Gespeichert von wh am
GT3-Versionen sind heute bei allen bedeutenden Automobilherstellern im Verkaufsprogramm. Sie sollten eigentlich mal die für den sportlichen Einsatz weiter entwickelten Serienmodelle sein. Natürlich mit einem Serienmotor als Basis. Also hat man den Serien-Motoren in den Serienmodellen schon um 500 PS mitgegeben, damit man später mit einem entsprechend ausgestatteten GT3 auf der Rennstrecke gegenüber der Konkurrenz keinen Nachteil hat. Porsche war eigentlich der erste Hersteller, der so mit dem Motorsport auf seine Art Geld verdiente. Dann kamen andere Firmen auch auf die Idee. Und die Grundidee wurde „verbessert“ und dadurch, dass die für die Homologation verantwortlichen „Sportbehörden“ nicht regulierend eingriffen, sondern – der Entwicklung des Motorsports wegen (!) - den Herstellerwünschen nachgaben, wurden Grenzen verschoben. Ein „moderner“ GT3 hat – abgesehen von seiner Außenhaut, den Konturen, nur noch wenig mit dem Ausgangsprodukt, der Serienversion, gemeinsam. Weil man mit Eingriffen – durch die Maßnahme „BoP“ = Balance of Performance – die Motorleistung aller GT3 auf ein Niveau zu bringen versuchte, hat die Industrie zunächst in Richtung Aerodynamik einen Ausweg gesucht, um jeweils besser zu sein als die Konkurrenz. Und die FIA hat homologiert. Alles exakt auf um 130 Seiten dokumentiert: Der geschlossene Unterboden (den es beim Serienmodell nicht gibt), evtl. einen doppelten Heckflügel, die Frontspoiler, und, und, und. - Schließlich hat man die GT3-Versionen noch mit reinrassigen Rennfahrwerken ausgestattet. - Alles homologiert! - Und nun sollen die Motorsportabteilungen dieser Werke Siege herausfahren, weil die für den Verkauf wichtig sind. Da wird dann auch Druck aufgebaut, denn man weiß:
Siege = verkaufsfördernde Maßnahme!
Inzwischen ist die Motorsport-Welt eigentlich schon ausreichend mit GT3-Einsatzfahrzeugen versorgt. Derzeit müssten so um 1.200 GT3-Fahrzeuge weltweit im Einsatz sein. Aber die einzelnen Werke haben alle – auch in dieser Saison – jeder für sich noch größere Produktions-Stückzahlen geplant. Siege mit den GT3-Versionen bereiten auch den Boden für den Verkauf der Serien-Versionen. - Denkt man – und handelt entsprechend.
Porsche hatte es da einmal sehr einfach. Schon weil man praktisch konkurrenzlos war. Aber dann kam Audi, BMW rückte mit GT3-Versionen aus und Mercedes versucht aktuell mit dem neuen Mercedes-AMG GT dem Porsche 911 „ans Bein zu pinkeln“. Toyota wird in nächsten Jahr – 2017 – mit einer neuen Version – einem neuen Modell - hinzu kommen. Und Bentley konstruiert und fertigt eine GT3-Version, die dann „so‘ne Art“ Serienversion sein soll.
- Die GT3-Serie entwickelt sich zu einer Farce!
Da wird dann das Siegen schwerer. Aber Marketing und Vertrieb der Firmen gehen einfach davon aus, dass ihr jeweiliges Produkt das Beste ist. Also muss die jeweilige Motorsportabteilung damit auch Siege einfahren. - Man steht also unter Erfolgsdruck.
Natürlich kann man Misserfolge auf die Fahrer abschieben, weshalb sich deren Verhalten unter dem herrschenden Druck auch verändert hat, da Siege erwartet und zweite Plätze gerade noch akzeptiert werden. Die VLN-Teilnehmer können das sicherlich bestätigen: GT3-Werksfahrer sind mehr und mehr rücksichtslos geworden. - Dazu einer der „angeklagten“ Werksfahrer:
„Dritte Plätze kann ich mir nicht leisten. Da fahre ich lieber einen Totalschaden. - Der wird akzeptiert!“
Das war die Situation vor dem 24-Stunden-Rennen am Nürburgring, wo dann erstmals AMG-Mercedes sozusagen „die große Keule schwang“ und via Privatteams dann praktisch gleich sechs „Werkswagen“ einsetzte. Wir bei Motor-KRITIK haben diese Aktion offensichtlich richtig eingeschätzt. (AMG-Rezept: Mehr Geld – mehr Erfolg!)
Diese Aktion fand nun beim 24-Stunden-Rennen in belgischen Spa-Francorchamps ihre Fortsetzung. Was am Nürburgring funktioniert hatte (aber in anderer Version), führte in Spa zu einer Demaskierung:
- Allen sechs dort startenden Mercedes-AMG GT3 wurden nach der Super-Pole die erzielten Zeiten für die Startaufstellung gestrichen und die sechs Fahrzeuge zusätzlich mit je 5 Strafminuten zusätzlichem Boxenstop während der ersten 30 Minuten des Rennens bestraft.
Allerdings fiel diese Strafe dadurch in der Praxis milder aus, da sie zufällig in eine „Gelbphase“ des Rennes fiel und so eigentlich halbiert wurde.
Der Grund für die harte Bestrafung: Nachdem alle sechs Mercedes-AMG in der Super-Pole die ersten sechs Plätze eingenommen hatten, waren die Technischen Kommissare in Spa misstrauisch geworden und hatten eine Überprüfung der Fahrzeuge im Hinblick auf eine Übereinstimmung mit den Festschreibungen im Homologationsblatt angeordnet und – sie waren fündig geworden:
- Der festgestellte maximale Zündzeitpunkt stimmte nicht mit dem überein, der im Homologationsblatt festgeschrieben war.
(Die Argumentation der Technischen Kommissare finden Motor-KRITIK-Leser im Anhang auf den dort abgelegten Kopien der Originale als pdf-Datei.)
In der Argumentation einiger Journalisten-Kollegen wird die Situation so geschildert, als wenn sie umstritten und diskussionswürdig gewesen sei und wäre. - Motor-KRITIK sagt: Sie war eindeutig und richtig!
Da in diesem Zusammenhang dann von „nicht definierten Toleranzen“ im Homologationsblatt die Rede ist, möchten wir hier klarstellen, dass es die durchaus geben kann – und so lange keine Beachtung finden – wie diese „Toleranzen“ die Zündung in Richtung „spät“ verändern.
Wenn aber – nur so als Beispiel – im Homologationsblatt ein maximaler Zündzeitpunkt von 24° vor OT bei 6.000 U/min festgeschrieben ist, dann darf der nicht in der Praxis z.B. 3° früher betragen. Ein "späterer" Zündzeitpunkt würde natürlich akzeptiert, weil der nicht leistungserhöhend wäre.
Es kann kein anderer „früherer“ Zündzeitpunkt akzeptiert werden, weil der im Homologationsblatt festgeschriebene unter definierten Bedingungen (25°, 990 mbar usw) gemessen wird. Da beim Rennen – wie bei den Messungen für die Homologationsdaten - Tankstellbenzin (100 ROZ) verwendet werden soll, kann auch nicht der Klopfsensor als Entschuldigung ins Spiel gebracht werden.
Und bei allen sechs Mercedes (nennen wir sie mal „Werkswagen") war der Zündzeitpunkt in der Praxis klar „früher“ fixiert als er im Homologationsblatt dokumentiert war. Dort ist selbstverständlich auch die Lambda-Kurve festgehalten, da z.B. die maximale Motorleistung nicht – wie oft zu hören – bei „Lambda 1“ erreicht wird, sondern zwischen Lambda 0,88 – 0,92.
Bei „Lambda 1“ findet allerdings die beste Verbrennung statt. - Aber das sind zweierlei Schuhe. - Im Motorsport zählt die maximale Leistung!
Bei Mercedes-AMG war man wohl nach dem Vierfach-Erfolg am Nürburgring ein wenig leichtsinnig geworden, wo man auch wohl - hier ungestraft (!) ein paar PS mehr auf die Straße gebracht hatte, als das Homologationsblatt und die dafür gemachten Leistungsmessungen aussagen. Und man war auch in Belgien darauf aus, sozusagen „mit allen Mitteln“ einen Gesamtsieg für Mercedes-AMG zu erringen.
Weil das die passende Art der Verkaufsunterstützung nicht nur für die GT3-Version, sondern auch für die Serien-Version sein sollte, mit der man gerne gegen Porsche mobil machen möchte.
Das war in diesem Fall so effektvoll wie die „Spezial-Software“ beim EA 189 bei VW. Man muss sich gefallen lassen – wie bei „MOTORSPORT TOTAL.COM geschehen – sich des „vorsätzlichen Betrugs“ beschuldigen zu lassen.
Das ist weder „sportlich“ noch für einen Interessenten ein Argument, einen Mercedes-AMG zu kaufen. Dabei hätte ein protestsicherer Mercedes-AMG GT3 beim 24-Stunden-Rennen in Spa sicherlich auch einen guten Eindruck hinterlassen. Von seiner ganzen Anlage her ist dieser Mercedes-AMG GT3 eigentlich ein „Winner-Typ“.
So aber ist die Firma ein Verlierer! - Auch an Sympathie! - Denn die Sachlage war – und ist – klar!
In diesem Licht wirkt dann sogar der Nürburgring-Erfolg ein wenig unecht. - Woraus man insgesamt lernen sollte:
- Betrüger sind immer Verlierer!