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Erinnern wir uns an 2012, wo uns der Landesvater Kurt Beck klar machen wollte, dass die EU die Pleite der Nürburgring GmbH dadurch verschuldete, dass sie eine aktuell notwendige „kleine Hilfe“ nicht gewährte. Nun Kurt Beck hatte die Enscheidung in Brüssel gar nicht abgewartet. So konnte er dann mit dem Finger in Richtung Brüssel zeigen. - Eigentlich hatte er die Insolvenz der landeseigenen GmbH auch gar nicht gewollt. Aber er war gut beraten, die Insolvenz zu beantragen. Die größenwahnsinnigen Pläne einer Gruppe von Visionären hatte der GmbH den Todesstoß versetzt. Wobei eigentlich die Nürburgring GmbH schon vorher klar konkursfähig gewesen wäre, wenn das die Landesregierung zugelassen hätte. Man arbeitete mit allen Tricks, um eine für die Landesregierung eigentlich blamable Insolvenz zu verhindern. Schon Jahre vor 2012. - Erst später hat man eingesehen, dass man schon einige Jahre mit falscher Weichenstellung unterwegs war.
Nürburgring-Pleite: Jahre überfällig?
Natürlich war einer der Anschieber zu großen Plänen ein Geschäftsführer, der es allen mal zeigen wollte. Was ihm vorher nicht so recht gelungen war. Da fügte es sich gut, dass dessen Pläne auch gut dem Vorstellungsvermögen eines weiteren Visionärs entsprachen: Kurt Beck, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. - Rudolf Scharping hatte mit seiner Entscheidung für Dr. Kafitz gute Vorarbeit geleistet.
Ein paar weitere Profilierungs-Süchtige fanden sich leicht. Lesen Sie doch noch einmal, was der Geschäftsführer am 16. Juli 2008 in einem Interview mit „Motorsport Total.com“ zum Besten gab:
„Wir wollen im Jahr 2019 einen zusätzlichen Umsatz in Höhe von 20 Millionen Euro erzielen und wir möchten bis Frühjahr kommenden Jahres auf rund 200 Mitarbeiter wachsen. Das ist allein die Nürburgring GmbH, ohne die anderen Gesellschaften. Wir begannen bei 60 Mitarbeitern, haben also ein stürmisches Wachstum. Die Region wird mehrere hundert zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Seit 1994 sind direkt am Ring gut 400 Arbeitsplätze entstanden und es kommen jetzt noch einmal deutlich über 500 dazu, so dass wir über 1.000 Arbeitsplätze seit Mitte der 1990er-Jahre geschaffen haben. Das ist eine sehr positive Entwicklung.“
Am 8. April 2008 – drei Monate vorher - war die Bilanz der Nürburgring GmbH des Jahres 2006 veröffentlicht worden, die mit folgenden Sätzen eingeleitet wurde:
„Der Nürburgring, Europas traditions- und erfolgreichste Rennstrecke mit über zwei Millionen Besuchern pro Jahr, hat auch im Jahr der Fussball-Weltmeisterschaft seine Stellung als eine der attraktivsten Rennstrecken und Veranstaltungsorte behaupten können. Für die Nürburgring GmbH war das abgelaufene Geschäftsjahr 2006 trotz eines Jahresfehlbetrages von -40.202 T€ insgesamt erfolgreich.“
Der so etwas abgezeichnet hat, war exakt jener Dr. Kafitz, der rd. drei Monate später das oben dargestellte Interview gab. Er musste also die Situation seiner GmbH kennen. Die stellte sich 2006 – wie man heute noch im „Bundesanzeiger“ nachlesen kann – so dar:
„Obwohl die Nürburgring GmbH zum 31. Dezember 2006 eine bilanzielle Unterdeckung von 12.599 T€ (Anmerkung der Redaktion: 12,599 Millionen Euro!) ausweist, wird aufgrund einer positiven Fortführungsprognose das Unternehmensfortführungs-Prinzip zugrunde gelegt. Die rechtliche Überschuldung wird im Überschuldungsstatus, der auf Basis der Unternehmensfortführung erstellt wurde, durch die Verpflichtungserklärung der Hauptgesellschafterin, des Landes Rheinland-Pfalz, vermieden. Zur Beseitigung der Überschuldung im Rechtssinne hat das Land Rheinland-Pfalz eine Verpflichtungserklärung abgegeben, wonach von dem im Landeshaushaltsplan 2007/2008 vorgesehenen Gesellschafterdarlehen, die beiden ersten Tranchen über jeweils 6.670 T€ als nachrangige Darlehen gewährt werden. In Höhe der ausgezahlten Darlehensbeträge werden gleichzeitig Rangrücktrittserklärungen abgegeben.“
Wir lernen auch beim Lesen des Jahresabschlusses 2006, dass nach Auffassung der Nürburgring GmbH die Formel 1 nicht zum Kerngeschäft der Gesellschaft gehört. - ??? - Aber Motor-KRITIK möchte hier nicht klären, was zum Kerngeschäft einer Rennstrecke gehört, sondern weiter aus der Bilanz zitieren:
Das Gesamtergebnis der Nürburgring GmbH von - 40.202 T€ wurde durch folgende Sondereffekte negativ beeinflusst:
- Die Formel 1-Veranstaltung 2006 schloss mit einem operativen Verlust von - 9.894 T€ ab. Zusätzlich wurden Drohverlustrückstellungen für die Veranstaltungen in den Jahren 2007, 2009 und 2011 von insgesamt -23.788 T€ gebildet. Damit beläuft sich der Gesamtverlust im Berichtsjahr auf - 33.682 T€.
- Es wurden Abschreibungen auf die gewährten Gesellschafterdarlehen der Nürburgring GmbH an die Erlebnispark Nürburgring GmbH & Co. KG von - 3.920 T€ sowie ein Forderungsverzicht in Höhe von -1.348 T€ berücksichtigt.
- Der Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile der Nürburgring GmbH an der BikeWorld Nürburgring GmbH bedingte u. a., dass die seit Gründung der Gesellschaft gewährte Gesellschafterdarlehen vollständig abgeschrieben wurden. Der Gesamteffekt aus dem Verkauf beläuft sich in 2006 auf - 3.345 T€.
- Für das Zukunftsprojekt „Nürburgring 2009“ fielen Aufwendungen im Wesentlichen für Projektentwicklung von - 3.264 T€ an.
Ohne diese Sondereffekte hätte die Gesellschaft im Geschäftsjahr ein positives Ergebnis ausgewiesen. Im Kerngeschäft konnte die Nürburgring GmbH mit einem bereinigten Ergebnis (ohne Sondereffekte) von 4.008 T€ das Vorjahresergebnis nochmals um 734 T€ steigern (+ 22,4 %).
Übersehen Sie bitte des „T“ jeweils vor dem „€“ nicht. Dass heißt, dass man den dargestellten Zahlen immer drei Nullen anhängen muss. Aber man wollte wohl mit diesen Zahlen nicht unbedingt beeindrucken.
Diese Bilanz wurde übrigens von der KPMG geprüft, die am Ende feststellt:
„Nach unserer Beurteilung auf Grund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse entspricht der Jahresabschluss den gesetzlichen Vorschriften und den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags und vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Nürburgring GmbH. Der Lagebericht steht in Einklang mit dem Jahresabschluss, vermittelt insgesamt ein zutreffendes Bild von der Lage der Gesellschaft und stellt die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend dar.“
Vergleichen Sie bitte diese im Bundesanzeiger nachlesbare Realität mit den Träumen eines Dr. Kafitz aus dem Jahre 2008, dem Veröffentlichungsjahr dieser Bilanz.
Und dann kam mit aller Wucht das Projekt „Nürburgring 2009“, das mit seiner „gradlinigen Finanzierung“ – über einem „Neuanfang“ – direkt in die Insolvenz führte. Weil es eigentlich auch keinen Ausweg mehr gab.
Nun stehen wir wieder vor einem Neuanfang, "Neustart". - Schon ab 1. Oktober? - Wir können wieder im Bundesanzeiger in Bilanzen einer bestimmten Firmengruppe einsteigen, uns einlesen und evtl. wundern.
Warum Motor-KRITIK heute mal beispielhaft in „alte Zeiten-Unterlagen“ schaut? - Weil man bei einem Neustart immer die „Trainingsergebnisse“ aus den Zeiten davor mal anschauen sollte.
Es könnte sein, dass auch der nächste „Neustart“ mit einer ähnlichen Überraschung endet, wie am letzten Wochenende der DTM-Lauf in Zandvoort:
Es gab jemand der schneller war und vorweg fuhr. Schon im Qualifying. Aber ein anderer hat gewonnen. Weil dieser schnelle Jemand war auf falschen Gummis unterwegs, weil er zwar wechseln musste, aber lt. Reglement nicht durfte. Da nutzte es wenig, dass er vor dem „Sieger“ ins Ziel kam. Er wurde – entsprechend dem Reglement – bestraft und zurück versetzt. - So ist das heute im Motorsport, dem sich die DTM zurechnet.
So ist das auch in der politischen Landschaft. - Wer das Reglement macht, bestimmt den Sieger!
MK/Wilhelm Hahne
PS: Übrigens versucht nicht nur der Ex-Verbandsbürgermeister von Adenau, Herman-Josef Romes (CDU), aktuell in die erste Startreihe zu kommen, sondern auch sein Nachfolger, Guido Nisius (CDU), empfindet es als richtig, sich im „richtigen Moment“ vorne zu positionieren: Sie haben beide aktuell ihre Mitgliedschaft bei „JA zum Nürburgring“ gekündigt. - Weil morgen der 1. Oktober ist? - Nun ja – was die SPD zu spät war (s.o.), ist die CDU nun zu früh. Man schaue bitte mal nach Mainz und bewerte deren Reaktionen auf SPD-Leistungen entsprechend. - Denn die „Große Koalititon“ ist erst 2016 möglich. - Wenn der Nicht-Wähler mitspielt!
PPS: Vorschlag zur Ergänzung des DTM-Reglements 2015: Das Rennergebnis wird jeweils durch die KPMG am Montag nach dem Rennen überprüft und im Laufe der Woche bestätigt. - Die Siegerehrung wird dann vor der nächsten Veranstaltung (kostensparend) ohne Sekt (Alkohol) vorgenommen. Die Mehrzahl der Zuschauer (Werksangehörige) werden nach diesem aktuellen Rennen dann schriftlich über das Ergebnis der KPMG-Untersuchungen zum DTM-Lauf vor Wochen zuverlässig informiert – wenn nicht laufende Sportgerichtsverfahren daran hindern.