Marsflug? - „Unternehmen Capricorn“

Heute war auf Seite 3 der „Rhein-Zeitung“ eine Geschichte zu lesen, deren Titel und Inhalt darzustellen versuchte, dass es „keine Krise am Ring“ geben würde. Die Geschichte war von der mir sehr geschätzten Redakteurin, Ursula Samary, eingestellt, die die Geschichte nach meiner Einschätzung wie auf „auf Bestellung“ geschrieben hatte. Die Dame, auf Presseterminen durch ihr Auftreten und ihre Kleidung, stets eine positive Visitenkarte ihrer Redaktion, hat dann wohl am Ende ihrer Geschichte noch eine (positive) Darstellung des Nürburgring-Käufers Capricorn in einem „Kasten“ unterbringen müssen (?) und den auf elegante Art mit „Unternehmen Capricorn“ getitelt, obwohl z.B. für ein „Das“ durchaus Platz gewesen wäre . Ich habe mich sofort – wie wahrscheinlich die Redakteurin auch – an den amerikanischen Science-Fiction-Film von 1978 erinnert gefühlt. Journalisten unterscheiden sich in vielerlei Art voneinander, auch dadurch, wie sie in der Lage sind, Verknüpfungen herzustellen. Ich habe lächeln müssen, weil es der RZ-Redakteurin so wohl unauffällig gelungen war, der ganzen davor stehenden Geschichte den richtigen Touch zu geben. - Denn wie unterscheidet sich das Unternehmen Capricorn von dem Unternehmen Capricorn aus dem 78er Film? - Durch eine ähnliche  Handlung, die aber am Nürburgring spielt. Nachstehend will ich das – neben anderen Dingen – gerne noch mal erklären. - Für die jungen Leute.

Marsflug? - „Unternehmen Capricorn“

Im Film möchte ein Team von Astronauten zum Mars fliegen. Aber das Scheitern ist absehbar. Daraus ergeben sich eine Reihe von kriminellen Handlungen, mit denen man der Öffentlichkeit eine erfolgreiche Mission vorgaukeln möchte.

Nicht alle spielen da mit. So kommt es zu Komplikationen. Und nach 123 Minuten dann zu einem Happy End, das aber keins in üblichem Sinne ist, da hier am Ende eine Verschwörung aufgedeckt wird. Natürlich spielt dabei ein Journalist eine wesentliche Rolle.

Ähnlich spannend verläuft gerade das Aufdecken einer „Verschwörung“ im Fall „Unternehmen Capricorn“, bei dem der Besitz einer kompletten Rennstrecke erreicht werden soll. Aber es gibt Komplikationen. Es geht um viel Geld. Exakt 5 Millionen Euro ist die Lücke, die man kurzfristig nicht schließen kann. Dass man so einen vertraglich vereinbarten Zahlungstermin platzen lassen muss wird in der Art kaschiert, dass ein Sachwalter den wesentlichen Teil des von einem Gläubigerauschuss verabschiedeten, unterschriftlich bestätigten Inhalt des Vertragswerks selbstherrlich „nachjustiert“.

Nun waren die 5 Millionen Euro nicht am 31. Juli 2014 fällig, sondern sind erst von Capricorn in Abhängigkeit von einer Genehmigung des Kaufvertrages durch die EU-Wettbewerbskommission in Brüssel zu zahlen. - Vielleicht im Spätherbst. - Vielleicht auch niemals. Weil die EU-Kommission von ihrer juristischen Abteilung inzwischen gewarnt ist, dass man wohl versucht, sie „über den Tisch zu ziehen“.

Für den Insolvenz-Sachwalter der Nürburgring GmbH, vom Insolvenz-Gericht Ahrweiler in der Sache „Insolvenz der Nürburgring GmbH“ eingesetzt, ist das „ein ganz normaler Vorgang“.  „Von einem ganz normalen Prozess“ spricht auch Capricorn-Chef Robertino Wild. Grund für die Herren ist die noch ausstehende Entscheidung der EU, ob der Kaufvertrag überhaupt rechtmäßig ist. - Dabei war diese Situation schon vor offiziellem Abschluss des Kaufvertrages bekannt, kann kein Argument für ein „Nachjustieren“ sein.

Robertino Wild gegenüber dem SWR:

„Nicht gezahlt hört sich so an, als wenn wir im Verzug wären. Sind wir nicht. Wir haben uns einvernehmlich mit dem Verkäufer geeinigt, die Zahlungsmodalitäten anzupassen. Das ist ein ganz normaler Vorgang in solchen komplexen Verkaufsprozessen, dass der Prozess der Realität angepasst werden muss.“

Insolvenz-Sachwalter Jens Lieser gegenüber einer Nachrichten-Agentur:

„Wir haben die Fälligkeit für die Rate 'rausgeschoben, weil wir das Verständnis hatten, dass es jetzt unsinnig ist, dass fünf Millionen Euro auf das Treuhandkonto gezahlt werden, mit dem dort weder der Käufer noch der Verkäufer etwas anfangen können.“ Und er ergänzt: Dass Verträge geändert würden, „ist ein total normaler Vorgang, der in meiner beruflichen Praxis an der Tagesordnung ist.“

Das ist das Statement eines Rechtsanwalts, der von einem Insolvenzgericht als Sachwalter eingesetzt wurde! - Da stellen sich einem Journalisten dann folgende Fragen:

  • Kennt Herr Lieser als Rechtsanwalt und kenntnisreicher Sachwalter in Insolvenzabwicklungen den § 160 InsO nicht? Danach ist die Zustimmung des Gläubigerausschusses bei Rechtshandlungen von besonderer Bedeutung einzuholen. - In jedem Fall. - Auch in diesem Fall!
  • Dass hier tatsächlich ein Rechtsverstoß vorliegt, nachdem der von beiden Seiten rechtsgültig unterschriebene Kaufvertrag bisher nur in dieser Fassung genehmigt wurde und der Gläubigerausschuss erst durch Dritte (Motor-KRITIK) von einer stillschweigend vorgenommenen Änderung der für den Vertrag bedeutenden Zahlungsmodalitäten erfahren hat, kann sicherlich nicht angezweifelt werden.

Erst nach Aufdeckung der Sachlage durch Motor-KRITIK haben sich die Herren an passenden Erklärungen versucht.

Sicherlich wird sich das Insolvenzgericht Ahrweiler im Rahmen seiner Aufsicht nach § 58 InsO über alle in dieser Sache relevanten Vorgänge informieren und diese in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang einer kritischen Prüfung unterziehen.

Auf das Ergebnis darf die Öffentlichkeit, der Steuerzahler, der Wähler und Bürger gespannt sein.

Interessant auch die Feststellung des Insolvenz-Sachwalters gegenüber den Medien – wie z.B. auch in der „Rhein-Zeitung“ zu lesen - „dass es an der Kreditwürdigkeit von Capricorn keine Zweifel gibt.“

Handwerker in der Eifel haben da andere Erfahrungen machen müssen. - Nicht nur einer. - Und da ging es nicht um fünf Millionen. Und wenn man weiß, wie die Herren aus Düsseldorf vor dem Zahlungstermin von Haustür zu Haustür getingelt sind, um vielleicht doch noch... - Auch dieses Rechercheergebnis, dass ich auch in Details konkretisieren könnte, kann bei Motor-KRITIK nicht in einer solchen Situation aus falscher Rücksichtnahme unter den Teppich gekehrt werden. Anders formuliert: Es gibt bei Motor-KRITIK keinen Teppich!

Interessant ist auch, dass bis vor wenigen Tagen von den Insolvenz-Sachwaltern und ihrem Pressesprecher, Pietro Nuvoloni, jede Information zum Kaufvertrag und seinen Inhalten abgelehnt wurde, da der Inhalt absolut vertraulich wäre und es sich im Übrigen um ein schwebendes Verfahren handeln würde. - Wie einige Kollegen bestätigen können.

Inzwischen plaudert man locker über „geheime“ Details, wenn sie denn dazu genutzt werden können, um nachfragende Journalisten zu beruhigen und abzulenken. So ist es inzwischen auch kein Geheimnis mehr – was zuvor schon bei Motor-KRITIK zu lesen war – dass der Nürburgring ab 1. Januar 2015 in jedem Fall an die Capricorn-Firma übergehen soll. Entweder als Käufer oder als Pächter. - Selbst Sachwalter Lieser, der bisher dazu jeden Kommentar ablehnte, verweist jetzt darauf, dass die Pachtzahlungen dann mit dem Kaufpreis verrechnet würden. Das sei schon im ursprünglichen Kaufvertrag so vereinbart worden.

Es handelt sich da nicht – und Motor-KRITIK kann das in Kenntnis des Inhalts des Kaufvertrages bestätigen - um eine „Nachjustierung“.

Motor-KRITIK möchte hier noch einmal zwei gerade aktuelle Punkte nennen, warum der Kaufvertrag mit Capricorn im Herbst 2014 – oder auch später – von der EU nicht genehmigt werden kann:

  1. Der vorgesehene Nachlass von 6 Millionen Euro, der als Gewinn für 2014 angenommen wird, stellt nach meiner Auffassung schon die erste „verbotene Beihilfe“ dar.
  2. Die Verschiebung des Zahlungstermins – unabhängig davon, dass sie einen Rechtsbruch darstellt – ist in der Realität einer weiteren „verbotenen Beihilfe“ gleichzusetzen.

Das Insolvenzgericht Ahrweiler würde gut daran tun, vor der Entscheidung in Brüssel über diesen Kaufvertrag, schon aufgrund der gerade aufgedeckten Unregelmäßigkeiten, das grausame Spiel um den Nürburgringverkauf an Capricorn zu beenden.

Der Film „Unternehmen Capricorn“ war spannend bis zum Schluss, der dann die Zuschauer erleichtert zurück ließ. Das „Unternehmen Capricorn“ in Sachen Nürburgring dagegen wirkt in vielen Details abstoßend, weil man einen Eindruck davon gewinnt, wie deprimierend „Verschwörungen“ sein können, wenn sie in der Realität stattfinden und durch die Auswirkungen ihrer „Zusammenarbeit“ die Stimmung einer ganzen Region belasten.

MK/Wilhelm Hahne

PS: Einer der Motor-KRITIK-Leser schlägt gerade vor, den Begriff „Nachjustieren“ zum „Unwort des Jahres 2014“ vorzuschlagen.

Durchschnitt: 4.9 (bei 71 Bewertungen)

Kategorie: 

+ Hinweis für Leser – nicht nur an einem Abonnement Interessierte! +

 

Lieber Leser,

 

Motor-KRITIK ist vollkommen werbefrei, aber – darum – auch ein wenig abhängig von seinen Lesern. - Oder anders: Von Einnahmen. - Nicht alle Leser mögen sich gleich für ein Abo entscheiden.

Wenn Sie ab und an mal auf diesen Seiten vorbei schauen und Ihnen der hier gebotene investigative Journalismus gefällt, dann machen sie doch einfach ihre Zustimmung durch eine kleine Spende deutlich. - Auch kleine Beträge können – per Saldo – eine große Hilfe und Unterstützung sein!

Meine Kontendaten – auch wenn Sie Abonnent werden wollen - finden Sie HIER.

 

Danke!