Nürburgring: Alles exakt nach Drehbuch

Wenn man die Geschehnisse rings um das politische Drama „Nürburgring 2009“ verfolgt und etwas tiefer einsteigen kann, als es die meisten Beobachter können, dann muss man schon voller Achtung den Hut ziehen vor der Leistung, einer breiten Öffentlichkeit ein Schauspiel zu bieten, dass sie insgesamt versöhnlich stimmem soll. Und das funktioniert auch. Weil nur wenige begreifen, dass hier exakt nach Drehbuch gearbeitet wird. Nicht erst seit gestern. Die großen Strippenzieher an der Spitze sind der Rangordnung nach Kurt Beck und Martin Stadelmaier. Den „Input“ erhalten sie durch einen der besten Berater die sie für Geld erhalten konnten: Ottmar Martini. Der hat das Insolvenzteam fest an der Kandare. Und das Insolvenzteam herrscht seinerseits über den Gläubigerausschuss, der wiederum den sogenannten „Runden Tisch“ beherrscht, aus dem eine weitere Runde hervorgegangen ist, die nun mit dem Vorschlag glänzt, der von allen immer schon als „Premium“ empfunden wurde. Aber man durfte damit noch nicht an die Öffentlichkeit. Alles zu seiner Zeit. Nun bereitet man intern die Öffnung des Vorhangs vor. Alles exakt so, wie es schon lange geplant ist. Und alle Positionen sind auch richtig besetzt. - Entschuldigung, wenn Motor-KRITIK etwas früh ist.

Nürburgring: Alles exakt nach Drehbuch

Wenn wir mal am Ende der Beamer-Show anfangen: Da wird von einem Projektor an die Wand geworfen:

„Mitglieder des Arbeitskreises könnten sein:
- Sanierungsgeschäftsführer
- Vertreter des Ministeriums für Infrastruktur
- Landtagsmitglieder aller drei Parteien aus der Region
- Vertreter der Kommunalpolitik
- Betriebsräte der NBG und NG
- Ver.di
- TBS“

Und keiner der das jetzt liest lacht. Man ist wichtig, man gehört dazu. Und man liest weiter, bevor der Beamer sein Summen einstellt:

„Die Einbeziehung von ADAC, Motorsportvereinen, der Automobilindustrie, der ADD und anderer interessierter Dritter könnte zu einem späteren Zeitpunkt (2. Schritt) stattfinden. (Sachstandsbericht zu den Gesprächen vom Sanierungsgeschäftsführer notwendig, damit keine Doppelaktivitäten die u.U. gegenläufig sind entstehen.“

Worum es hier geht? - Was man noch zum Zeitpunkt des großen „Nürburgring-Live-Interviews“ des Deutschlandfunks dringend unter der Decke halten musste:

Das „Stiftungsmodell Nürburgring“.

Der das hier geschrieben und dargestellt hat (ich habe Schreibfehler beseitigt) ist der Geschäftsführer der TBS in Mainz, einem Unternehmen, das der Gewerkschaft ver.di zuzurechnen ist und nicht nur im Gläubiger-Ausschuss zur Nürburgring-Insolvenz zusammen mit einem ver.di-Funktionär eine bedeutende Rolle spielt, sondern auch beim „Runden Tisch“, der sich mit obigem Vorschlag nun kreativ zu Wort meldet.

Man möchte die „Zukunft gemeinsam gestalten“. So heißt es in Chart 3:

„Die TeilnehmerInnen des runden Tisches hatten die Idee, um sicherzustellen dass der Nürburgring auch in Zukunft als Strukturprojekt der Eifel unter Beteiligung der öffentlichen Hand bleiben kann den Vorschlag formuliert, den Nürburgring in ein Stiftungsmodell zu überführen.“

Weiter heißt es dann:

„Ver.di und TBS wollen diese Idee als Denkmodell mit dieser Präsentation in den Fokus am runden Tisch stellen und schlagen vor, diese Idee im Rahmen einer parteiübergreifenden und sachorientierten Arbeitsgruppe unter Beachtung aller rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen und als Vorschlag zu finalisieren.“

„...und als Vorschlag zu finalisieren.“ - Genau das war immer die Absicht der immer noch Handelnden. Kurt Beck bestimmt immer noch wo's lang geht. Assistiert von Herr Stadelmaier. Den Souffleur macht Ottmar Martini. - Gegen eine kleine Schutzgebühr.

Zum Zeitpunkt des DLF-Live-Interviews durfte noch nichts an die Öffentlichkeit von diesen „Stiftungsmodell-Plänen“. Darum durfte ein Wilhelm Hahne nicht teilnehmen. Der hätte unangenehme Fragen stellen können. Live ist live. - Da muss man dann schon seine Gäste mit Bedacht auswählen. Und Pietro Nuvoloni, der Erfüllungsgehilfe der Insolvenzwächter Lieser und Schmidt, hat's beim DLF gerichtet. - Wie auch im SPIEGEL zu lesen war.

Aber jetzt ist die Zeit gekommen. Lt. Drehbuch kommt jetzt das „Stiftungsmodell Nürburgring“ ins Spiel. - Entschuldigung, dass Motor-MRITIK mit der Berichterstattung etwas früh ist, aber nun ist der Vorhang zumindest vor einem engen Kreis von Teilnehmern gefallen. Jetzt geht’s in die nächste Runde.

Es geht um den

„Erhalt des Rings als öffentliches Strukturprojekt (Stiftungsmodell)“.

Damit Sie das alles mit einem Blick begreifen können, zeige ich Ihnen gleich Chart 16:

 


So ist es geplant und so soll auch die EU überzeugt werden. Und man findet in den Charts „schöne Worte“. - Aus Chart 9:

„Aus unserer Sicht ist es unabdingbar auf politischer Ebene (Landes- wie Bundesregierung) die weitere Vorgehensweise mit der EU(-kommission) verbindlich zu regeln, bevor weitere Schritte eingeleitet werden – insbesondere darf dies nicht auf den unterschiedlichen Arbeitsebenen bleiben.“

Natürlich habe ich mir auch alle weiteren Details zu dieser Planung besorgt.- Da findet man in Chart 15 z.B. die Formulierung:

„Hotel, Feriendorf und Gastronomie sollten mittels einer europaweiten Ausschreibung verpachtet werden, dabei sind Vorgaben beüglich Personal, Kooperation und Gebäudeerhaltung zu machen. Ob weitere Assets ähnlich nicht gemeinnützig genutzt werden können ist zu prüfen, für diesen Fall auch zu verpachten.“

Wer spricht vom derzeitigen Zustand, z.B. vom Schimmelbefall? - Träumer unter sich.

An anderer Stelle findet sich:

„Heute arbeiten 230 Menschen dauerhaft, ganzjährig am Nürburgring, davon 122 im Hotel, Gastronomie und Ferienpark.“

Wieviel Leute wird man denn wirklich brauchen, um Rennstrecken und den Ferienpark zu betreiben? - Kai Richter und Jörg Lindner scheinen die NBG in eine Personalfalle gelockt zu haben.

SPD, Ver.di und TBS treiben gemeinsam auf einen Strudel zu, dessen Kraft sie nicht einschätzen können. Aber es sollen an der Entscheidung ja alle beteiligt werden, die auch keine Ahnung haben. Siehe den Einstieg zu meiner Geschichte.

Verstehen Sie jetzt, warum das alles noch geheim ist? - Zur Hinrichtung sollte es immer langsam, in einschläfernden Tempo gehen. Und der letzte Schritt... - Na, wer bekommt den schon noch mit?

Immerhin ist aber irgendwo (auf Chart 3) vermerkt:

„Die Idee der Stiftung wurde ebenfalls von Anbebeginn der Insolvenz vom Sanierungsgeschäftsführer Prof. Dr. Dr. Schmidt in die Diskussion eingebracht.“

Das habe ich ein wenig anders in Erinnerung, denn ich hatte bereits am 10. Oktober 2012 der von den Insolvenzsachwaltern beauftragten Agentur ein paar Fragen zu dem Thema gestellt:

„Sehr geehrter Herr Nuvoloni,

ich habe heute sehr aufmerksam die Diskussion im DLF verfolgt, an deren Gestaltung Sie und Ihre Agentur wohl intensiv beteiligt waren.

Darum konnte mir u.a. auffallen, dass das Thema „Stiftungsmodell“ in der DLF-Sendung nicht einmal gestreift wurde. Und das, obwohl Ihre Auftraggeber schon in der nächsten Woche wieder Gespräche zu diesem Thema in Brüssel führen.

Nach dem Auftritt Ihrer Auftraggeber, der Insolvenzverwalter, beim DLF kann man davon ausgehen, dass Sie auf meine Anfrage mit einer Floskel (auch „Sprachregelung“ genannt) zu antworten versuchen werden.

Ich möchte Sie ernsthaft bitten, mir zu diesem Thema die derzeitige Situation exakt zu schildern. Bitte versuchen Sie es nicht mit einer Antwort wie: Das könnte eine von vielen Lösungen sein.

Ich würde gerne wissen, mit wem – und in welcher Zusammensetzung – die Insolvenzverwalter dieses Stiftungsmodell planen.
Und wie die EU nach Ihrer Kenntnis dieser Art der Lösung des Insolvenzproblems gegenüber steht.
Nach meiner Kenntnis ist der ADAC einer der Gesprächspartner zu diesem Thema.
Ich werde nach Ihrer Antwort entscheiden, wann und was ich zu diesem Thema veröffentliche.

Ich hoffe, Sie begreifen langsam, dass ich nicht nur die Historie kenne, sondern auch die Zukunft des Nürburgrings im Auge habe. - Es könnte ja sein, dass Sie ein wenig befangen sind.

Ich wäre Ihnen für eine schnelle Antwort sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen aus der Eifel

Wilhelm Hahne“

Und es gab am 11. Oktober 2012 dann folgende Antwort:

„Sehr geehrter Herr Hahne,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an der weiteren Zukunft des Nürburgrings. Ihre Anfrage möchten wir Ihnen im Auftrag des Sanierungsgeschäftsführers und des Sachwalters gerne beantworten.

Prof. Dr. Thomas Schmidt und Jens Lieser sind inzwischen ca. zweieinhalb Monate im vorläufigen Verfahren tätig und haben bereits etliche Dinge angeschoben, um den Nürburgring zu erhalten und ihn in eine möglichst gesicherte Zukunft zu führen. Neben einer ausführlichen Bestandsaufnahme der Liegenschaften und der Vermögenswerte, die für einen künftigen Investorenprozess dringend erforderlich sind, zählen hierzu auch die Unterstützung bei der Sicherung der Veranstaltungen (wie z. B. 'Rock am Ring' und die ADAC-Veranstaltungen) für den Veranstaltungskalender 2013 sowie auch das Streben nach einer Einigung mit der NAG. In Kürze stehen auch erste Gespräche mit der EU-Kommission an, um eine Lösung für die EU-rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Beihilfe-Thematik zu finden. Dieser Prozess wird sicherlich etliche Zeit in Anspruch nehmen.

Brüssel spielt eine entscheidende Rolle bei der Zukunftslösung für den Ring. Eine Lösung ohne die Zustimmung der EU-Kommission wird es nicht geben. Schon jetzt ist klar, dass es nur eine EU-konforme Lösung geben wird, die daher europaweit und diskriminierungsfrei erfolgen wird. Welches Lösungskonzept hierbei eine Rolle spielen wird, steht noch nicht fest. Dazu ist es noch viel zu früh. Ob ein Stiftungsmodell in Frage kommt, ist daher ebenso völlig offen. In der Tat ist es eine von mehreren möglichen Varianten, die von den beiden Sanierern ergebnisoffen geprüft werden. Allein schon aus rechtlichen Gründen können sich weder der Sanierungsgeschäftsführer noch der Sachwalter zum jetzigen Zeitpunkt auf ein Lösungsmodell festlegen. Daher halten sich Herr Prof. Schmidt und Herr Lieser alle Optionen offen.

Mit freundlichen Grüßen
Pietro Nuvoloni

dictum law communications
- eine Marke der dictum productions gmbh“

Das liest sich ein wenig anders als die Sätze, die man jetzt den Charts entnehmen kann. Die Herren werden sicherlich nicht böse sein, wenn ich das was derzeit passiert schon mal im Interesse der Öffentlichkeit vorab publiziere. So wird das mit dem „Drehbuch“ auch für einige Betrachter ein wenig deutlicher. Und die Herren werden nicht glaubwürdiger als jene, die vorher das Sagen hatten.

Aber es ist sicherlich alles nur gut gemeint. Schließlich geht es nur um Millionen. Für die Herren ist das nur „Spielgeld“.

Im Oktober 2012 hieß es noch (s.o.):

„Allein schon aus rechtlichen Gründen können sich weder der Sanierungsgeschäftsführer noch der Sachwalter zum jetzigen Zeitpunkt auf ein Lösungsmodell festlegen. Daher halten sich Herr Prof. Schmidt und Herr Lieser alle Optionen offen.“

Nach aktueller Darstellung war das „Stiftungsmodell“ von Anbeginn des Insolvenzverfahrens im Gespräch. Zum „Erwerb des Nürburgrings im Bieterverfahren“ meint man:

„Risiko: Überbietung durch Finanzinvestoren, die nicht mehr geheilt werden kann.

Chance: Über eine Zwischenfinanzierung kann bei Bedarf zusätzlich zum Stiftungsvermögen (Einbringung der Stifter) ein Betrag aufgenommen werden, der es ermöglicht, Teile der 'geflossenen Mittel' an das Land zurück zu geben.

Alternativ: Erwerb statt im Bieterverfahren über ein EU-konformes Bewertungsverfahren oder durch eine von der EU genehmigte Transaktion (Umwandlung).“

Wie das jetzt alles weiter geht? - Ich zitiere aus Chart 19:

„Arbeitsgruppe gründen, die das Modell entwickelt und verfeinert:

  • Prüfung offener Fragen
  • Prüfung rechtlicher Rahmenbedigungen und Möglichkeiten
  • Prüfung Gemeinnützigkeit
  • Organisation des politischen Willens
  • Abstimmung mit der EU
  • Ermittlung von weiteren Stiftungsmitgliedern

Denkbar ist, dass die TBS zu einem Arbeitskreis einlädt der die Aufgabe hat, die bestehenden Ansätze zu konkretisieren und die Umsetzung vorzubereiten.“

Alles nach Drehbuch. - Und bitte an den richtigen Stellen Beifall spenden.

MK/Wilhelm Hahne

 

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