Markenzeichen „Fuzzy“: Günther Richter ist tot!

Für mich war er jemand, den man nicht nach seinem Alter beurteilte, sondern nach seiner Erfahrung. „Fuzzy“ hatte für mich immer viel Erfahrung. Ich habe ihn Anfang der 70er Jahre kennen gelernt, als er als junger Rennmechaniker bei Ford in Köln arbeitete. Zusammen mit seinem Kollegen Günther Warthofer (später bei BMW) haben wir uns schon mal in der Mittagszeit getroffen, weil „Fuzzy“ mit einem Kollegen, der auch von der Mosel kam, befreundet war. Und der saß mir – Schreibtisch an Schreibtisch – gegenüber.

Wir hatten schnell Kontakt, der eigentlich über die Jahre immer enger wurde, weil wir immer wieder – gerade auf dem Gebiet des Motorsports – automatisch in Kontakt kamen. Ich habe so nicht nur das Entstehen des Capri Turbo miterlebt, weil ich – neben „Fuzzy“ – auch zu Thomas Ammerschläger Kontakt hatte.

„Fuzzy“ war von seiner Einstellung her nicht das, was man heute als „Teamplayer“ bezeichnet. Er war eigentlich ein Rennmonteur, der erst dann richtig mit all seinem Können zur Geltung kam, wenn er als Solist arbeitete. Das hat seine Arbeit in so manchem Rennteam etwas erschwert. Denn aus der Sicht der meisten seiner „Chefs“, war „Fuzzy“ schwierig. „Fuzzy“ war kein Teilewechsler, sondern jemand, der aus seiner Erfahrung heraus Dinge umsetzte, die nicht unbedingt von seinem Umfeld verstanden wurden.

Das Ergebnis hat ihm aber immer recht gegeben! - „Fuzzy“ hat in vielen Teams, mit vielen Rennfahrern - praktisch „in aller Welt unterwegs“ - zusammen gearbeitet. „Fuzzy“ war eine Rennmechaniker-Persönlichkeit. Er war niemals so richtig „der Diener seiner Herren“.

Man musste es als Auszeichnung empfinden, wenn man von „Fuzzy“ ernst genommen wurde. Dann konnte man mit ihm auch über alles reden. Über technische Details, den Schwindel im Motorsport, über Fahrer und ihre Macken. Wir waren uns eigentlich immer darüber einig, dass wir alle „Macken haben“. „Fuzzy“ war darum auch tolerant. Aber seine Toleranz ging nicht so weit, dass er sich in seine Arbeit hinein reden ließ.
So haben „Chefs“ schon erleben müssen, dass „Fuzzy“ gerade noch da, Minuten später den Spruch eines Comedian umsetzte:

„Ich bin dann mal weg!“

Nicht nur darum ist die Liste der Teams und der Rennfahrer sehr lang, für die er gearbeitet hat. „Fuzzy“ war einer jener seltenen Genies als Rennmechaniker, der noch in Zusammenhängen denken konnte. Darum konnten ihn einige auch nicht verstehen, weil sie seinen – unausgesprochenen – Gedanken nicht folgen konnten.

„Fuzzy“ hatte zuletzt einige gesundheitliche Probleme. Da war das geringste der „Graue Star“. Auf dem Weg zu einer Untersuchung nach der Operation hat er mich noch zu Hause besucht. Doch dann musste ihm das rechte Bein weg operiert werden. - Von da an ging’s bergab! - Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich das nicht so richtig mitbekommen habe. - Er hat auch wohl nicht gewollt, dass er bemitleidet wurde.

So ist „Fuzzy“ dann jetzt im Alter von 75 Jahren – schon ein wenig einsam - in einem Altenheim in Bad Breisig gestorben.

„Fuzzy“ ist in den Jahrzehnten, in denen wir immer wieder zusammen getroffen sind, zu jemandem geworden, den ich schließlich in seiner Art nicht nur verstanden, sondern auch akzeptiert habe. Wir haben uns bei unseren Treffen nicht nur über Renntechnik, sondern auch über Menschen und nationale Eigenheiten ausgetauscht. „Fuzzy“ war z.B. ein Intimkenner der japanischen Mentalität. Schließlich war auch lange „drüben“.

Wir konnten unsere Meinung über Hongkong genauso austauschen, wie unsere Meinung über irgendeinen „großen“ Sportfunktionär oder Sportchefs der Firmen.

Ich habe „Fuzzy“ vor rd. 50 Jahren kennen gelernt und von unserer Bekanntschaft über all die vielen Jahre profitiert. Weil er sich ehrlich (!) mit mir ausgetauscht hat. Und er hat mich auch daran erinnert, dass wir alle nicht jünger geworden sind, wenn er mir vor einiger Zeit von einem „Treffen der Ehemaligen“ erzählte, die „damals“, Anfang der 70er, in der Ford-Rennabteilung tätig waren: Es lebten davon nur noch wenige.

Nun ist diese Zahl noch kleiner geworden. Danke „Fuzzy“, dass es dich gegeben hat. Jetzt wo du fehlst, werden manche erst begreifen, was sie an dir gehabt haben!

Ruhe in Frieden!

Wilhelm

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