Bernie Ecclestone: Scheidung tut gut!

Wer von Bernie Ecclestone spricht, denkt dabei an die Formel 1. Schließlich war es Bernie, der die Formel 1 über Jahrzehnte zu dem gemacht hat, was sie bis vor kurzem war: Ein Erfolgsmodell, eine Gelddruckmaschine, die „Königsklasse“ des Motorsports. Dann ging es ein paar Jahre ruhig zu, weil man Ecclestone im Verdacht hatte, dass bei einer großen Transaktion in Sachen Formel 1 nicht alles so zugegangen sei, wie das „die Kirche vorschreibt“. Aber auch die Kirche ist ja nicht mehr das was sie mal war. Nicht nur der Käse stinkt in Limburg. Und in München steht nicht nur ein Hofbräuhaus, sondern auch die Bayerische Landesbank. Aber es gibt in München eine wachsame, große Staatsanwaltschaft. Da können die Gerichte kaum mithalten. Für zwei Prozesse, die eigentlich ein wenig ineinander verwoben sind, hatte man in München nur einen Richter: Peter Noll.  Der richtete den Hauptzeugen in Sachen Ecclestone-Prozess, Gerhard Gribkowsky und sprach heute Recht im Ecclestone-Prozess gegen Bernard Charles. - Und was lernen wir daraus?

Bernie Ecclestone: Scheidung tut gut!

Motor-KRITIK hatte auf die eigenartige Konstelation schon mal hingewiesen: Richter Noll musste das Urteil im Prozess gegen einen Herrn Gribkowsky, ehemals Vorstandsmitglied der Bayerischen Landesbank sprechen und sollte auch in Sachen Bernie Ecclestone sagen, wie man das, was Bernie Ecclestone tat, nach deutschem Recht be- und dann verurteilt. - Im Falle Gribkowsky hatte er.... - und wenn er nun im Fall Ecclestone... - Aber so weit sollte es nicht kommen. Heute, am 5. August 2014 kam es zu einer eleganten Lösung.

Richter Peter Noll hatte also schon in Sachen Gerhard Gribkowsky Recht gesprochen. Der empfand das als Unrecht, Fehlurteil und wollte die Revision vor dem Bundesgerichtshof. Das stimmte die Staatsanwaltschaft in München traurig, weil ihr so der Hauptzeuge im Ecclestone-Prozess wegbrach.

So lange sein Einspruch dort nicht verhandelt war – und das konnte lange, lange dauern – könnte man auch nicht den Prozess gegen Ecclestone eröffnen. Das war der Staatsanwaltschaft klar. In dieser Phase hat nämlich Motor-KRTIK mit München „zur Sache“ ein so genanntes Hintergrundgespräch geführt und wusste: Aufgrund der vorhandenen Situation konnte Gribkowsky die Aussage verweigern, was als Hauptbelastungszeuge für die Staatsanwaltschaft nicht zu gebrauchen.

Doch dann kam alles anders. Gribkowsky erkannte nicht nur das Urteil des Richters Noll – sondern  auch seine Strafe an. Achteinhalb Jahre würde er so hinter Gittern sitzen müssen. Dachten wir bei Motor-KRITIK. Und waren doch sehr erstaunt, als sich für Herrn Gribkowsky dann praktisch direkt nach Antritt seiner Strafe eine wichtige Position bei einer großen Baufirma fand, die offenbar nur ein Mann mit den Qualitäten eines vorbestraften Managers einer bayerischen Bank ausfüllen konnte. - Aber natürlich wollte man in München aus einem straffällig gewordenen Vorstandsmitglied, wieder ein ordentliches Mitglied der (bayerischen?) Gesellschaft machen.

Da konnte natürlich die Gerichtsbarkeit des Landes Bayern einer solchen möglichen Re-Sozialisierungsmöglichkeit nicht im Wege stehen und erklärte den Sträfling zum „Freigänger“. - Abends muss er natürlich wieder einsitzen. In einem speziell für Freigänger in München vorhandenen „Übernachtungs-Gefängnis“. - Natürlich nicht auf dem Niveau eines „Vier-Jahres-Zeiten“! - Aber immerhin schläft man dort ungestört und – sicher!

Und die Staatsanwaltschaft jubilierte. Nun könne es Bernie Ecclestone „an den Kragen gehen“. Mit dem nun wieder vorhandenen Hauptbelastungszeugen sollte eine beeindruckende Verurteilung eines Bernie Ecclestone möglich sein. Die Anklageschrift war schon lange vorbereitet. Sie trägt das Datum 10.05.2013.

Auf 24 Seiten wird detailliert dargestellt, warum Bernie Ecclestone im Verdacht steht ein Verbrecher zu sein. - In der Zusammenfassung liest sich das so:

„Der Angeschuldigte wird daher beschuldigt,
einem Amtsträger einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür gewährt zu  haben, dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat  sowie einen anderen zu bestimmen versucht hat, sich bei der Ausübung seines Ermessens durch den  Vorteil beeinflussen zu lassen, wobei sich die Tat auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezog,  und durch dieselbe Handlung  einem anderen dazu bestimmt zu haben, die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über  fremdes Vermögen zu verfügen, zu missbrauchen und die ihm kraft Rechtsgeschäfts obliegende  Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, zu verletzen und dadurch dem, dessen  Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zuzufügen, wobei ein Vermögensverlust großen  Ausmaßes herbeigeführt wurde,  strafbar als  Bestechung in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur Untreue in einem  besonders schweren Fall
gemäß § 334 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 335 Abs. 1 Nr. 1 b) und Abs. 2 Nr. 1 StGB i.V.m. § 2  Nr. 2 EUBestG, § 266 Abs. 1 und 2, § 263 Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 2, §§ 26, 52 StGB.“

Sogar die Termine und der genaue Ort der Gerichtsbarkeit waren fixiert:

„Termine:
Do., 24.04.14,Sitzungssaal A 101
Fr., 02.05.14, Sitzungssaal A 101
Fr., 09.05.14, Sitzungssaal A 101
Di., 13.05.14, Sitzungssaal A 101
Mi., 14.05.14, Sitzungssaal A 101
Di., 20.05.14, Sitzungssaal B 177
Mi., 21.05.14, Sitzungssaal B 177
Di., 27.05.14, Sitzungssaal B 177
Mi., 28.05.14, Sitzungssaal B 177
Di., 03.06.14, Sitzungssaal B 177
Mi., 04.06.14, Sitzungssaal B 177
Di., 24.06.14, Sitzungssaal B 177
Mi., 25.06.14, Sitzungssaal B 177
Di., 01.07.14, Sitzungssaal B 177
Mi., 02.07.14, Sitzungssaal B 177
Di., 08.07.14, Sitzungssaal B 177
Mi., 09.07.14, Sitzungssaal B 177
Di., 15.07.14, Sitzungssaal B 177
Mi., 16.07.14, Sitzungssaal B 177
Di., 29.07.14, Sitzungssaal B 177
Mi., 30.07.14, Sitzungssaal B 177
Di., 05.08.14, Sitzungssaal B 177
Mi., 06.08.14, Sitzungssaal B 177
Do., 14.08.14, Sitzungssaal B 177
Mo., 15.09.14, Sitzungssaal B 177
Di., 16.09.14, Sitzungssaal B 177
und bei Bedarf weiter Dienstags und Mittwochs
Sitzungsbeginn jeweils 9.30 Uhr soweit nicht im Einzelfall anders verfügt.“

Aber so ein Prozess kann einem schon mal den ganzen Tag versauen. Darum hat man ihn heute, am 5. August 2014, nach entsprechenden Vorgesprächen auf elegante Art beendet. Der Richter Peter Noll hat's getan, der auch das Vorstandsmitglied der BayernLB in den Kerker schickte. Aber der Staatsanwalt Christian Weiß hat's mit Bernie Ecclestone am letzten Freitag ausgehandelt. Da war offenbar das Horoskop günstig. Wohl auch für die Staatsanwaltschaft, weil so ein „Deal“ möglich wurde, den man nicht als „Deal“ bezeichnen sollte, weil der sich auf der Basis eines Paragraphen stützt, den es schon Jahrzehnte gibt und  in der offiziellen Pressemitteilung des Gerichts von heute so erläutert wird:

„Strafverfahren gegen Bernard Charles Ec. wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue
            (Vorstand der Bayern LB Dr. Gerhard Gr.)

Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft München I und des Angeklagten hat die 5. Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts München I im heutigen Verhandlungstermin beschlossen, das Verfahren gegen Bernard Charles Ec. gemäß § 153 a Abs. 2, Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 99 Millionen US-Dollar zugunsten der Staatskasse und 1 Million US-Dollar zugunsten der Deutschen Kinderhospizstiftung vorläufig einzustellen.
Zur Begründung führte der Vorsitzende im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Auflage ist geeignet, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen. Die Schwere einer etwaigen Schuld des Angeklagten steht nicht entgegen. Auf der Grundlage der bisher durchgeführten Beweisaufnahme haben sich die Tatvorwürfe in wesentlichen Teilen nicht erhärtet.
Die Strafkammer hat erhebliche Zweifel daran, dass dem Angeklagten die Amtsträgereigenschaft des Zeugen Dr. Gerhard G. tatsächlich bewusst war. Dementsprechend war eine Verurteilung des Angeklagten wegen Bestechung   (§ 334 StGB) nach derzeitigem Stand nicht wahrscheinlich.
Zum Tatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 2 StGB) ist die Beweisaufnahme zwar noch nicht abgeschlossen, insoweit wäre aber jedenfalls von einem deutlich geringeren Schuldumfang auszugehen.
Hinsichtlich der dem Angeklagten zur Last liegenden Anstiftung zur Untreue ist zu berücksichtigen, dass sich aus dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere den Zeugenvernehmungen, ergeben hat, dass die Firma CVC ihr Angebot an die Bedingung geknüpft haben soll, dass der Angeklagte seine Position als CEO der Formel 1 behält, dieser den Vertrag tatsächlich vermittelt und überdies die persönliche Haftung in Höhe von bis zu 100 Millionen US-Dollar für die Transaktion übernommen hat. Ohne Vermittlung des Angeklagten und dessen Haftungsübernahme wäre es daher nach derzeitigem Erkenntnisstand wohl nicht zum Verkauf der Anteile gekommen. Aufgrund der insoweit übereinstimmenden Angaben der Zeugen der Verkäuferseite ist ferner davon auszugehen, dass der Verkauf der Anteile an die Firma CVC für die Bayern LB ein unerwartet profitables Geschäft ("Traumergebnis") gewesen sein soll. Auch insoweit erschien eine Verurteilung daher nicht wahrscheinlich.
Soweit hiernach noch strafrechtliche Vorwürfe gegen den Angeklagten aufrecht erhalten bleiben können, hat die Kammer in ihre Entscheidung das hohe Lebensalter des Angeklagten, seinen Gesundheitszustand, die entstandenen erheblichen Belastungen durch die Wahrnehmung der Hauptverhandlungstermine in einem fremden Land mit den damit verbundenen Sprachproblemen und die öffentliche Aufmerksamkeit einbezogen. Der Angeklagte hat sich dem Verfahren in jeder Phase vorbehaltlos gestellt, obwohl klar war, dass sein Erscheinen vor Gericht nicht ohne weiteres hätte erzwungen werden können. Schließlich liegen die in Rede stehenden Taten mittlerweile bis zu 9 Jahren zurück.
Die auferlegten Zahlungen von insgesamt 100 Millionen US-Dollar hat der Angeklagte nach dem Beschluss der Kammer binnen einer Woche (bis zum 12.08.2014) zu erbringen.
Etwaige zivilrechtliche Schadenersatzansprüche sind nicht Gegenstand des Beschlusses. Diese sind gegebenenfalls bei den Zivilgerichten klageweise geltend zu machen.
Nach fristgerechter Zahlung der Geldauflage wird das Verfahren gegen den Angeklagten durch schriftlichen Beschluss im Büroweg, also ohne neuerliche Hauptverhandlung, endgültig eingestellt. In diesem Beschluss wird dann auch über die Kosten des Verfahrens entschieden. Regelmäßig hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens zu tragen, während der Angeklagte seine notwendigen Auslagen, insbesondere die Kosten seiner Wahlverteidiger, selbst zu tragen hat.
Die Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens ist nicht anfechtbar.“

Nun musste sich der Richter Peter Noll noch Gedanken machen, welche „angemessene Zeit“ er dem Herrn Bernie Ecclestone zur Zahlung für 100 Millionen Dollar (das sind übrigens „nur“ rd. 75 Millionen Euro) einräumt. Denn auch die Frist muss festgestetzt werden. Klar und unveränderlich.

Nach einem Abstimmungsgespräch einigte man sich auf eine Frist von einer Woche. - Innerhalb 8 Tagen! - Kann Bernie innerhalb von 8 Tagen 100 Millionen Dollar flüssig machen? - Kein Problem!

Dazu muss man wissen, das Bernie Ecclestone inzwischen dreimal verheiratet war – bzw. ist. Seiner zweiten Frau Slavica, geb. Radić, hatte er vor einer Herzoperation vor Jahren alle Rechte an einer Stiftung übertragen, die er – steuerfrei natürlich – gegründet hatte. Bei der Scheidung, am 11. März 2011, handelte Bernie Ecclestone – bzw. seine Anwälte – dann aus, dass seine Ex-Frau ihm jährlich einen Unterhalt von 100 Millionen Dollar zu zahlen hätte.

Die dem Gericht heute in München zugesagte Zahlung bestreitet Bernie also mit dem ihm in einem Jahr zustehenden Unterhalt, zahlbar durch seine Ex-Frau. - Wir sollten uns also keine Sorgen machen. Alles kein Problem. Zu Recht. Mit Recht. Und Slavica. - Außerdem erhält Bernie auch noch ein Gehalt für seine Geschäftsführertätigkeit für die Formel 1.

Aber ob man das alles als Recht empfinden sollte? - Es war ein Strafverfahren! - Der Richter Peter Noll hat das Ende dieses Prozesses wohl als Recht empfunden. Und auch Ex-Vorstand Gerhard Gribkowsky wird wohl mit Hilfe des bayerischen Staates wieder auf den rechten Weg zurück finden. - Alles wird gut!

Im Namen des Volkes!

MK/Wilhelm Hahne
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