4 StR 33/12: „Im Namen des Volkes“

Der Bundesgerichtshof hat meiner Bitte entsprochen und mir heute sein Urteil in der Strafsache gegen Michael Billen, CDU-Landtagsabgeordneter und Mitglied des Untersuchungsausschusses in Sachen „Nürburgring 2009“ im Mainzer Landtag, u.a. (seiner Tochter) zugehen lassen. Es ist das Urteil in einer Strafsache in der es um die Verletzung von Privatgeheimnissen u.a. und des Verdachts der Anstiftung zur Verletzung von Privatgeheimnissen u.a. geht. Damit sich meine Leser ein Bild machen können, wie geheimnisvoll man „das Volk“ informiert, wenn es um ein Urteil im Namen des Volks geht, hänge ich exakt die pdf-Datei unterhalb dieser Geschichte so an, wie sie mir auch vom BGH zugegangen ist.

4 StR 33/12: „Im Namen des Volkes“

Auf Seite 17 des Urteils kommt man zu der Feststellung:

„Die aufgezeigten Rechtsfehler wirken sich hinsichtlich der Angeklagten H. auf die Beurteilung der Strafbarkeit nach § 353b aus. Als (konkrete) Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen im Sinne dieser Vorschrift kann eine mittelbare Gefährdung ausreichen, die darin besteht, dass durch die Offenbarung der Weitergabe der polizeiinternen Daten das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität staatlicher Stellen beeinträchtigt ist.“ (BGH, Urteile vom 19.Juni 1958 – 4 StR 151/58, BGHSt 11, 401, vom 22. Juni 2000 – 5 StR 268/99, NstZ 2000, 596, und vom 9. Dezember 2002 – 5 StR 276/02 BG'HSt 48, 126)“

Ich finde eindrucksvoll, was alles ausreicht, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Wenn aber die Staatsorgane selber aus der Rolle fallen und z.B. wie in meinem Fall, eine gegen alles Recht verstoßende Hausdurchsuchung bei einem Journalisten vornehmen lassen, wobei es dann automatisch zu einer Verletzung von Privatgeheimnissen gekommen ist (die dem Gesetz nach wohl strafbar ist), dann geht man die Dinge ganz anders an und lässt sie „wegen geringem öffentlichem Interesse“ still einschlafen. - Wer hätte schon gerne Ärger? - Man konnte doch auch nicht wissen, das sich „der alte Mann aus der Eifel“ (so bezeichnete mich nach Aussage eines Zeugen z.B. Prof. Dr. Ingolf Deubel, damals noch Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz) sich nicht ins Bockshorn jagen lassen würde.

Jetzt möchte man am Beispiel des CDU-Landtagsabgeordneten Michael Billen ein Exempel statuieren. - Mine-mene-mu – und raus bist du!

Die Staatsanwaltschaft Zweibrücken, Weisungsempfänger der politischen Leitung in Mainz, hat sich die Maske der Justizia aufgesetzt und spielt für die Landesregierung den Racheengel. Das Urteil des Landgerichts Landau wurde nicht ernst genommen. Man hat es in vielerlei Hinsicht hinterfragt und kommt zu der Erkenntnis – pardon – zu dem Urteil:

„Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 22. September 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Landgericht Frankenthal (Pfalz) zurückverwiesen.“

Schauen Sie sich das Urteil mit seiner Begründung im Detail an. Es hängt unten als pdf-Datei an.

Es gibt auf Seite 4 die schöne Darstellung des Bundesgerichtshofs:

„Der Untersuchungsausschuss befasste sich mit dem – in den Medien seit langem intensiv begleiteten – gescheiterten Versuch der landespolitich Verantwortlichen, privates Kapital für die Erweiterung der Rennstrecke um einen Vergnügungspark und den privaten Betrieb der Anlage zu gewinnen.“

Der Angeklagte Michael Billen war Mitglied des Untersuchungsausschusses und hat mit seinem engagierten Handeln (das aber wohl nicht erwünscht war) zumindest versucht, die Arbeit dieses Ausschusses zu einem Erfolg zu führen. - Tatsache ist: Der UA wurde eingestellt, mit den Neuwahlen zum Landtag aufgelöst, die Akten z.T. in alle Winde verstreut.

Am 8.10.2010 erhielt ich z.B. vom Landeskriminalamt auf eine entsprechende Anfrage von mir folgende aufschlussreiche Antwort:

„Sehr geehrter Herr Hahne,

die im Zusammenhang mit dem Projekt „Nürburgring“ getätigten Überprüfungen des Landeskriminalamtes, deren Ergebnisse und wem diese berichtet worden sind, waren Gegenstand mehrerer und umfangreicher Berichterstattungen in verschiedenen Ausschüssen und in Plenarsitzungen des rheinland-pfälzischen Landtags. Die Protokolle sind ganz überwiegend öffentlich und Ihnen damit zugänglich. Wir bitten Sie deshalb, sich aus diesen Quellen zu informieren.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Ulrich Roeder
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Vertretung)
LANDESKRIMINALAMT RHEINLAND-PFALZ
Valenciaplatz 1-7
55118 Mainz
Telefon 06131 65-2379“

Mich hätte das Ergebnis der Überprüfungen interessiert. Aber das wurde – wie man dann „vertraulich“ erfuhr, wohl mit einem Staatsanwalt in Koblenz abgestimmt. Man kam wohl zu der Überzeugung, dass das alles nette Leute wären. Und man wollte sie wohl weiter mitspielen lassen. Ohne solche „Figuren“, wären auch die Argumente und Zusagen der Mainzer Politiker „ohne Fleisch“ gewesen.

Da kann man schon die Aussage der Tochter von Michael Billen verstehen, die als Beweggrund für ihre Aktivität, sich mal um Hintergründe bei den „Hintermännern“ zu bemühen, angab:

„...sie sei poltisch sehr interessiert und ärgere sich darüber, dass es offenbar möglich sei, auf einfachste Weise Steuergelder zu erschleichen... „

Genauso ist es: Der Steuerzahler ärgert sich, den Politiker interessiert es nicht. Es ist nicht sein Geld. Und der BGH begibt sich auf die Suche nach dem Recht. - Na, wo ist es denn?

Natürlich ist richtig:

„Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung auch dann, wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (BGH, Urteile vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97 aaO, und vom 26. Juni 2003 – 1 StR 269(/02, NstZ 2004, 35, 36)

Aber wird man der Gesamtheit aller Verstöße, aller Politiker, aller Teilnehmer an diesem politschen „Hütchenspiel“ gerecht, wenn man versucht, an einem Einzelfall – der bestimmten Leuten „in den Kram passt“ - nun darzustellen, wie gerecht es bei der Abwicklung von „Nürburgring 2009“ zugegangen ist?

Warum antwortet mir aktuell der Insolvenz-Geschäftsführer der Nürburgring GmbH nicht auf meine Fragen zum Zustand der CST?

Warum hört man – jetzt, Mitte Januar 2013 – nichts zur Abwicklung eines Formel 1-Laufs, Mitte des Jahres geplant, in Deutschland? - Wer hat denn z.B. bei diesem Thema derzeit „das Heft in der Hand“?

Um auf den einen Fall zurückzukommen, in dem es um POLIS-Abfragen ging, die nicht „dienstlich veranlasst“ waren:

Nach Feststellung des Gerichts gab es in Deutschland 111 Abfragen in dieser Sache. Aber „richtig“, mit Geburtsdatum und allem Drum und Dran wurden nur 36 Abfragen registriert. Darunter war dann aber auch die Abfrage des LKA-Beamten, dessen Abfrage „nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme“ dienstlich veranlasst war.

Darum hat mir das LKA auf meine Anfrage wohl auch eine so klare Antwort erteilen können. - Das war wohl zu keiner Zeit von „den Oberen“ erwünscht.

Was ich zum Thema „Michael“ (Merten) und wann geschrieben habe, das kann man auch heute noch unter Motor-KRITIK nachlesen. Auch wenn es schon so lange her ist.

Übrigens: Der Vorfall, den aktuell dann noch – bis auf unabsehbare Zeit – die Gerichte beschäftigen wird, geschah im November 2009. Und am 25. August 2009 veröffentlichte ich meine Geschichte: „Michael – am Beispiel von Michael Merten“.

Sie können darum auch diese Geschichte in meinem Nürburgring-Buch nachlesen, das ja erst im August 2010 erschien. Aber wer liest das schon „in politischen Kreisen“? - Wozu man ja auch die Staatsanwalten zählen muss.

MK/Wilhelm Hahne

PS: In der Bibliothek des Landgerichts Frankenthal gibt es übrigens mein Nürburgring-Buch. Den Richtern im Fall Billen – die jetzt nach dem BGH-Urteil zuständig sind – sei rechtzeitig eine Lektüre empfohlen.

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