Nürburgring-Gläubigerausschuss geplatzt!

Der Bürgermeister einer kleinen Gemeinde nahe dem Nürburgring, der – von wem eigentlich? – in den Gläubigerausschuss der insolventen Nürburgring GmbH gewählt wurde, hat wohl eine Gewissensentscheidung getroffen und ist jetzt auf eigenen Wunsch - offiziell werden vielleicht Krankheitsgründe ins Spiel gebracht werden (man kennt das ja!) - aus dem bisher fünfköpfigen Gläubigerauschuss ausgeschieden. Motor-KRITIK hat über den Hintergrund dazu ein langes Gespräch mit dem Bürgermeister geführt, das die Basis für nachfolgende Geschichte, für die Einschätzung seiner Entscheidung, bildet.

Nürburgring-Gläubigerausschuss geplatzt!

Auf Seite 56 (von 103) des „Gutachten in dem Insolvenzantragsverfahren Nürburgring GmbH – 6 IN 91/92 –„ vom 29. Oktober 2012 heißt es unter Punkt 7:

Gläubigerausschuss

Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses sind:

Herr Reinhold Schüssler, Vertreter der Ortsgemeinde Nürburgring
Herr Karsten Drawe, Vertreter der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB)
Herr Udo Mergen, Vertreter der Ortsgemeinde Müllenbach
Herr Winfried Ott, Vertreter der Arbeitnehmer
Herr Günter Thull, Vertreter der Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit, Mayen)

Der vorläufige Gläubigerausschuss hat am 24. Juli 2012, 15. August 2012 und am 24. September getagt. Er wurde von den Unterzeichnern umfassend über den Stand des Verfahrens informiert. Darüber hinaus erhielten die Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses wöchentliche Informations-Emails. In seiner Sitzung vom 24. September 2012 hat der vorläufige Gläubigerausschuss den Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Hans-Georg Grass zum Kassenprüfer bestellt, der die Prüfung aufgenommen hat.“

Motor-KRITIK war in der Vergangenheit immer wieder aufgefallen, dass durch die Insolvenz-Sachwalter deutlich gemacht wurde, dass sie eigentlich keine Entscheidungen treffen, sondern die immer vom Gläubigerausschuss getroffen werden. - Dafür ein Beispiel aus einer „Pressemeldung'“ der Insolvenz-Sachwalter vom 14. Mai 2013:

„Die Entscheidungen über die Veräußerung von Vermögenswerten stehen unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Gläubigerausschusses“

Das macht auch verständlich, dass es clevere Kommunalpolitiker gibt (Namen der Redaktion bekannt), die eine Wahl in den Gläubigerausschuss abgelehnt haben.

Nach draußen wurde gerne der Eindruck vermittelt, dass Entscheidungen im Gläubigerausschuss immer einstimmig fallen. Was aber – gerade bei der Entscheidung für einen Verkauf des Nürburgrings – im Vorfeld so nicht möglich schien, da nach meiner Feststellung und Kenntnis hier unterschiedliche Meinungen aufeinander prallten.

So stellte es sich jedenfalls für Motor-KRITIK vor Beginn der entscheidenden Mai-Sitzung um 9 Uhr morgens damals in Koblenz dar. Diese Sitzung dauerte außerordentlich lange, bis hin zum frühen Abend. - Das Ergebnis war einstimmig!

Als damals die Teilnehmer des Ausschusses den Sitzungsraum verließen, wurden Sie vom Insolvenz-Geschäftsführer Prof. Dr. Dr. Schmidt gefragt, ob sie es gestatten würden, dass er den Betriebsrat vorab von der Entscheidung per E-mail informiert. - Die Teilnehmer nickten ein wenig erschöpft ihre Zustimmung.

So kam es, dass ein größerer Kreis im Nürburgring-Umfeld schon über die Entscheidung informiert war, bevor noch z.B. die Bürgermeister an die Stätte ihres Wirkens zurückgekehrt waren.

Das führte in der Folge zu Vorwürfen der Insolvenz-Sachwalter und zur Suche nach einer „undichten Stelle“, die eigentlich vollkommen unberechtigt war. Im Kreuzfeuer der Vorwürfe stand u.a. ein Ortsbürgermeister, der – wie er mir mal sagte – garnicht wusste, wie er in diesen Gläubigerausschuss gekommen war. Er hatte sich jedenfalls nicht darum beworben.

Nun sind durch die „Bitte um Entpflichtung“ dieses Mannes, wie es die Juristen im Zusammenhang mit Gläubigerausschuss und Insolvenzrecht formulieren, aus fünf Mitgliedern vier geworden. Und er muss dringend wieder aufgefüllt werden, denn der Ausschuss muss weiter beschlussfähig bleiben. Ein „Zwei zu Zwei“ darf es da bei Abstimmungen nicht geben. Durch das Einsetzen einer „ungeraden Zahl“ von Mitgliedern soll in jedem Fall eine klare Beschlussfähigkeit garantiert sein.

Man darf auf die Neubesetzung gespannt sein, denn auch der Neue muß an eine den EU-Vorschriften entsprechende Ausschreibung („transparent, offen und bedingungsfrei“) glauben, trotz einiger Fragezeichen, die aufmerksame Beobachter irritieren, davon überzeugt sein und die Meinung der Insolvenz-Sachwalter nach außen vertreten.

Oder anders formuliert: Eine eigene Meinung zu bestimmten Vorgängen darf ihn nicht an der Zustimmung zu einer anderen Meinung hindern, wenn es denn – wie die Insolvenz-Sachwalter das formulieren würden - „der Sache dient“. - Und natürlich muss Stillschweigen über die tatsächlichen Hintergründe gewahrt bleiben.

Nun läuft der „ring°racer“ und es läuft die Zeit. Aber nicht unbedingt im Sinne der Insolvenz-Sachwalter. Kurz vor Erreichen der Endphase, kurz vor dem „Antritt auf der Zielgeraden“ - würde ein Radrennfahrer sagen – ist den Herren „die Kette vom Ritzel gesprungen“.

So ein „Tritt ins Leere“ kann zu einem Sehnenabriss führen. - Da hilft es wenig, wenn die Nürburgring-Fans zum Fall Nürburgring schwärmen: All' mein Sehnen gilt nur dir! - Man sollte auch Phrasen vom „Mythos“ und ähnlichem weglassen. Es wäre ein A-Fonds-perdue-Beitrag.

Es geht um die Zukunft einer ganzen Region!

Es ist gut, dass durch das verantwortliche Handeln - wie man die Entscheidung eines Ortsbürgermeisters in diesem Fall auch bezeichnen könnte - eine Situation entstanden ist, die auch bei anderen bisher „gefällig Handelnden“ (nicht nur im Gläubigerausschuss!) zu einem kurzen Innehalten und evtl. zu einer Neuorientierung führen sollte. Die „Bitte um Entbindung“ von seiner Aufgabe im Gläubigerausschuss ist nicht als ein Herauswinden aus der Verantwortung zu sehen.

Hier hat jemand ein Zeichen gesetzt, die die Meinung vertritt:

Man sollte sich grundsätzlich an den Interessen der Allgemeinheit, nicht am Eigeninteresse orientieren.

Man könnte das Ausscheiden des Bürgermeister aus dem Gläubigerausschuss zum Insolvenzverfahren der Nürburgring GmbH auch volkstümlich, kurz und knapp so formulieren:

Ein Mann hat das Spiel der Mächtigen durchschaut und lässt sich nicht mehr als „Buhmann“ missbrauchen.

Man darf auf seinen Nachfolger gespannt sein.

MK/Wilhelm Hahne

Hinweis für Journalisten-Kollegen: Der Herr Bürgermeister wird in den nächsten Wochen nicht erreichbar und für niemanden zu sprechen sein.

 

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