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1977 bin ich das erste VLN-Rennen zusammen mit Walter Piel gefahren. Wir waren mit einem Golf GTI, der damals neu war unterwegs. Ich habe die Leiden des jungen Wolfsburgers mit durchlitten und mit erlebt, wie das Auto über die Jahre erstarkte. Genau die umgekehrte Entwicklung hat die Organisation VLN genommen. Damals genügte sie den Ansprüchen. Fans arbeiteten für Fans. Beide Seiten freuten sich über die Erfolge. Und niemand hat es dem anderen übel genommen, wenn mal etwas daneben ging. - Heute geht viel daneben. Auf beiden Seiten. Bei den Teilnehmern und den Veranstaltern. Manchmal kann man das auch an einem Rennen, dem Ergebnis, an den Abläufen und am Verhalten von Teilnehmern und Funktionären ausmachen. 2013 ist nicht mehr 1977. Die Erde hat sich seitdem nicht nur vielfach gedreht, sondern auch bei der VLN ist vieles anders geworden. Aus einer reinen Tourenwagen-Serie ist eine Mischung von GT und Tourenwagen geworden, die Probleme schafft. Es ist für die Träumer von damals nun Zeit langsam aufzuwachen. Das Umfeld hat sich geändert und damit die Art und Ansichten der „Partner“. Auch zum Sport. - Und nun geht es in die letzten zwei Läufe. - Wer gewinnt die Langstreckenmeisterschaft 2013? - Es könnte sein, dass man den Gesamtsieger auch nach dem letzten Lauf noch nicht kennt. - Der Versuch einer Erklärung zeigt auch die Lücken auf, die während des Wachstums der VLN-Serie offenbar mitgewachsen sind. Es wird Zeit sie zu schließen, wenn die Serie nicht darüber stolpern will.
VLN 2013: Traum und Wirklichkeit
Lauf 8 der Langstreckenmeisterschaft liegt vor uns. Lauf 7 war für Zuschauer und Journalisten ein Rennen voller Überraschungen, wenn man sich auf das Gesamtklassement focussiert hat Die Schlussphase war geradezu dramatisch. Da konnte man dann am Dienstag nach dem Rennen z.B. in einer Tageszeitung lesen:
„Über Platz drei und damit das mit Abstand beste McLaren-Ergebnis in der VLN seit dem Debüt des MP 4 GT 3 freuten sich die beiden Fahrer des Teams Dörr Motorsport, Rudi Adams (Ahütte) und Arno Klasen (Karlshausen).“
Das ist sicherlich richtig. Aber im zweiten Teil war Arno Klasen unterwegs gewesen und auch nur der stand auf dem Siegerpodest, weil sein Fahrerkollege, der den Start gefahren hatte zu diesem Zeitpunkt längst mit dem Flugzeug in Richtung Mailand unterwegs war. Darum war auch ein „Siegerkranz“ überflüssig, der dann auch vom Podium ins Publikum flog, von einer Dame aufgefangen wurde, die ihn gerne mit nach Hause genommen hat.
Rudi Adams ist übrigens im Hauptberuf Testfahrer bei Pirelli, woraus sich dann auch erklärt, dass das Dörr-Team auf dem drittplatzierten McLaren mit Pirelli-Reifen unterwegs war und ist.
Reifen spielen bei den Langstreckenrennen nicht nur eine große, sondern auch eine kostspielige Rolle. Viele Teams sind irgendwie mit einem Reifenpartner liiert. Ich zeige Ihnen mal ein paar Schnappschüsse vom 7. Lauf zum „Reifenthema“:
Das letzte Foto macht deutlich, dass auch Zuschauer etwas von abgefahrenen Slicks – gleich welchen Fabrikats – haben und ihn gerne mit nach Hause nehmen. So wird dann vielleicht – mit einer Glasscheibe versehen – ein Abstelltisch daraus.
Die Fahrer interessiert aber mehr: Welcher ist der beste Reifen? - Da ist für die letzten zwei Rennen sicherlich der Dunlop-Reifen der empfehlenswerteste, weil er beim Übergang von trockener zu nasser Straße mehr Grip bietet. Wenn man dazu noch die Dunlop-Rennreifen auf einem Mercedes nutzt, ist man besonders gut bedient, weil der Mercedes SLS fahrwerkmäßig deutlich angenehmer zu fahren ist, als andere schnelle GT3-Fahrzeuge.
Mercedes hat bei der Entwicklung des SLS berücksichtigt, dass er in der Hand von nicht so rennerfahrenen Kunden trotzdem ein konkurrenzfähiges Fahrzeug sein soll. Allerdings hat das Fahrwerk der Rennversion kaum etwas mit dem der Serienversion zu tun. Eigentlich sollte ursprünglich aber mal ein GT3-Sportwagen die Gene des Serienfahrzeugs nutzen und ihm in aller Technik nahe sein.
Da ist z.B. die Rennversion des Audi R 8 fahrwerkmäßig deutlich näher an der Serie, aber dann auch nur von Spitzenfahrern wirklich schnell zu bewegen. Achten Sie mal beim nächsten Rennen auf die Unterschiede zwischen Stippler und den Stuck-Brüdern.
Umso überraschender war die Platzierung eines privat vom Brüderpaar Busch/Busch eingesetzten Audi R 8 beim 7. VLN-Lauf. Normalerweise hätte er aufgrund der Fahrleistungen während des Rennens auf Platz zwei einlaufen müssen. Kurz vor Ende des Rennens war er noch mal mit ein paar Litern aufgetankt worden. Als er dann in die letzte Runde ging, lag zu aller Überraschung der Frikadelli-Porsche auf Platz drei direkt dahinter. Offenbar war der Audi schon spritsparend unterwegs – und entsprechend langsam – gewesen.
Mir war als Beobachter klar, dass Patrik Huisman, der zu diesem Zeitpunkt den Porsche fuhr, den Audi auf der letzten Rund vernaschen würde. So war es auch. Allerdings hatte sich dazu Patrik Huisman kaum anstrengen müssen. Schon aus der letzten Kurve vor der langen Geraden kam Busch mit dem Audi mit stotterndem Motor. - Benzinmangel. - Leider hat's auch nicht mehr bis ins Ziel gereicht. In der letzten Schikane vor Start und Ziel ist der Audi dann ausgefallen.
Ich bin mit einem Bekannten dann noch beim Fahrzeug gewesen, nachdem er ins Fahrerlager zurückgebracht worden war, habe auf die...
…Reifen gezeigt und gesagt: „Schau mal genau hin. - 8:15 in der 2. Runde.“ - Seine staunende Reaktion: „Kann man mit „Kumho“-Reifen so schnell fahren?“ - Was zeigt, dass man im Motorsport auch Vorurteile pflegt und übernimmt. Man sollte – nicht nur auf dem Reifensektor – jeden Konkurrenten ernst nehmen.
Erfreulich ist die Entwicklung der Marke Ferrari im Langtreckensport. Wurde die Marke früher von den Motorsportlern mehr der Sorte „Café-Racer“ zugeordnet, muss man die letze Version z.B. des „kleinen Ferrari“...
...richtig ernst nehmen.
Der wirkliche Verlierer des 7. Laufes war dieser Mann:
...Jochen Krumbach, der kurz vor Schluss wie der sichere Sieger aussah. Einer der Manthey-Mitarbeiter sagte mir nach dem letzten Tankstopp...
...den der „Chef“ hier mit unbewegtem Gesicht beobachtet: „Wir haben alles richtig gemacht.“ Nicht nur für ihn, für alle Beobachter...
...sah der Manthey-Porsche wie der sichere Sieger aus. Ich habe die letzte Phase des Rennens nachfolgend einmal auf andere Art dokumentiert:
Hier sieht noch alles nach Gesamtsieg aus. Man drängt sich in der Box des Gesamtsiegers um den „Chef“, der zufrieden die letzten Runden am Bildschirm verfolgt. „Herausragend“ Gustav Büsing, meinen Kollegen, den man z.B. von „eurosport“-Übertragungen (oder seinen Büchern) kennt. Links davon Jürgen Klauke, den ich schon aus Ford-Zeiten kenne, der zuletzt – bevor er von seiner Altersteilzeit Gebrauch machte – für Porsche die Verhandlungen mit Sportbehörden und -Funktionären führte. Inzwischen genießt er seinen (Un-)Ruhestand in der Eifel. Im Winter in Köln.
Hier registrierte man den Ausfall des Audi von Busch/Busch und die Fahrt auf den zweiten Platz des Gesamtklassements von Klaus Abbelen/Sabine Schmitz/Patrik Huisman auf ihrem Porsche.
Und es wird deutlich ruhiger in der Manthey-Box, nachdem endgültig klar ist, dass der als Sieger erwartete Porsche mit der Startnummer 145 mit einem Antriebswellenschaden* ausgefallen ist. Olaf Manthey ist nicht mehr zu sehen.
Aber es wäre falsch immer nur auf das Gesamtklassement zu schauen, denn der Gesamtsieger des Jahres 2013 wird nicht daher kommen, da die meisten Punkte für errungene Klassensiege an die vergeben werden, die in ihrer Klasse die meisten Starter – also auch die größte Konkurrenz – hatten.
Da war es beim 6. Lauf der Saison mal wieder zu einem Protest in der Klasse V6 gekommen, wo Serienfahrzeuge (?) ihre Konkurrenzfähigkeit beweisen wollen. Ich habe bewusst eine Fragezeichen hinter den Begriff Serienfahrzeuge gesetzt, da auf der einen Seite z.B. erlaubt wird, Fahrzeuge mit (angeblich!) schwachen Bremsen mit besseren Ausführungen auszustatten, andererseits anderen zugemutet wird, mit kleineren Felgenbreiten unterwegs zu sein, als sie als Serienfahrzeuge (!) eigentlich ausgestattet sind.
Das was man als „gültiges Reglement“ bezeichnet, hat hier eine Scheinwelt geschaffen. Das Schlüsselwort für irgendwelche „Verbesserungen“, die ein Team, ein Fahrer, im Interesse seiner Wetttbewerbsfähigkeit beim Veranstalter durchsetzen will, ist das Wort „Sicherheit“.
Das wirkt immer. Aus „Sicherheitsgründen“ bei Regen abgebrochen, aus „Sicherheitsgründen“ bei leichtem Nebel nicht gestartet. Aus „Sicherheitsgründen“ darf man eigentlich in der VLN machen, was eigentlich den Gedanken des Werttbewerbs Motorsport mit Serienfahrzeugen verwässert.
Ein cleverer Teamchef beantragt so z.B. in der V6 eine Felgenbreite von 11 Zoll nutzen zu dürfen, obwohl hier 9 Zoll als Maximum gelten. Aber in der Serie hat das Fahrzeug hinten 11 Zoll breite Felgen. Und aus „Sicherheitsgründen“... -
Weil in der V6 zwei Fahrzeuge dieser Art starten und nun einer die Felgenverbreiterung beantragt hat, sagt man bei der VLN, dass sich der Eine dann doch besser mit dem Anderen darüber abstimmen wolle, ob das „passt“.
Also geht der Eine zu dem Anderen und meint, er habe eine gute Idee. Und entwickelt die dann auch überzeugend. Der Andere ist begeistert. Und nun stellen gleich zwei den gleichen Antrag bei der VLN.
Wie sagte doch mal ein unwissender Bürgermeister? - „Man kann doch nicht gegen Sicherheit sein.“ - Und so wird dann auch die Felgenverbreiterung auf 11 Zoll hinten (!) genehmigt, unter der Voraussetzung, dann man vorne nun nicht mehr 9 Zoll, wie wie vorher erlaubt, sondern nur noch 8,5 Zoll fährt. Man möchte nicht, dass mit einer solchen Ausnahmegenehmigung ein Fahrzeugmodell gegenüber anderen Fabrikaten in der Klasse deutlich besser wird.
In der Serie hat aber der Hersteller – auch aus Sicherheitsgründen – das Fahrzeug hinten mit 11 Zoll breiten Rädern (19 Zoll hoch) ausgestattet, verbaut vorne aber 8,5 Zoll breite Felgen, weil man dem Fahrzeug serienmäßig eine Untersteuertendenz mit auf den Weg geben wollte, die den Fahrer durch Schieben über die Vorderachse vor Erreichen des eigentlichen Grenzbereichs warnt.
Im Motorsport geht es aber primär darum, mit einem Automobil schnell zu sein. Also machen die Antragsteller in der VLN mit der neuen Felgenkombination Testfahrten um festzustellen, dass man nun – langsamer ist. Lamgsamer ist offenbar sicherer. Aber darum geht es nun mal im Motorsport nicht. Nur bei der heute vorherrschenden Art von Funktionären zieht das Thema Sicherheit.
So hat man – natürlich ohne das den Funktionären als Rückmeldung zu geben – wieder für die „alte“ 9 Zoll-Variante (lt. gültiger Ausschreibung) entschieden. Selbstverständlich (!) fährt man dann 10 Zoll-Felgen, da jedes Team das auf sich hält, hier eine Bescheinigung des entsprechenden Felgenherstellers bei sich führt, nach der in der Serienfertigung Toleranzen von +/- 1 Zoll auftreten. So ist denn eine 9 Zoll-Felge am Nürburgring dann zwar mit 9 Zoll gezeichnet, aber tatsächlich 10 Zoll breit.
So werden nun in der V6 Rundenzeiten erzielt, die um 9:08 min liegen und einen Klassensieg – natürlich abhängig vom Fahrer – zumindest technisch garantieren. So wäre auch eigentlich ein Fahrer aus der KlasseV6 in der Gesamtwertung mit im Vorerfeld, wenn es nicht in Rennen 6 nach einem Protest „adW“ (aus der Wertung) genommen worden wäre. Wegen eines Benzintanks, der sich mit einer größeren Menge Benzin betanken ließ als „normalerweise“ zulässig.
Die Sportkommissare haben an einer Tankstelle aufgefüllt und... -
Und wo steht geschrieben, wie man den Inhalt eines serienmäßigen Tanks befüllt? - Fragt der Teamchef.
Der DMSB gibt keine Antwort. - Weil das nirgendwo geschrieben steht. - Dabei weiß man doch, dass z.B. tiefgekühlter Kraftstoff ein anderes Volumen hat als – übertrieben gesagt – aufgeheizter. Es genügt eben nicht das normale Überprüfen durch Auftanken an einer Tankstelle.
Eigentlich ist betroffene Fahrzeug durch die „awW“-Entscheidung der Kommissare nicht auf den vorderen Plätzen in der Gesamtwertung der VLN-Langstreckenmeisterschaft zu finden, weil in der Tabelle ein Strich und keine Zahl steht. Aber die Einspruchsfrist gegen den Entscheid wurde verlängert, weil der DMSB im Moment keine Antwort hat.
So könnte es dazu kommen... - Denn heute ist auch der sogenannte „Breitensport“ kein Freizeitspaß mehr, sondern wird von professionell organisierten Teams betrieben, die als Fahrer zahlungskräftige Kunden einsetzen, die für ihr Geld ein nachweisbares Ergebnis erwarten. - Und kein „adW“.
Außerdem möchten die Teams Erfolge vermarkten, weil Misserfolge keine Neukunden bringen. Die Teams sind in der Langstreckenmeisterschaft unterwegs, weil sie in anderen Serien einen noch höhere Aufwand betreiben müssten, ohne die Gewähr zu haben, dafür auch sportliche Erfolge zu ernten. Darum stellt sich die VLN 2013 gegenüber der des Jahres 1977 auch ziemlich aufgebläht dar, ohne dass sie einen festen Rahmen hätte.
Der Rahmen müsste durch das Management der VLN und die Sportgesetze, die z.T. der DMSB verantwortet, geschaffen werden. Aber immer öfter sitzen auch hier Selbstdarsteller und keine erfahrenen Funktionäre, solche mit eigener Erfahrung in Motorsport und Management am Ruder. Was dann zu Komplikationen führt, die dann oftmals die professionell geführten Teams für sich entscheiden. - Was dem Motorsport und dem sportlichen Gedanken, der ihm eigentlich innewohnen sollte, schadet.
Für alle sichtbar hat sich das Teilnehmerfeld über die Jahre drastisch verändert. Auch die Zusammensetzung der Fahrer ist heute eine andere. Wobei die inzwischen überzogene Reglementierung von Details zu einer Überbetonung der technischen Basis des Motorsports geführt hat.
Man sollte sich bei der VLN einmal Gedanken über die interne Struktur machen Wieso gehört eine insolvente Nürburgring GmbH als 11. Teil der GbR dazu? - Als Veranstalter auf der einen Seite des Schreibtisches, gehört er nicht auch noch auf die andere Seite des Schreibtisches. Dass die jetzige Lösung nur als „ungesund“ empfunden werden kann, musste spätestens dann deutlich wurde, als die NBG („Tochter“ der Nürburgring GmbH) versuchte, aktuell die VLN – aus Sicht von Motor-KRITIK – mit einem neuen Vertrag „über den Tisch zu ziehen“.
Misslungen! - Man sollte daraus aber die Konsequenzen ziehen. Was der VLN sonst fehlt, ist eine Geschlossenheit im Team, eine Schwäche die dann gerne von den professinonellen Teams ausgenutzt wird. Wie auch die Spannung zwischen der VLN und dem Veranstalter des 24-STunden-Rennens, der auf die Interessen der VLN keinerlei Rücksichten nimmt, seine Marketinginteressen prägnant in den Vordergrund stellt und die VLN bestenfalls zu Vorversuchen nutzt, die ihm selbst offiziell Fehler erspart.
Es gibt viel zu tun. Auch die Geschehnisse in den beiden letzten Rennen werden das zeigen. Die oben genannten Beispiele sollten nur deutlich machen, dass sich VLN zu einem Selbstbedienungsladen entwickelt, in dem die finanzstarken Teams auch noch gefragt werden: Wie hätten Sie's denn gern?
Im Hinblick auf die neue Saison 2014 sollte da bald ein Strich gezogen werden.
MK/Wilhelm Hahne
*Ergebnis Nachrecherche 12.10.2013: Der Antriebswellenschaden war ein so genannter "Folgeschaden", nachdem ein Clio dem Porsche aufs Hinterrad gefahren war. Der Sicherungsring des Gummibalgs ist abgesprungen, das (kühlende) Fett ist ausgelaufen: Antriebswellenschaden.