Nürburgring-Insolvenz: Aus den Augen, aus dem Sinn?

Wer redet heute noch darüber, dass „damals“ - es war im Jahre 2012 – die SPD-geführte Landesregierung von Rheinland-Pfalz die landeseigene Nürburgring GmbH in den Konkurs geschickt hat. Um es exakt zu formulieren: Man hat die Form einer Insolvenz in Eigenverwaltung gewählt, weil man das als die eleganteste Art eines Ausstiegs empfunden hat. - Das heißt: Diese Form wurde den Herren Kurt Beck, damals amtierender Regierungspräsident und den durch Kurt Beck 2011 zum Minister im Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur beförderten Roger Lewentz durch einen als Berater verpflichteten Rechtsanwalt empfohlen. Doch die Herren waren eigentlich davon nicht gerade erbaut, gegenüber der Öffentlichkeit auf diese Art das Unvermögen einer Landesregierung öffentlich zu machen, so dass dieser Rechtsanwalt praktisch einen ganzen Arbeitstag benötigte, die Herren davon zu überzeugen, dass diese Lösung eigentlich noch die eleganteste und beste wäre, wenn man „die Zügel in der Hand behalten wolle“. - So kam es dann zu einer dieser Empfehlung entsprechenden Form der Insolvenz – der in Eigenverwaltung – die auch so durch das zuständige Insolvenzgericht Ahrweiler, das damals unter der Leitung des Direktors Jürgen Powolny stand, angenommen wurde. Der ist inzwischen in den Ruhestand gegangen, die Insolvenz ist aber auch nach fast 8 Jahren immer noch nicht abgeschlossen. Gläubiger kämpfen immer noch um ihr Geld, das ihnen durch den damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck auch praktisch versprochen wurde. Aber auch dieses Versprechen wurde von der rheinland-pfälzischen Landesregierung – nachdem Kurt Beck „krankheitshalber“ ausgeschieden war -  nicht gehalten. - Über die Jahre hat die Öffentlichkeit die Übersicht über die damals eingeleitete Entwicklung verloren. - Motor-KRITIK empfindet es als richtig – und wichtig -  noch einmal daran zu erinnern, welch riesiger Schaden dem Steuerzahler durch das unverantwortliche Handeln einer Landesregierung zugefügt wurde, die von der jetzt das Leben im Land bestimmenden „neuen Generation“ schon gar nicht mehr wahrgenommen wird. - Spielt die Landesregierung darum „auf Zeit“, um den Zeitpunkt des weitgehenden Vergessens zu erreichen?

Nürburgring-Insolvenz: Aus den Augen, aus dem Sinn?

Ich habe „damals“ - es war 2010 – nicht nur ein Buch veröffentlicht, das den Titel trägt „Skandal“ -  ‚Nürburgring 2009‘ - Affäre?“ - sondern auch hier in Motor-KRITIK in der Folge  immer mal wieder Geschichten veröffentlicht, die sich mit aktuellen Geschehnissen im Nachgang zu dieser Pleite einer landeseigenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschäftigten.

Nachdem weder vom 2012 eingesetzten Insolvenzverwalter, noch vom damals eingesetzten Gläubigerausschuss aktuell nichts mehr zu hören ist, schien es mir an der Zeit, sich mal wieder mit diesem Thema zu beschäftigen.

In der „Wirtschaftswoche“ wurde „damals“ die aktuelle Situation so geschildert:

„Das Land Rheinland-Pfalz ist mit 90 Prozent Haupteigentümer der Nürburgring GmbH, zehn Prozent hält der Landkreis Ahrweiler. Im Sommer 2012 hatte die Nürburgring GmbH Insolvenz angemeldet, weil sich ein für 330 Millionen Euro in die Eifel betoniertes Freizeit- und Businesszentrum nicht rechnete. Die Spaßbauten ließ die rheinland-pfälzische Landesregierung unter Kurt Beck (SPD) bis 2009 errichten, darunter sind ein Freizeitpark mit Achterbahn, Veranstaltungshallen, der Shopping-Mall „Ring Boulevard“ sowie Hotels, Restaurants, Disco und ein Ferienhaus-Dorf. Kernbereich des Nürburgring-Komplexes sind zwei Rennstrecken, die legendäre, gut 20 Kilometer lange Nordschleife und der 1984 eingeweihte, kürzere Grand-Prix-Kurs, auf dem unter anderem die Formel-1-Rennen stattfinden.“

Die durch mich in den Jahren davor immer wieder veröffentlichten Schilderungen von einem eigentlich unverständlichen Handeln einer Landesregierung, hatte u.a. auch mal im Jahre 2009 zu einer Hausdurchsuchung bei mir – bei Motor-KRITIK – geführt, was eindeutig einem Verstoß gegen §5 des Grundgesetzes entsprach und auch zu heftigen Reaktionen in der Öffentlichkeit führte.  In der „Frankfurter Rundschau“ konnte man z.B. zu „meinem Fall“ lesen:

„Hahnes Rechtsanwalt Dierlamm will sich nicht weiter äußern, hat aber zuvor in einem Gespräch mit der FR eingeräumt, dass ‚dem im Grundgesetz verankerten Schutz der Pressefreiheit und dem besonderen Status, den Journalisten dabei genießen, wohl nicht der Rang eingeräumt wurde, der ihnen gebührt.‘ Der Wiesbadener Jurist kündigte im äußersten Fall den Gang bis vors Bundesverfassungsgericht an. Verbrochen hat Freigeist Hahne, was das tägliche Brot von Pressemenschen sein sollte. Er hat über die dubiose Finanzierung des eine Viertelmilliarde Euro teuren neuen Freizeit- und Geschäftszentrums am Nürburgring auf seiner Internetseite "Motor-Kritik" berichtet. Dabei griff er auch auf Material zurück, das ihm anonym zugespielt wurde.

Hahne beschrieb unter anderem, wie 95 Millionen Euro zum Nachweis der Bonität der Nürburgring GmbH auf einem Konto einer liechtensteinischen Bank in der Schweiz landeten. Schon früh sah Hahne ein finanzielles Desaster heraufziehen. "Schon vor einem Jahr habe ich Finanzminister Ingo Deubel wegen des dubiosen Versuchs, das gigantische Projekt über zweifelhafte Quellen privat zu finanzieren, zum Rücktritt aufgefordert."

Einen Tag vor der pompösen Eröffnung des als Zukunftsprojekt für die strukturschwache Eifel deklarierten Disney-Lands am 9. Juli, war es dann so weit. SPD-Politiker Deubel warf das Handtuch, weil das Finanz-Kartenhaus zusammengebrochen war. Die Rheinland-Pfälzer werden wohl die rund 200 Millionen Euro aus eigener Tasche bezahlen müssen.“

Viele der Journalisten, die sich „damals“ sachkundig des Themas „Nürburgring 2009“ annahmen, sind heute in Rente oder in anderer Funktion bei anderen Blättern tätig. So gibt es heute – auch dank der heute gerne verwendeten KI – keine Berichterstattung mehr über ein Thema, das auch aus der Sicht moderner Chefredakteure „längst abgefrühstückt ist“.

Motor-KRITIK möchte hier aber gerne noch einmal erinnern:

  • Dass die durchschnittliche Abwicklung einer Insolvenz eigentlich 4 Jahre beträgt!
  • Dass auch die Landesregierung von RLP in Beantwortung einer „Kleinen Anfrage“ (17/1448)  am 18. November 2016 kund tat, dass mit der Abwicklung der Insolvenz (in Eigenverwaltung) der Nürburgring GmbH bis zum Jahresende zu rechnen sei. (Staatssekretär Randolf Stich: „Die Insolvenz der NBG soll voraussichtlich bis Ende 2016 abgeschlossen sein.“)

Ist nun danach in der Sache wirklich nichts mehr passiert? - Es sind auch für einen Intimkenner der Szene kaum Spuren auszumachen. Überall Hinhalte-Parolen. Der Insolvenz-Sachwalter muss – so ist zu hören - noch einige Prozesse gegen Baufirmen abschließen, bevor man… - Oder so ähnlich!

Doch dann stoße ich darauf, dass 2017 – fünf Jahre nach Eröffnung der Insolvenz – doch eine kleine Bewegung festzustellen ist, die darauf hinaus läuft, dass nun über eine Treuhand GmbH für einen in Insolvenz befindlichen Teil der Nürburgring GmbH unter neuer Firmierung neue Verluste ausgewiesen werden. - Das geht dann so:

Mit Beschluss vom 24. Juli 2012 hatte das Insolvenzgericht Ahrweiler die Insolvenz in Eigenverwaltung der Nürburgring GmbH und Ihrer Beteiligungen angeordnet , unter dem Aktenzeichen 6 IN 91/12 registriert und auch den Insolvenz-Sachwalter bestimmt.
Laut Gutachten dieses Insolvenz-Sachwalters betraf diese Insolvenz der landeseigenen GmbH auch folgende Beteiligungen:

  • ring°werk Nürburgring GmbH 100 %
  • Motorsport-Akademie Nürburgring Verwaltungs-GmbH 100%
  • Motorsport Akademie Nürburgring GmbH & Co. KG 100%
  • Motorsport Resort Nürburgring GmbH 93,3 %
  • mit einer Beteiligung von 100% an der Congress- und Motorsport-Hotel Nürburgring GmbH
  • und einer Beteiligung von 41 % am Fahrsicherheitszentrum am Nürburgring GmbH & Co. KG,
  • auch einer 41%-Beteiligung an der Fahrsicherheitszentrum am Nürburgring Verwaltungs GmbH.
  • An der Veranstaltergemeinschaft Langstreckenmeisterschaft Nürburgring GbR war  die insolvente landeseigene Gesellschaft mit 9,1% beteiligt.
  • Cash Settlement & Ticketing GmbH-Beteiligung 50 %

Interessant, dass an der Motorsport Resort Nürburgring GmbH mit den an 100 Prozent fehlenden 6,7 Prozent, die RIM Rheinland-Pfälzische Gesellschaft für Immobilien und Projektmanagement in Mainz beteiligt war.

Diese Motorsport Resort Nürburgring GmbH mit der HRB-Nr. 22327 wird dann in den Unterlagen des Insolvenzgerichts Ahrweiler am 31. Januar 2017 noch einmal auffällig, weil zu diesem Termin der Gläubigerausschuss noch einmal zu einer Prüfung von nachträglich angemeldeter und der Änderung bereits angemeldeter Forderungen eingeladen wird. - Immerhin gut vier Jahre nach Eintritt in die Insolvenz!

  • Über das Ergebnis dieser Prüfung wurde nichts in der Öffentlichkeit bekannt.

Bei dieser Gelegenheit ist mir aufgefallen, dass aus dieser Motorsport Resort Nürburgring GmbH schon am 28. Januar 2015 – also lange nach Insolvenz-Eintritt und Verkauf (!) - dann die

  • XonNew Betriebsgesellschaft, Nürburg (unter gleicher HRB-Nummer) geworden ist.

Die hat weiter bilanziert. Ich habe von 2013 – also nach eingetretener Insolvenz – bis zum Ende des Bilanzjahres 2018

  • insgesamt einen bilanzierten Verlust von mehr als 100 Millionen Euro feststellen können!

Davon alleine mehr als 82 Millionen Euro in dem Jahr, in dem die Nürburgring GmbH an eine Düsseldorfer Firma verkauft wurde, die dann die vereinbarten Raten zum vereinbarten Termin nicht zahlen konnte.

Was in diesem Zusammenhang dann noch so alles Unerklärliche passierte, darauf soll bei anderer Gelegenheit – später – noch einmal hingewiesen und erinnert werden.

Diese „neue“ Firma XonNew steht inzwischen unter der Aufsicht der Prof. Schmidt Treuhand GmbH, Trier (HRB 43027), am 28. Januar 2015 ins Handelsregister eingetragen, die von Herrn Prof. Dr. Dr. Thomas B. Schmidt geleitet wird, dessen Arbeit auch als Insolvenzgeschäftsführer für die Nürburgring GmbH monatlich mit einem fünfstelligen Gehalt aus der „Insolvenz-Masse“ (lt. Auskunft der Landesregierung) vergütet wird. - Anderswo findet man den Namen Thomas Benedikt Schmidt. - Ohne alle Titel.

  • Für mich ist das Ganze ziemlich unverständlich, aber wohl Realität.

Könnte es sein, dass diese Entwicklung dazu führen kann, dass irgendwann dann das Insolvenzverfahren nach § 207 InsO eingestellt wird, weil die vorhandenen Insolvenz-Masse allein nicht mehr ausreichen wird, um die Verfahrenskosten zu decken?

  • Wer ginge dann wohl als Gewinner aus diesem Insolvenzverfahren hervor?

Für mich ist die Entwicklung undurchsichtig und mysteriös, aber vielleicht gibt es auch eine ganz einfache Erklärung.

Da die Herren Insolvenz-Sachwalter, wie auch Insolvenz-Geschäftsführer schon seit vielen Jahren jeden Kontakt zu mir – bzw. Motor-KRITIK - ablehnen, wäre ich meinen Lesern dankbar, wenn sie mir evtl. aufzeigen könnten, wohin dieser von der Regierung des Landes Rheinland-Pfalz eingeschlagene Weg nach ihrer Meinung führen wird. (...in Eigenverwaltung!)

Es wäre schön, wenn ich noch vor der nächsten Landtagswahl – am 14. März 2021 - die Lösung des Insolvenz-Rätsels veröffentlichen könnte!

MK/Wilhelm Hahne
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