Gespeichert von wh am
Heute um 11:34 Uhr erhalte ich die Presse-Info von Mahle, in der zu lesen ist, was ich schon mit vier Worten im Titel beschreiben konnte. Nun kennt man eigentlich Mahle in der breiten Öffentlichkeit nur als Kolbenhersteller und Keihin ist vielleicht einer kleinen Gruppe von Technik-Interessierten – so auch mir – primär als Vergaserhersteller ein Begriff. - Einem erfahrenen Journalisten fällt dazu aber eine Menge ein. Jedenfalls mehr als der eigentlichen Meldung zu entnehmen ist. - Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Einmal mit der Wiedergabe der vorliegenden Presseinformation der Schnellste zu sein, was eigentlich heute – bei den aktuellen digitalen Möglichkeiten kein Kunststück ist – oder aber sich selbst – und damit auch die Leser noch einmal zu erinnern, wie bedeutungsvoll einmal Keihin als Vergaserhersteller war, welche Erinnerungen sich damit verbinden und welche Abläufe – bis heute weitgehend unbekannt – von Keihin „damals“ ausgehend, auch Entwicklungen in Deutschland ausgelöst haben, die aber niemals mit Presse-Informationen verbreitet wurden. Man musste schon – als wirklicher Fan – mit der Branche eng verbunden sein und über eine Menge Kontakte verfügen, wenn man überhaupt nur annähernd davon etwas mit bekommen wollte. - Was sich dann heute – auch in „Wikipedia“ – ganz anders liest. - Also veröffentliche ich mal hier zum Spaß die „nackte“ aktuelle Pressemeldung, die schon kurz darauf auch im Internet verbreitet wurde, aber den heute meistens jungen Lesern wenig sagen wird, aber auch den älteren Lesern nicht unbedingt das in Erinnerung rufen kann, was hier in Motor-KRITIK in der Folge zu lesen ist.
Mahle kauft Keihin Corporation: So und so erzählt!
Als ich die Pressemeldung von Mahle in Stuttgart lese, bin ich schon beeindruckt. Weil ich auch die Bedeutung von Keihin als Vergaser-Zulieferer für die Motorradindustrie in der Vergangenheit kenne. Keihin-Vergaser wurden sogar bei Harley, einem amerikanischen Motorradhersteller verbaut. - Weil es eigentlich nicht besseres gab. - Davon später mehr.
Hier zunächst die komplette Mahle-Presseinformation:
„MAHLE hat zum 1. Februar 2021 das Klimatisierungsgeschäft der früheren Keihin Corporation (heute Hitachi Astemo, Ltd.) in Japan, Thailand und den USA übernommen. Die Zustimmung durch die Kartellbehörden ist erfolgt. Vier Produktionsstandorte sowie ein Entwicklungszentrum werden nun in den MAHLE Konzern integriert. Mit dieser Akquisition stärkt MAHLE seine Position im Bereich der Klimatisierungssysteme. Diese zählen zu den strategischen Zukunftsfeldern des Konzerns.
„Mit dieser wichtigen Akquisition stärken wir unsere Präsenz und Kundenanbindung in Asien und Nordamerika in einem Geschäftsfeld, das sowohl bei konventionellen Antrieben, aber insbesondere mit Blick auf alternative Antriebe noch stärker an Bedeutung gewinnen wird. Gerade in diesem Bereich wollen wir künftig weiter wachsen“, sagt Dr. Jörg Stratmann, CEO und Vorsitzender der MAHLE Konzern-Geschäftsführung.
An den neuen Standorten sind insgesamt rund 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Entwickelt und hergestellt werden dort Klimageräte sowie Komponenten für deren Peripherie. Bei alternativen Antrieben sind die Anforderungen an die Effizienz und Performance des Klimasystems deutlich höher, da es zum Beispiel direkten Einfluss auf die Reichweite von E-Fahrzeugen und damit die Kundenakzeptanz hat.“
Beim Lesen dieser Meldung wurde mir erst klar, dass Keihin als Vergaserhersteller keine Zukunft mehr gehabt hatte, nachdem sich die Benzineinspritzung bei den Verbrennungsmotoren weitgehend durchgesetzt hat. Wo werden heute noch Vergaser benötigt? - Bei Rasenmähern und ähnlichen Produkten, bei denen kleine Zweitaktmotoren zum Einsatz kommen. - Und so war man denn wohl von Hitachi geschluckt worden. - Hitachi gehört heute mit deutlich mehr als 300.000 Mitarbeitern zu den größten Mischkonzernen der Welt!
Dabei waren Keihin-Vergaser einmal sozusagen „der Weisheit letzter Schluss“ gewesen. Dort hatte man einen Gleichdruck-Vergaser entwickelt (auch mit Unterdruck-Vergaser benannt), der z.B. vom inzwischen größten Motorenhersteller der Welt – Honda - in all seinen Motorrädern verbaut wurde. Keihin-Vergaser stellten auch einen „weichen Übergang“ beim vollen Herausbeschleunigen aus der Kurve sicher!
Als dann später Honda bei seinen erfolgreichen Langstrecken-Rennmaschinen die Direkteinspritzung einführte, da war man damit nur eine Saison unterwegs. Die Fahrer bestanden darauf, bei den Langstreckenrennen, bei denen man auch schon mal stundenweise im Regen unterwegs war, wieder Motorräder mit Keihin-Vergaser fahren zu dürfen, weil beim Direkteinspritzer ein weiches Beschleunigen in Schräglage aus den Kurven heraus nicht möglich war. - So geschah es dann auch!
Als BMW unter Leitung seines Technischen Direktors, Helmut-Werner Bönsch, Anfang der 70er Jahre seine BMW R 75/5 in Hockenheim vorstellte, da war die mit einem BING-Gleichdruckvergaser ausgestattet. - Bis es aber dazu kam, bedurfte es Geschehnissen, die bis heute von BMW „unter dem Teppich gekehrt“ werden, aber den heutigen Mitarbeitern auch unbekannt sind.
Das war eine Zeit, in der – nicht nur BMW – sich einer Reihe von Privat-Unternehmern als Landes-Importeure nicht nur in europäischen, sondern auch in Übersee-Ländern bediente. So war für BMW „Maxie“ Hoffmann, mit seiner Firmenzentrale in New York, der für die USA verantwortliche Importeur. Da der USA-Markt für BMW wichtig war, hatte auch die Meinung eines „Maxie“ Hoffmann Bedeutung!
Mit seiner „Hoffman Motor Company“, hat er nicht nur BMW in den USA bekannt gemacht, sondern auch Porsche und Mercedes. In den 50er Jahren wurde z.B. rd. ein Drittel der Porsche-Produktion in die USA verkauft!
„Maxie“ Hoffmann, ein Wiener und Sohn eines jüdischen Vaters, war – als Österreich zum „Großdeutschen Reich“ kam – rechtzeitig in die USA geflüchtet, wo er sich dann den amerikanischen Beispielen anpasste und auf ein „n“ im Namen Hoffmann verzichtete. Er war nicht nur als Importeur für die Hersteller unerhört wichtig, deren Produkte er importierte, sondern auch durch sein Gefühl für Käufer und Märkte, mit denen er ganze Marketing-Abteilungen ersetzte. Er hat den Porsche-Speedster, den Mercedes-300 SL, den BMW 507 initiert und er hat auch auf andere Details so mancher Entwicklung Einfluss genommen. - Bis hin zum Porsche-Emblem auf der vorderen Haube.
So wurde ihm, nachdem man bei BMW glaubte, ein neues Motorrad-Modell fertig entwickelt zu haben, ihm das auch als USA-Importeur „vorab“ vorgestellt. „Maxie“ Hoffmann wurde dazu aus New York eingeflogen. Er schaute sich die neue R 75/5 genau und im Detail an, umkreiste das Motorrad mit kritischem Blick, um dann erstaunt zu fragen: „Und was soll das hier?“ - Dabei zeigte er auf die Keihin-Vergaser, mit denen die R 75/5 als Prototyp ausgestattet war. Und er stellte fest: „Mit diesem japanischen Vergaser kann ich in den USA kein ‚Made in Germany‘ verkaufen!“
BMW-Einwand: Aber BING macht keine „Unterdruck-Vergaser“! - Hoffman: „Dann müssen die eben welche machen!“
So musste BING dann damals ganz schnell noch einen Unterdruck-Vergaser konstruieren. Meine Leser mögen mich bitte nicht fragen, wo der denn „abgekupfert“ wurde. Jedenfalls sollte er nicht schlechter werden als ein Keihin-Vergaser
Als die BMW-Prototypen und Versuchsmaschinen damit umgerüstet waren, wurden die zu Versuchsfahrten auf der damals noch vorhandenen Nürburgring-„Südschleife“ verladen. Nur hätten die Versuchsfahrer auch gerne mal einen direkten Vergleich zwischen Keihin- und dem neuen BING-Vergaser gehabt.
„Kluge Köpfe“ unter den Versuchsfahrern wussten aber, dass ich – Wilhelm Hahne – privat eine Honda CB 450 fuhr, die – natürlich – mit Keihin-Vergasern ausgestattet war. - Natürlich habe ich gerne ausgeholfen. - Sonst hätte ich auch die ganze Geschichte hier nicht erzählen können.
Bei Keihin fällt mir aber auch ein, dass ich zu Karnevalsbeginn in Deutschland, am 11. November 1971 auf der Tokyo Motor-Show in Japan unterwegs war. Die war damals in acht Hallen und einem Freigelände untergebracht. Ich war damals auch am Keihin-Stand, wo ich meine Neugierde gerne mit der Beantwortung von ein paar Fragen gestillt bekommen hätte. - Aber keiner auf dem Keihin-Stand sprach – damals, 1971 – Englisch. - Wirklich nicht!
Ein älterer Japaner – mit einer Baskenmütze! - ein normaler Besucher, der unweit von mir stand, hat mein vergebliches Bemühen mitbekommen und hat mich in „zähem“ Deutsch gefragt, ob er mir helfen könne. Als ich meiner Freude über die angebotene Hilfe Ausdruck gab, hat er abgewinkt: Das wäre doch selbstverständlich unter „alten Kameraden“, schließlich seien wir doch auch im Zweiten Weltkrieg Verbündete gewesen.
War ich wohl deshalb im November 1971 nach Japan und Tokyo geflogen, um daran erinnert zu werden.? - Aber ich habe dann auch erfahren, dass sein Sohn bei IBM in Stuttgart arbeitet und einen Mercedes fährt.
Zum Abschied hat er mir dann zwei kleine Münzen geschenkt, die mir Glück bringen sollten.
Das alles am Keihin-Stand, den es dann wohl – wenn ich die Mahle-Pressemeldung richtig verstanden habe – jetzt und in Zukunft auf der Tokyo Motor Show nicht mehr geben wird.
Aber Keihin wird so die Bedeutung von Mahle in Zukunft erhöhen, denn Mahle in Stuttgart ist schon lange nicht mehr nur ein Kolbenhersteller und Zulieferer von mechanischen, sondern auch von unterschiedlichsten Elektronik-Komponenten – nicht nur für Automobile. So liefert man inzwischen auch Naben- und Mittelmotore einschließlich aller sonst notwendigen Komponenten für Hersteller von e-Bikes.
Um diese „Meldung“ mit einer weiteren „News“ abzuschließen: Mahle hat mit Jörg Walz aktuell einen neuen Öffentlichkeitsarbeiter, der sich durch seine qualifizierte Arbeit bei Porsche einen guten Ruf in der Branche erarbeitet hat und nun deren Bereich Marketing Kommunikation in Stuttgart leitet.