EU: Schmutzflecken auf reinem Tisch?

Der aus seinem Dienst – und der Verantwortung – in diesem Herbst scheidende EU-Kommissar, Joaquín Almunia, möchte in Brüssel einen „reinen Tisch“ hinterlassen, alles hinwegfegen, was in langen Jahren so liegen geblieben ist. Da nimmt der Nürburgring – und die dort erhaltenen verbotenen Beihilfen – schon eine besondere Stellung ein. Die Öffentlichkeit achtet auf Details, ist irgendwie eingebunden, findet zu einer Meinung. Die unterscheidet sich – leider, findet der Herr EU-Kommissar – deutlich von der, die man gerne äußern möchte. Als EU-Kommissar. Schließlich ist man der Bundesrepublik eng verbunden. Denn die zahlt. In vielen Fällen. Eigentlich weiß man nicht warum. Aber man schätzt die Zahlungen. Da sollte man sich schon – irgendwie – erkenntlich zeigen. Zumal sich Lösungen anbieten, die scheinbar unauffällig sind und eigentlich niemandem einen Schaden durchfügen. Einen zusätzlichen Schaden. Denn der Millionen-Schaden wurde von der Landesregierung von Rheinland-Pfalz wie im Vorbeigehen geschaffen. - Einfach so. - „Wir machen's einfach!“ - Der Slogan, der nicht nur Kurt Beck, sondern auch seinem Duz-Freund (-Genossen!), Dr. Walter Kafitz, gefiel. Und die Nürburgring-Affäre zum Skandal machte. - Auch bedeutend in politischen Kreisen gewertet wird. Und Almunia ist Spanier – und Sozialist. Und bedeutend in der EU. - Aber nicht mehr lange. - Da kann doch so manches Manchem Spanisch erscheinen? - Oder nicht? - Oder doch?

EU: Schmutzflecken auf reinem Tisch?

Die rheinland-pfälzischen Politiker machen Politik. Sie stellen die Weichen, denn sie kennen ihre Aufgaben. Es gilt, die besten Voraussetzungen für die nächsten Wahlen zu schaffen. Und das dauert. - Manchen zu lange. - Aber jetzt wird es Zeit.

Soll die Öffentlichkeit die skandalöse Entwicklung in Sachen „Nürburgring 2009“ vergessen, muss man einen Strich ziehen? - Das geht am besten, indem man den Nürburgring verkauft, sich als Politiker, als politische Partei, ganz von diesem Objekt löst, das seit 1927 – spätestens – in öffentlicher Hand ist. - Ein Projekt, dass der Region dienen, helfen sollte, sie weiter zu entwickeln.

Der Besitz des Nürburgrings ist von der Bundesrepublik an die Landespolitiker von Rheinland-Pfalz übergegangen. Und die wollten schon etwas aus diesem Nürburgring machen. - Aber Politiker machen niemals etwas nur um der Sache zu dienen. In erster Linie gilt es politische – oder besser – Partei-Interessen zu verfolgen.

So auch am Nürburgring. Schade nur, dass das alles in einer Zeit erfolgte, als nicht nur das Objekt Nürburgring wichtig war, sondern Politiker glaubten, mit einer Festigung der Position des Nürburgrings auch an Profil gewinnen zu können. Und das in jeder Phase mit Blick auf die nächsten Wahlen.

Der Versuch kann als gescheitert gelten, geht voll zu Lasten der Allgemeinheit, der Steuerzahler. Und die Europäische Union versucht ein Stück Gerechtigkeit herzustellen. Mit ihrem Urteil. - Das sachlich erfolgen, eine Basis in den realen Abläufen haben sollte.

Inzwischen gibt es nicht nur die Information, dass der noch (für eine gewisse Anzahl von Tagen) wichtige EU-Wettbewerbs-Kommissar, Joaquín Almunia, das Land Rheinland-Pfalz hart darauf hinweisen will, dass im Fall „Nürburgring 2009“ wiederholt – also immer wieder und immer wieder – gegen europäisches Recht verstoßen hat. Was dann eigentlich zu einer Rückzahlung der Beträge führen müsste.

Aber da hatten sich Kurt Beck und Roger Lewentz „damals“ gut beraten lassen. Eigentlich hatten diese beiden Politiker die Insolvenz der Landes-GmbH vermeiden wollen, aber sie haben sich in langen Gesprächen davon überzeugen lassen, dass das die einzige Möglichkeit war, aus der ganzen Affäre mit nur „einem blauen Auge“ herauszukommen. Und Frau Dreyer versucht nun „blauäugig“ (mit einem leichten Grünschimmer), scheinbar naiv, der Öffentlichkeit klarzumachen, dass nun alles gut wird. - Und wir müssen nach vorne schauen!

Darum wurde auch regierungsgläubigen Journalisten schon vorab gesteckt, welche gemeinsame Taktik in der EU vereinte sozialistische Politiker in den nächsten Wochen zu fahren gedenken, damit der erste Sturm der Öffentlichkeit bis dahin verebbt, aus dem stürmischem Wellental in der öffentlichen Diskussion wieder ein „stiller See“ geworden ist.

Da hilft natürlich auch der Sprachwirrwarr bei der EU, obwohl der – wie wir wissen – schon mal den Turmbau zu Babel verhinderte. Die EU scheint da schon weiter. - Schauen wir mal genau hin:

Joaquín Almunia ist Spanier. Der spricht – und denkt – spanisch. Er spricht – aber denkt nicht – auch englisch. Zu seinen direkten Ansprechpartner auf der Bündnisebene gehört z.B. Sigmar Gabriel. Der denkt deutsch, spricht Deutsch – aber auch Englisch. Wichtiger ist: Er ist Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland, Vizekanzler und – Parteivorsitzender der SPD.

Da hat er einiges mit Joaquín Almunia gemeinsam, selbst wenn sie im Gespräch die „Sprachkrücke“ Englisch benutzen müssen: Der EU-Wettbewerbskommissar war zufällig auch mal Chef der Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) und kennt sich auch in Wahlschlappen aus. Das verbindet insgesamt mehr, als das gemeinsam genutzte Englisch.

Es ist sicherlich kein Zufall, dass die EU-Entscheidungsvorlage, die hier in Deutschland vorab (Von wem wohl?) bei „wichtigen“ Journalisten in Umlauf gebracht wurde, in englischer Sprache ausgeführt ist. Da stört sich bisher auch niemand daran, wenn er statt – wie den durchnummerierten Seiten zu entnehmen – 95 Seiten, nur 89 Seiten erhalten hat. Die ersten 6 Seiten waren offensichtlich unwichtig.

Unwichtig ist aber nicht, wie die Mehrzahl der mit der vertraulichen Unterlage versorgten Medienvertreter damit umgegangen sind, wo sie hineingeschaut, was sie hervorgehoben, was sie übersehen haben. Und auf „Facebook“ läuft dann aktuell eine Diskussion über Details, die man eigentlich nicht übersehen sollte.

Was einem auf Seite 7 (wie schon gesagt: Die ersten 6 Seiten fehlen) ins Auge springt ist die Feststellung:

„Only the German version is authentic“

Darum kennt die wahrscheinlich auch niemand. - Aber interessant ist z.B. was sich auf Seite 26 der EU-Beschlussvorlage (= Blatt 20 der verteilten Vorlage) zu einem wichtigen Teil des Finanzierungskonzepts von Capricorn geschrieben steht:

„...Capricorn submitted to the sellers a binding letter by Deutsche Bank AG dated 10 March 2014, addressed to Capricorn, informing the latter that Deutsche Bank AG was willing to underwrite a loan of EUR 45 million to Capricorn for the purpose of the acquisition of the assets in question. ...“

Und man erinnert sich lächelnd an die ersten Unterrichtsstunden in Englisch, wo man z.B. erfuhr, dass es im Englischen eine „Umschreibung mit to do“ gibt. Nun liegt die deutsche Fassung der Brüsseler Beschlussvorlage zwar nicht vor, aber es ist kaum vorstellbar, dass dort die oben dargestellte englische Fassung anders als mit „Absichtserklärung“ o.ä. beschrieben sein kann. - Ohne „to do“. - Eine definitive Kreditzusage würde anders dargestellt sein. - Meint jemand der Deutsch spricht. -

Eigentlich müsste man das Originalschreiben der Deutschen Bank kennen, das sicherlich in Deutsch vorliegt, oder von den verantwortlichen Herrn dieser Bank erfahren (denen übrigens gerade durch die Münchner Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird, nicht unbedingt immer die Wahrheit gesagt zu haben, wenn es ihnen zum Vorteil gereichte), was sie sich bei dem oben erwähnten Schreiben gedacht haben. - Aber das wird dann wahrscheinlich als Bank-Geheimnis empfunden und entsprechend behandelt werden.

Wie wurde dieses Schreiben wohl von den Insolvenz-Sachwaltern und dem Vertreter der KPMG z.B. - und die Solvenz von Capricorn/GetSpeed eigentlich überhaupt - bei der Beratung des Gläubigerausschusses am 11. März 2014 in Koblenz dargestellt? - Da müsste eigentlich ein Blick in das vorgeschriebene Protokoll Aufschluss geben.

Leider liegt das Protokoll Motor-KRITIK aktuell nicht vor. Aber aus einem Abgleich von Gesprächen mit den unterschiedlichsten Protagonisten in dieser Sache über die letzten Monate, ist bereits ein Eindruck entstanden, der in eine bestimmte Richtung zeigt. - Wir (Motor-KRITIK und ein bestimmter Kreis der Betroffenen) werden der Sache weiter nachgehen.

Interessant ist auch eine Fußnote, mit der Zahl 73 markiert, die sich auf Seite 28 der Beschlussvorlage (= Seite 22 der u.a. an Mitglieder der LPK verteilten Vorlage) findet:

73 The insolvency administrators and the buyer agreed on 13 August 2014 that the second instalment of the purchase price is to be paid on 31 October 2014 instead of 31 July 2014, with interest of 8% and pledges (replacing the cash collateral of EUR 5 million) on: a) shares in Capricorn of Mr Robertino Wild, shareholder of Capricorn; b) all claims between companies of the Capricorn group; c) claims resulting from a sales contract regarding the "Campus" project (to be concluded); and d) the art collection of Mr Robertino Wild. The Land was not involved in the decision-making process for the above agreement.“

Danach hat der Insolvenz-Sachwalter mit dem Käufer (bis heute ohne Zusage der EU) am 13. August die Vereinbarung getroffen, den Zahlungstermin für die 2. Tranche von 5 Millionen Euro vom ursprünglich im Vertrag vereinbarten Termin 31. Juli 2014 auf den 31. Oktober 2014 zu verlegen.

  • Die „Neujustierung“ (Lieser-“speech“) wurde also vorgenommen, nachdem Capricorn zum 31. Juli 2014 nicht gezahlt hatte. Und es wurde ein (Straf-)Zins (!) vereinbart. Und Sicherheitsleistungen. Macht man das, wenn die Bonität des Käufers beim Kaufabschluss geprüft und für gut befunden hatte? - Damit ist eigentlich auch klar: Capricorn konnte zum Termin 31. Juli 2014 nicht zahlen. - Und der für den Kaufabschluss verantwortliche Gläubigerausschuss blieb bei all diesen Veränderungen der Vertragsgrundlagen uninformiert! - Stellt man sich so einen Käufer vor, der am 1. Januar 2015 mit einer neu gegründeten Firma mit 25.000 Euro Eigenkapital eine insolventen Betrieb übernimmt, dessen Weiterführung in den ersten Noch-Wintermonaten des Jahres 2015 schon ein Betriebskapital von einigen Millionen Euro voraussetzt?

Motor-KRITIK versteht – obwohl durch die Sprache verbunden – jene Journalisten-Kollegen nicht, die eine Information aus Brüssel als „Frohe Botschaft“ auch „für die Menschen in der Eifel“ empfinden, nach der man bei der EU-Behörde in Brüssel „aller Voraussicht nach dem Verkauf des Nürburgrings an den Autozulieferer Capricorn zustimmen“ wird.

Motor-KRITIK würde sich da eher einer aktuell auf „Facebook“ geäußerten Meinung anschließen, die da lautet:

„...Viel interessanter ist, daß nach Wilhelm Hahne´s Infos der Sachwalter erst am 20.8.14 (!) den Gläubigerausschuß informiert hat. Die Info erfolgte wohl aufgrund des öffentlichs Drucks, weil bekannt wurde, daß die Rate nicht gezahlt worden ist. Der Herr Insolvenzsachwalter ist also auch schon wach geworden! Daß Herr Wild private Sicherheiten in nicht unerheblicher Größenordnung stellen muss, legt den Schluß nahe, daß sich die Verkaufsbeauftragten samt Landesregierung der Solvenz des Bieters gar nicht mehr sicher sind. Eines ist aber sicher: wir bekommen ein Lindner/Richter 2.0 plus Upgrade. Wünsche fröhliches Eintreiben der zweiten Rate. ...“

So wie sich die Situation um den Verkauf des Nürburgrings aktuell darstellt, kann ein „Wisch und weg“ in Brüssel beim „reinen Tisch“ machen nur „große Schmutzflecken“ zurück lassen.

Und wer waren die „Schmutzfinken“ die sie geschaffen haben?

Meine Leser können diese Frage in Deutsch, Englisch und Spanisch beantworten. Die Namen werden immer die gleichen sein. Das haben Namen mit Zahlen in allen Sprachen gemeinsam: Sie sind für alle lesbar.

Leider haben in unserem Land die Verantwortlichen zwar richtige Zahlen gesehen und lesen können – aber wohl in ihrer Wertigkeit – und Auswirkungen - nicht begriffen. -

Damals nicht! - Und heute auch nicht!

MK/Wilhelm Hahne
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