Die VLN in einer Vogel-friss-oder-stirb-Situation?

Am letzten Samstag gab es den 4. VLN-Lauf von insgesamt neun in 2019. Die Fans freuten sich darauf, mal wieder ein Rennen zu erleben, bei dem man nach der Zieldurchfahrt auch weiß, wer gewonnen und wer sich wo platziert hat. Aber diese Zeiten scheinen selbst im „Basic-Motorsport“ (Streckensprecher Uwe Winter), dem so genannten „Breitensport“ vorbei. Auch jetzt – zwei Tage nach Rennende – ist das Rennergebnis nur „vorläufig“. Die Fans werden auch nicht informiert, warum das so ist! - Der Einfluss der Nürburgring-Besitzer, bzw. des Pächters wird über die Zeit immer deutlicher spürbar. Zwar ist auf dem Papier ihr Einfluss beschränkt, aber die VLN hat als Rennserie für die „neuen Herren“ an Bedeutung verloren. Und die neuen Chefs der VLN – man muss da zwischen Veranstalter-Klub, der VLN oHG und der GmbH & Co KG unterscheiden – akzeptieren, dass diese Serie mehr und mehr „untergebuttert“ wird. Der VLN 4-Lauf war ein schönes Beispiel dafür, dass sich der Ton gegenüber dem „Kunden VLN“ geändert hat. Eigentlich hat sich nicht der „Ton“, sondern das Verhalten geändert und man versucht mit „gutem Ton“ - z.B. von Streckensprechern - die Sichtweise der Fans zu beeinflussen. Die sollen sich über dramatische Rennauseinandersetzungen auf der Rennstrecke freuen. Dramatik gab es aber auch beim VLN 4-Lauf im Umfeld des eigentlichen Rennens zu Genüge. - Darüber informiert Motor-KRITIK.

Die VLN in einer Vogel-friss-oder-stirb-Situation?

Eigentlich sollte man auch im Sport, im Motorsport eine Klassifizierung Kunde/Dienstleister so deutlich verspüren können, wie im täglichen Leben. Auch hier lebt der Dienstleister von seinen Kunden und deren Geld. Entsprechend ist man auch um den Kunden bemüht, bzw. sollte man darum bemüht sein.

Bei der VLN sind – von der Geld-verdienen-Seite betrachtet – die Zuschauer dem Verpächter der Rennstrecke weniger wichtig als die Renn-Teams, die erst die Voraussetzungen zum Geldverdienen schaffen. Aber das große Geldverdienen erfolgt am Nürburgring nicht mehr durch Rennveranstaltungen. - Entsprechend werden „Lückenfüller“, wie z.B. die VLN-Teilnehmer, auch behandelt. - Nach dem Motto:

 

  • „Friss Vogel oder stirb!“

Da hatte die VLN Veranstaltergemeinschaft z.B. für den Freitag, 12. Juli, auf dem Grand-Prix-Kurs „Probe- und Einstellfahrten“ für VLN-Teilnehmer ausgeschrieben. Die Strecke ist von 8:30 – 14:00 Uhr zu nutzen; die Dokumentenabnahme erfolgt darum ab 7:30 Uhr. - Kosten: 650 Euro!

Bei diesem Zeitrahmen ist eigentlich klar, dass die Teilnehmer am Vorabend anreisen müssen, denn sie kommen mehrheitlich nicht aus dem direkten Umfeld des Nürburgrings. Aber am Donnerstagabend konnten sie erst ab 21:00 Uhr ins Fahrerlager und ihre Boxen beziehen, weil der Verpächter und Mitveranstalter am Donnerstag einem anderen wichtigen Kunden das Fahrerlager „verkauft“ hatte und der hatte erst so spät Platz gemacht. - VLN-Teilnehmer haben sich anzupassen!

Die VLN-Teilnehmer fanden ihrerseits schon eine Anweisung an den Boxentüren vor, nach der sie am Samstag – direkt nach dem Rennen – das Fahrerlager spätestens bis 18:00 geräumt haben mussten. - VLN-Teilnehmer haben zu parieren!

Da dem Verpächter das Geschäft mit den Touristenfahrern auf der Nordschleife sehr wichtig ist, war auch eine Verkürzung des Rennens keine Frage. Es wurde pünktlich nach dem verkürzten Rennen – wie angekündigt 18:00 Uhr - die Nordschleife dafür geöffnet. - VLN-Interessen sind da ohne Bedeutung!

Die während des Rennens auf der Strecke ausgefallenen Rennfahrzeuge konnten – wegen der pünktlichen Touristenfahrten - erst nach deren Ende – 19:00 Uhr - eingeschleppt werden. - Aber da sollte das Fahrerlager von den betroffenen Teams längst geräumt sein! - ??? -

Eigenartig auch der Umgang der Veranstalter mit den Starterzahlen. Am Mittwoch vor dem Rennen wurde von 158 vorläufigen Startern gesprochen. Lars Gutsche, einer der „Unterhalter“ am Streckenfunk, sprach noch am Veranstaltungstag von „knapp 160 Teilnehmern“.

Motor-KRITIK machte am Mittwoch vor dem Rennen schon die Vorhersage, dass es weniger als 150 sein würden. Eine Stunde nach dem Start war auf der Internetseite von „LIVE TIMING“ ersichtlich, dass 145 Fahrzeuge gestartet waren, wovon zwei die erste Runde nicht beendet hatten. Am Rennende wurden dann plötzlich 149 gestartete Fahrzeuge vermeldet. - ??? -

Vielleicht wurden ab da die vier Fahrzeuge – im Geiste – mitgezählt, die kurz nach Freigabe zum Training bei Posten 130 auf der Nordschleife (Streckenabschnitt „Kesselchen“) verunfallt waren. - Aber im Training! - Der Unfall-Auslöser war wohl ausgelaufenes Betriebsmittel. Optisch leicht zu übersehen!

War nicht rechtzeitig gewarnt worden? - Immerhin war vorher ein GetSpeed-AMG-Mercedes GT3 schon fast abgeflogen. Die Strecken-Marshals an Posten 130 hätten das mitbekommen und warnen müssen! - Oder hatten die Fahrer, weil eine Sichtverbindung erst spät möglich wird, keine Möglichkeit mehr, auf Flaggensignale zu reagieren? - Es gibt dazu – wohl nicht grundlos - keine Detail-Informationen!

An diesem Beispiel wird das eigentliche Problem der Nordschleife nämlich besonders deutlich. Da helfen dann auch nicht die Schein-Aktivitäten in Sachen Glasfaser in der Vergangenheit, die aber längst von den „Alles-ist-gut-Gesängen“ der Streckensprecher übertönt werden.

  • Zum Glück gab es bei diesem Vierfach-Crash keine wesentlich Verletzten.

Es hatten sich an dieser Stelle vier Fahrzeuge ineinander verkeilt; die Leitplanken waren beschädigt und es kam zu einem Abbruch des Trainings (mit roter Flagge). Das Training wurde dann verspätet wieder gestartet und konnte nur verkürzt durchgeführt werden. Sagte man. Weil andere Interessen als die der VLN wichtiger waren. Man nahm dann auch gleich eine entsprechende Kürzung des Rennens um 30 min vor. - (Das entsprechende „Bulletin“ gibt es im „Anhang“) Das Fahrerlager musste eben um 18:00 Uhr frei sein. Für eine andere wichtige Veranstaltung am Sonntag. Ein Streckensprecher sprach von einem „Trackday“

Das hört sich sehr nach Motorsport an, aber SPORT1, ein deutscher privater Fernsehsender und Internetportal der Constantin Medien AG, Ismaning (4,3 Mio € Verlust in 2018) hatte so eine moderne Art von „Zirkusveranstaltung“ deklariert. (s. Pressemitteilung im „Anhang“) Diese Veranstaltung war dann auch dem Verpächter des Nürburgrings wichtiger als die VLN, die man eben „sicher im Griff zu haben glaubt“. - Das bezieht sich auf die „handelnden Personen“ der Serien-Veranstalter.

Die hatten zwischen Training und Rennen von VLN 4 u.a. ein „Fanclub-Corso rund um die Nordschleife“ für VLN-Fanclub-Mitglieder vorgesehen und dazu eingeladen. Dieses Corso findet in jeder Saison an einem der neun VLN-Läufe statt. In diesem Jahr sollte der nun an VLN 4 stattfinden.
Hier einmal die Vorzüge, die man als VLN-Fanclubmitglied mit Gold-Mitgliedschaft genießen kann, von der VLN-Internetseite kopiert:


„Drei Varianten der Mitgliedschaft stehen zur Wahl und jedes individuelle Paket zeichnet sich durch ganz besondere Vorzüge aus. So umfasst die Gold-Mitgliedschaft im Fanclub der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring ein Jahresticket inkl. Parkschein für alle unbeschrankten Parkplätze rund um die Strecke und einen persönlichen Mitgliedsausweis mit Foto, mit dem Sie vor Ort kostenlos die aktuelle Ausgabe der VLN Racing News erhalten. Abgerundet wird das Angebot zum jährlichen Beitrag von 169 Euro durch ein spezielles Fanclub-Paket aus der aktuellen Merchandising-Kollektion. Doch dies ist noch lange nicht alles. Fanclub-Mitglieder erhalten zudem die Möglichkeit, kostenlos an einem Fanclub-Corso rund um die Nordschleife in der Pause zwischen Training und Rennen teilzunehmen.“


In diesem Jahr waren so zwischen 70 und 80 Mitglieder mit ihren Automobilen angereist. Sie versammelten sich auf Parkplatz 10, gegenüber der Tribüne 13, nahe der alten Nordschleifenzufahrt. Ab 8:30 Uhr wurden dort die Anmeldungen ausgefüllt, mussten Enthaftungserklärungen unterschrieben werden. Trotz allem „Papierkram“ war die Vorfreude groß. - Bis ungefähr 10:30 Uhr, als dann den wartenden „Gold-Mitgliedern“ verkündet wurde: Leider kann der Corso nicht durchgeführt werden. - Die wartenden Teilnehmer wurden so zu „Blattgold“-Teilnehmern, bei denen das Gold schon ein wenig abgeblättert war. - Alle Teilnehmer sollen verärgert gewesen sein.

Darauf konnte der Veranstalter keine Rücksicht nehmen, weil der Verpächter auch keine Rücksicht auf ihn nahm. Aber man musste – aus anderen Gründen – dann wieder Rücksicht auf das „Kampagnenjahr“ einer Tuningfirma nehmen, die sich für eine Demonstrationsrunde vor dem Führungsfahrzeug eingekauft hatte. Ein BMW i8-Coupé, als Polizeifahrzeug „verkleidet“ sollte den Zuschauern Freude an „TUNE IT! - SAFE!“ vermitteln und – „veredelt die VLN“, wie auf der VLN-Internetseite zu lesen war.

Doch der „Edel-Renner“ von BMW verendete dann auf seiner Demo-Runde und wurde vom Vertrags-Abschleppdienst des Veranstalters mit einer Plane abgedeckt während des Rennens (!!!) von der Strecke gefahren. - Dabei hatte die VLN-Organisation vorher vermeldet:

 

„Bereits von Haus aus ist der BMW i8 ein absoluter Hingucker.“
 

Für Motor-KRITIK war das Umfeld von VLN 4 ein einzige Hingucker! - Diese Veranstaltung war so eigentlich ein Vorgeschmack auf die Zukunft der VLN. Dass das Rennergebnis dann auch noch mit „Vorläufig“ vermeldet wurde – und noch ist - rundet den Eindruck von dieser VLN-Veranstaltung nicht gerade positiv ab.

Motor-KRITIK-Leser werden verstehen, dass hier nicht eine heute als „normal“ empfundene Rennberichterstattung nach dem Motto „Alles ist toll und geil“ erfolgte. Ich möchte diese Schilderungen von Ereignissen rund um VLN 4 auch nicht mit einem solchen Teil erweitern, sie ist bereits in anderen Medien erfolgt.

Wie das Rennen schließlich endete, wird man in einigen Tagen nach Verkündung des endgültigen Rennergebnisses erfahren können.

MK/Wilhelm Hahne
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