Motorsport im Rentenalter: Je oller, je doller!

Kurz vor meinem Geburtstag habe ich Anlass, noch mal ein paar Jahre zurück zu denken. Beim Aufräumen – wie man das bei einem Jahreswechsel schon mal macht – fielen mir zwei alte Fotos in die Hände. Eins zeigt u.a einen meiner Brüder – Bernd, der vor zwei Jahren verstarb – Wolfgang Savelsbergh und mich vor dem Start zum 24-Stunden-Rennen am Nürburgring im Jahre 1995  mit einem Opel Astra. Wir haben damals nicht unsere Klasse gewonnen – wir wurden nur Zweiter – aber zusammen mit „Juppi“ Bermes haben Wolfgang und ich dann in diesem Jahr nicht nur in Spa-Francorchamps beim 24h-Rennen einen Klassensieg eingefahren, sondern auch – da die besten Ergebnisse eines Gruppe N-Fahrzeugs in der Addition beider 24h-Rennen eine Sonderwertung erfuhren - gleich noch für das Mühlner-Team die „European Community Challenge" gewonnen, die in diesem Jahr erstmals ausgeschrieben war.

Hier die zwei Erinnerungsstücke. So sah das damals am Nürburgring aus. - Damals war ich erst 62 Jahre alt und ich erinnere mich – ungerne – daran, dass meine Team-Chefin, Renate Mühlner, nach dem 24h-Rennen am Nürburgring lange nicht mehr mit mir gesprochen hat, weil ich in der letzten Runde einen möglichen Klassensieg „vergeigt“ habe.

Ich bin zwar mit einem Rückstand von 1 Minute und 26 Sekunden nach dem Klassensieger auf Platz zwei in der Klasse, aber immerhin auf Platz zehn im Gesamtklassement eingelaufen. - Mit einem Zweiliter-Gruppe N! -  Unsere Klasse war mit 19 Fahrzeugen besetzt. Insgesamt waren beim 24h-Rennen am Nürburgring 149 Fahrzeuge am Start.

Ich hatte beim „Reifen-Poker“ verloren. Wir waren während des gesamten Rennens immer irgendwo zwischen Platz 1 und 3 unterwegs gewesen. Den letzten Turn fuhr ich – im Regen. Als die Strecke abtrocknete, kamen alle zum Reifenwechsel herein. Nur ich bin „draußen geblieben“. Es war eine Fahrerentscheidung! - Sie war falsch! - Es waren zwar nur noch wenige Runden zu fahren, aber in der letzten Runde waren meine Regenreifen „total fertig“. Das Auto fuhr sich wie auf Schmierseife.

Da habe ich mich dann in der letzten Runde vor der „Wippermann/Eschbach“-Passage überholen lassen müssen. Mein Auto war praktisch unfahrbar geworden, so dass man mir auf dem kurzen Streckenstück bis zum Zielstrich noch fast 1,5 Minuten abgenommen hat.

Ich persönlich habe mich damit getröstet, dass ich bei einem eigentlich notwendigen Reifenwechsel auch „nur“ Zweiter geworden wäre. Wichtig war mir, trotz allem noch unter die ersten Zehn im Gesamtklassement gekommen zu sein. Natürlich habe ich nicht vergessen, dass 1995 GT-Fahrzeuge beim 24h-Rennen verboten waren. - Aber war der Motorsport deswegen zweitklassig?

1995 wurden zwei Werks-M3 in diesem Rennen durch Unfall zerstört, Ravaglia/Duez/Burgstaller gewannen, vor einem Gruppe N-M3 mit Johannes Scheid/Hans Widmann/Ingo Jeleniowski. - 1998 zeigte dann BMW, dass man für einen Gesamtsieg beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring nicht unbedingt einen M3 braucht. Ein BMW-Diesel schlug hier einen BMW M3. - Es geschah exakt das, was leitende Herren bei BMW um jeden Preis vermeiden wollten: Ein BMW M3, ein Automobil, an dem BMW mehr Geld verdiente als an einem Diesel, wurde geschlagener Zweiter.

1998 war – verglichen mit heute – noch ein „ehrliches Jahr“. Der Veranstalter nannte 63.000 Zuschauer! - Und es gab 153 Starter. - Das war das Jahr, bevor – aus Marketinggründen – große Zahlen erwünscht waren und durchgesetzt wurden. Da gab es dann über 200 Starter, von denen dann die erst offiziell auf dem Bildschirm erschienen, wenn andere ausgefallen waren. - Starten durfte alles, einschl. einem VW-Transporter – wenn ich mich richtig erinnere.

Bei dieser Gelegenheit: Dass ein 24h-Rennen auf dem Nürburgring anstrengend ist, wird nicht bestritten, aber ich sage aus eigener Erfahrung: Ein 24h-Rennen in Spa-Francorchamps ist anstrengender!

MK/Wilhelm Hahne

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