24h exklusiv: Der „Gehenkte“ bezahlt den „Henker“!

„Das Team Manthey Racing mit der Startnummer #911 ist beim ADAC Total 24h-Rennen nachträglich aus der Wertung genommen worden. Am Porsche 911 GT3 R des im Gesamtergebnis zweitplatzierten Teams wurden bei der routinemäßigen Nachuntersuchung im Anschluss an das Rennen Unregelmäßigkeiten bei der Motorleistung festgestellt. Die in der BoP für die Überprüfung auf einem Rollenprüfstand festgeschriebenen 494 PS (inklusive vier Prozent Toleranz) wurden überschritten. Auch eine erneute Überprüfung, die von den Sportkommissaren im Rahmen einer Verhandlung auf Wunsch des Teams mit einer veränderten Messmethode angesetzt worden war, ergab nicht die in der BoP vorgeschriebenen Werte. Daraufhin wurde das Team Manthey Racing von den Sportkommissaren im schriftlichen Verfahren disqualifiziert. Der Veranstalter wurde angewiesen, ein neues Ergebnis unter Ausschluss des Teams zu erstellen.“

24h exklusiv: Der „Gehenkte“ bezahlt den „Henker“!

Das oben war der wichtigste Teil der offiziellen Pressemitteilung – 14 Tage, nachdem es am Nürburgring die Siegerehrung zum 24h-Rennen gegeben hatte! Ein „Total“ wichtiges Rennen, bei dem immer wieder – schon seit Jahren – von bestimmten Herstellern nach Herzenslust „gepfuscht“ wird. Man gibt sich deshalb große Mühe, dieses 24h-Rennen auf der Nordschleife des Nürburgrings „nach Art des Hauses“ zu gewinnen, weil dieser Sieg „draußen“ etwas zählt. Er macht Eindruck, er verbessert das Image.

In diesem Jahr hatte Porsche den Gesamtsieg um Haaresbreite verfehlt, wurde von Audi geschlagen. Auffallend für mich war, dass der „durch Pech“ (5:32 min Strafe wegen krasser Geschwindigkeitsüberschreitung unter doppelt geschwenkten gelben Flaggen) mit der #911 geschmückte Werks-Porsche direkt nach der Zieldurchfahrt nicht etwa zu dem für ihn reservierten Platz unter dem Siegerehrungspodest fuhr, sondern als einer von Vielen unter den anderen Mitstreitern aller Klassen – sozusagen klassenlos – im allgemeinen „Parc fermé“ verschwand.

Aber auch den Sportkommissaren ist das aufgefallen. So eilten gleich zwei davon zum als Gesamt-Zweiten (mit Rundenrückstand) gewerteten Porsche und bugsierten ihn – ein Sportkommissar auf dem Beifahrersitz – auf den für ihn an Start und Ziel vorgesehenen „Ehrenplatz“.

Das Publikum hatte mit dem „nur Zweiten“ Mitgefühl. Auf „facebook“ war u.a. zu lesen:

„Herzlichen Glückwunsch! Ihr seid für mich die Sieger! Man kann nur hoffen, dass die traurige Tatsache, trotz der besten Performance nur zweiter zu werden, zumindest für die Zukunft die Diskussion zu übertreibenden Bestrafungen anfeuert. Die F1 ist ja schon auf dem besten Weg, alles falsch zu machen, diesem Beispiel sollte man nicht folgen.“

Ich dagegen hatte im Fernsehen Martin Raeder mit einem überlegenen Lächeln gesehen, während sein Bruder Nicolas eher skeptisch drein blickte. - Nach anderen Beobachtungen war ich dann auch nicht überrascht, als 14 Tagen nach Verkündung der „Ersten Drei“ im Gesamtklassement eine Korrektur erfolgte, die alle, die das Rennen in Wertung beendeten, um einen Platz (ab Platz drei) nach vorne rücken ließ. Und es gab eine Presse-Erklärung des mit durch Disqualifikation bestraften Manthey-Teams, die so einfältig war, dass sie von Vielen als „genial“ empfunden wurde. - Unter anderem war da zu lesen:

"Der Motor unseres überprüften Fahrzeuges mit der Startnummer 911 entsprach in allen Eckpunkten der Homologation. Lediglich der vom ADAC-Technikausschuss berechnete Leistungswert passte nicht zu der uns vorgeschriebenen und auch verwendeten Restriktorgröße von 2 x 34,6 Millimeter Durchmesser."

Alles lief in der Darstellung auf einen „Rechenfehler“ des „BoP“-Teams hinaus, wenn in der offiziellen Information des Manthey-Teams weiter zu lesen war:

„Lediglich der vom ADAC-Technikausschuss berechnete Leistungswert passte nicht zu der uns vorgeschriebenen und auch verwendeten Restriktorgröße von 2 x 34,6 Millimeter Durchmesser. Wir müssen uns vorwerfen, diesen vom Veranstalter errechneten Wert weder auf dem Leistungsprüfstand in Weissach, noch auf unserem Rollenprüfstand in Meuspath auf Plausibilität überprüft zu haben. Wir akzeptieren das Urteil und verzichten auf eine Berufung.“

Das mit dem „Rechenfehler“ ging so weit, dass einer meiner Gesprächspartner zu dem Thema – natürlich scherzhaft – meinte, dass der zum 24h-Rennen vom ADAC Nordrhein (als Veranstalter) verpflichtete amerikanische „BoP-Ober-Guru“ wohl mit zoll- und metrischem System etwas durcheinander gekommen wäre.

Martin Raeder, einer der neuen Mitbesitzer von Manthey-Racing hat einem meiner Kollegen in einer ausführlichen Erklärung, die als „PITWALK“-Podcast seit dem 11. Juli im Internet zu finden ist, eine Menge erklärt. Nur nicht, wie die #911 auf geheimnisvolle Weise zu 7 – 9 Prozent Mehr-PS gekommen ist.

Ich habe mit keinem der Herren gesprochen. Auch nicht mit dem für den Porsche 911 verantwortlichen Baureihenverantwortlichen, Dr. Frank-Steffen Walliser. Der berichtet direkt an den Porsche-Vorstandsvorsitzenden, war auch beim 24h-Rennen vor Ort und wird nun intern genug Probleme haben. - Warum also noch mit mir?

Ich finde schon die Situation einmalig, dass Hersteller – zu denen auch Porsche gehört – die Kosten für die „BoP-Truppe“ unter ihrem amerikanischen Oberhäuptling, der jeweils zu gemeinsamen Meetings praktisch auf deren Kosten eingeflogen wird, nun einen dieser Zahlenden aus dem Gesamtklassement heraus kegelt. - Volltreffer!

Das ist so – wie ich es auch im Titel vergleichend beschrieben habe:

  • Der Gehenkte bezahlt seinen Henker selber!

Man kann das in der offiziellen Ausschreibung zum 24h-Rennen nachlesen. Auf Seite 126 ist zu lesen:

„Art. 4 GT3 Hersteller Einschreibegebühr BoP Prozess
Seit dem Jahr 2018 gibt es eine GT3 Hersteller Einschreibegebühr zur anteiligen Kostendeckung des BoP Prozesses sowie der damit verbundenen Maßnahmen.
Die Hersteller sind in zwei Gruppen unterteilt: Kategorie A und Kategorie B.
Kategorie A: Audi, Bentley, BMW, Ferrari, Mercedes und Porsche.
Kategorie B: alle anderen GT3 Hersteller
Die Höhe der Hersteller Einschreibegebühr ist in einer separaten Gebührenordnung definiert und festgehalten.
Die Gebühren werden den Herstellern im Februar 2019 entsprechend in Rechnung gestellt.“

Porsche gehört also zur Kategorie A, zahlt einen höheren Beitrag für die „Gleichmachung“(?) durch die „BoP“ (Balance of Performance) als die der Kategorie B. Da nahm dieses Mal Porsche auch für sich in Anspruch, dass man sich entsprechend der Einstufung – nämlich „Kategorie A“ - verhalten kann. Und das bedeutet, dass man nicht nur mehr zahlt, sondern sich auch „A-Klasse-mäßig“ verhält: Nämlich besonders clever!

Wenn man weiß, auf welchen Grundlagen die jeweiligen „BoP“-Einstufungen erfolgen, kann man auch nachvollziehen, wie Porsche „getrickst“ hat.
Beim Rennen ist zumindest mir aufgefallen, dass die #911 geradezu spielerisch leicht Zeitverluste ausgleichen konnte. Hinzu kam der geradezu „verbissene“ Einsatz der Fahrer, der auch zur der erwähnten Zeitstrafe führte. Die Fahrer standen offensichtlich unter dem Druck, den Gesamtsieg herstellen zu müssen!

Da war dann – für mich – die Argumentation eines Martin Raeder geradezu belustigend. Man hatte doch die durch die „BoP“ vorgeschriebenen Restriktoren der Größe von 2 x 34,6 Millimeter Durchmesser verwendet. Dumme Frage vor mir:

  • Welchen „Prüfstandsmotor“ hat man dem „BoP“-Spezialisten vorgesetzt, der aufgrund der sich so darstellender PS-Daten zur oben genannten Berechnung der Restriktoren kam?

Im Wettbewerbsmotor kam es dann durch exakt diese Restriktoren zu einer Mehrleistung, die eigentlich den Gewinn des 24h-Rennens sicherstellen sollte.

Wie sagte doch meine Großmutter bei ähnlichen Fällen:

„Der liebe Gott straft alle bösen Kinder!“

Nun bin ich auf die Bestrafung des Manthey-Teams durch den DMSB gespannt. Es gibt da durchaus Beispiele. Davon sollte man nicht abweichen!

Oder doch? - Weil Porsche zur Kategorie A der Hersteller gehört, die die Technik-Spezialisten, die die „BoP“ berechnen, mit der eine „Gleichheit“ hergestellt werden soll, mit einem nicht kleinen Beitrag zu den hohen Kosten mit bezahlt?

Man darf auf eine entsprechende DMSB-Verlautbarung und Bestrafung gespannt sein!

Unter den GT3-Startern beim gerade erfolgten 4. VLN-Lauf, dem ersten nach dem 24h-Rennen war „zufällig“ kein einziger SP9-Porsche! - Auch nicht die #911!

Du verstehen? - Alles prima! - Alles gut! - Und der DMSB ist noch güter?

MK/Wilhelm Hahne

Um Missverständnisse auszuschließen: Aus meiner Sicht ist die „BoP“ ein absoluter Schwachsinn! - Wer aber durch Zahlungen in dieses System den Wert für den Motorsport zu unterstreichen sucht, um dann trickreich die „Kollegen“ zu hintergehen, der sollte hart bestraft werden!

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