ein guter Schausteller wird in einer Saison an mehr Wochenenden tätig sein, als im nächsten Jahr die Formel 1 für Rennen terminiert hat. Immerhin hat die Formel 1 dann zwar – aus der Sicht eines Schaustellers – nur die lächerliche Zahl von 24 Auftritten im Showgeschäft einer Saison, aber dazu muss man in der F1 dann auch rund um die Welt unterwegs sein! - Der Unterschied macht die Differenz!

Bernie Ecclestone, der die Formel 1 im Motorsport erst zur eigentlichen „Königsklasse“ werden ließ, kennt deren Grenzen genau, weil er sie selbst immer schon mal überschritten hat. Die liegen nicht nur bei der Technik oder in der Logistik. Nach seiner, Ecclestons Ansicht, sind in diesem weltweiten Geschäft 24 Termine aber inzwischen grenzwertig! - Für den Menschen! - Bernie prophezeit den Teams, dass deren verheirateten Mitarbeiter in dem vor uns liegenden Zeitabschnitt dann wohl damit rechnen müssen, dass sich die Ehefrauen von diesen Männern immer öfter trennen werden, weil man sich bei der neuen Termin-Massierung immer weniger – zu wenig - sehen wird!

Aus den Augen, aus dem Sinn! - Aber was macht denn überhaupt im aktuellen F1-Zirkus noch Sinn? - Die „Renner“ sind optisch „bedeutender“, aber immer schwerer geworden und aerodynamisch immer besser. Sie lassen sich aber idealerweise eigentlich nur noch auf speziell für sie angelegten Rennstrecken bewegen. Die Kurven sollten auch idealerweise in einem bestimmten Radius angelegt sein, damit man bei der Kurvendurchfahrt auf der „Ideallinie“ den – hoffentlich richtigen – Radius der Kurve aerodynamisch voll nutzen kann.

  • Nur eine optimale Aerodynamik + passender Geschwindigkeit ergibt einen tollen Abtrieb!

Eigentlich sind die heute an den Kurvenrändern zur Begrenzung genutzten Curbs schon eine Begrenzung „von gestern“. Sie gefährden evtl. eine optimale – von der Aerodynamik bestimmte – Kurvendurchfahrt und Geschwindigkeit! - Wenn man aber diese Curbs, die auch mit einer richtigen Steigung – im richtigen Winkel – eingebaut sein sollten, dann doch überfährt, dann bekommt man evtl. mit den Reifen ein Problem.

  • Die Formel 1 hat sich zu einer eigenen Welt entwickelt, hat die Basis zur Realität verloren!

Die heute verwendeten Reifen sind nicht für das Überfahren von Curbs gemacht, sollen auch eigentlich den F1-Fahrer nicht zum zu schnellen Fahren animieren. Sie sollen aber eine gewisse Anzahl von als normal empfundene Zahl von Reifenwechseln in jedem Rennen garantieren. - Wegen der Spannung für den Zuschauer!

  • Der Reifencharakter wird nicht mehr von Technikern, sondern von „Regisseuren“ bestimmt!

Wie schnell man während eines Rennens unterwegs ist, hat den Zuschauer nicht zu interessieren. Wenn so ein kleiner Info-Dienst wie Motor-KRITIK schon mal die Frage stellte, warum die im Qualifying erzielte schnellste Zeit sich so deutlich von der im Rennen gefahrenen schnellsten Rundenzeit unterscheidet, dann gibt es  – keine Antwort!

Aber keine Antwort, ist auch eine Antwort! - Sagte schon meine Großmutter.

Jetzt beim „Großen Preis von Katar“ wurden aber Zusammenhänge deutlich. Erstmals seit Jahr und Tag lag der Unterschied zwischen der schnellsten Quali- und Rennrunde beim Sieger des Rennens nur bei etwas über 0,5 sec. - Grund: Dieses Mal war von den Fahrern kein Reifen-Management gefordert, da die Reifenfirma die Zahl der Rennrunden begrenzen, minimieren musste, weil die Curbs eine ideale Kurvendurchfahrt nicht zuließen.

  • Leider – musste es in Katar zum Überfahren der Curbs kommen.

Da deren Steigungswinkel nicht optimal war, kam es – auch schon wegen deren „Profilierung“ – zu einer Hochfrequenzbelastung der Reifen, die dann zu mikroskopisch-kleinen Schäden an den Reifenflanken führte. Und der Reifenhersteller kürzte die Anzahl der Runden für einen neuen Reifensatz. Für die Teams ein „Muss“! - Das führte zu mehr Reifenwechseln im Rennen und verlangte von den Rennfahrern dann aber kein „Reifenmanagement“ mehr.

  • Die bisherigen „Reifen-Manager“ durften nun auch mal richtige Rennfahrer sein!

Also wurde in diesem Jahr zum ersten Mal im Rennen so schnell gefahren, wie das auch im Qualifying gemacht wird. Was aber den Fachleute nicht unbedingt gefiel, weil der Zuschauer doch gar nicht wahrnehmen kann, ob ein F1 nun etwas langsamer oder etwas schneller fährt. - Wenn man aber einen Reifenwechsel spart, spart man Geld!

Also wird es bei den nächsten Rennen „auf Anweisung“ wieder ein „Reifen-Management“ durch die Fahrer geben.  - Müssen! - Dann brauchen sich die Fahrer auch nicht mehr so sehr anzustrengen. Dieses konstant schnelle Fahren brachte in Katar so manchen Fahrer in Verbindung mit den dort gemessenen Temperaturen und einer als unangenehm empfundenen Schwüle an seine körperlichen Leistungs-Grenzen.

Max Verstappen schien allerdings auch am Ende des Rennens in guter Verfassung, als er genüsslich feststellte:

  • „Das waren 57 Runden im Quali-Tempo!“ - Nun ist Max Verstappen auch ein Ausnahme-Talent!

Man sollte die Formel 1-Renner, ganz nach dem Muster der Großserien-Entwicklung hin zu SUV-Modellen noch schwerer machen, die Aerodynamik noch weiter optimieren, die Rennstrecken den Möglichkeiten und Erfordernissen der Formel 1-Renner weiter anpassen. Statt Curbs sollte man eine Rennstrecke nur noch durch aufgemalte Grenzlinien optisch von den – möglichst weiten – Auslaufzonen trennen. Dann könnte man vielleicht auch auf Rennfahrer verzichten, die Millionen kosten.

Dafür sollte man dann besser – billige – Fahrer einstellen, die aber Qualitäten als „Reifen-Manager“ aufweisen müssten! - Taktisch würden sie – wie bisher – von den Boxen gesteuert! - „Renn-Intelligenz“ ist nicht gefragt!

Schließlich erhält der Reifenhersteller für seine Dienstleistungen gegenüber den F1-Teams demnächst auch nur noch die Hälfte der bisher von den Teams zu leistenden Zahlungen. Da wäre der für ein „Reifen-Management“ bei Rennen sicherlich dankbar, weil das für ihn auch die Kosten senken würde.

  • Denn für den Reifenhersteller ist es kein Geschäft, Lieferant der F1 zu sein. Das ist ein teurer Teil des Marketing für die Marke!

Vielleicht sind demnächst auch an den „Hospitalitis“ der Teams im Fahrerlager Schilder zu lesen, wie man sie ähnlich auch an Kirmes-Wagen findet:

  • Junge Männer als „fahrende Reifen-Manager“ zum Mitreisen gesucht!

Denn der F1-Fan, gleich ob live „vor Ort“ oder am Fernseher, merkt doch sowieso nicht, ob ein Formel 1-Renner im Grenzbereich oder im optimalen Bereich des Reifen-Managements um den Kurs gefahren wird. - Meinen die „Fachleute“! - Hauptsache: Die Optik, die Show stimmt!

Auch die Formel 1 ist inzwischen zu einem reinen Show-Geschäft geworden, in dem das Marketing die Grenzen bestimmt. Man bleibt auch gerne „unter sich“. Neue Teams würden nur Unruhe „ins Geschäft“ bringen. - Andretti hin, Audi her!

Man muss jetzt noch jede Saison zum optimalen Abkassieren nutzen. Wer weiß, wie lange noch so ein Zirkus auf speziell gestalteten „Show-Bühnen“ in unseren Zeiten von einer an der Formel 1 eigentlich uninteressierten breiten Öffentlichkeit akzeptiert wird?

Aber die Öffentlichkeitsarbeit für die Formel 1 wurde auch schon optimiert! - Die Berichterstattung darüber bewegt sich – geradezu ideal - in dem von den Veranstaltern vorgegebenen Rahmen!

Alles gut?

MK/Wilhelm Hahne
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