Corona- ist SimRacing-Zeit mit „seltsamen Blüten“!

Genauso wie für mich die unterschiedliche Bewertung von Bakterien und Viren in ihren Auswirkungen unverständlich ist, ist für mich andererseits nicht begreifbar, warum virtueller Motorsport den realen Motorsport ersetzen kann. Natürlich hatte ich mich auch schon in der Vergangenheit mit der „neuen Art“ von Motorsport beschäftigt, aber nun habe ich tatsächlich nach der Ankündigung einer neuen „Digitale Nürburgring Langstrecken-Serie powered by VCO“ durch die „VLN VV“ exakt fünf Recherche-Tage gebraucht, um einige Zusammenhänge herstellen – und auch andere Details aufdecken zu können – die mich in die Lage versetzen, eine hoffentlich allgemein verständliche Situation auf einem auch für mich neuen Gebiet für meine Leser nachvollziehbar darstellen zu können. Wobei ich natürlich Risiken eingehe, aber dabei nicht den weisen Spruch von Erica Jong vergesse, der auch auf diesen Seiten unter „Zitat der Woche“ zu finden ist: „Niemand hat je zur Weisheit gefunden, ohne sich auch mal zum Narren gemacht zu haben." - Bei meinen Recherchen bin ich aber in der Realität dabei oft auf „Narren“ gestoßen, die von sich so überzeugt sind, dass sie alle anderen wie Narren behandeln. - Da muss ich dann der folgenden Geschichte auch den Titel geben:

Corona- ist SimRacing-Zeit mit „seltsamen Blüten“!

Ich hatte mir die Zeit genommen, um den ersten digitalen VLN-Lauf am 21. März 2020 aufmerksam zu betrachten, der unter dem Titel „Rennen 1 Digitale Nürburgring Langstrecken Serie“ der Öffentlichkeit nahe gebracht wurde. - Ich habe dazu geschrieben – und hatte mir vorgenommen, zu versuchen, weiter in diese „virtuelle Welt des Motorsports“ einzusteigen, sie zu verstehen.

Da wurde ich schon am 27. März von der Ankündigung einer ganzen virtuellen Motorsport-Serie überrascht. Auf der VLN-Internetseite war u.a. zu lesen:

VCO wird Serienpartner der Digitalen Nürburgring Langstrecken-Serie
Die Virtual Competition Organisation (VCO) wird offizieller Partner und Presenter der Digitalen Nürburgring Langstrecken-Serie. Das Unternehmen aus München bringt verschiedene Stakeholder im eSports zusammen: von der Simulations- oder Gaming-Plattform über interessierte Partner bis hin zu den aktiven Teams und Fahrern sowie der Community. ‚Wir freuen uns sehr, dass wir mit unserem Engagement dazu beitragen können, die Digitale Nürburgring Langstrecken-Serie powered by VCO dauerhaft an den Start zu bringen‘, sagt VCO-Geschäftsführer Florian Haasper. ‚Die Motorsport-Fans sind in diesen herausfordernden Tagen hungrig nach Renn-Action und ein wenig Ablenkung. So ist das Interesse am eSports-Racing zuletzt enorm gestiegen. Das Nordschleifen-Championat mit seinen enthusiastischen Anhängern ist für uns die perfekte Bühne, um zu zeigen, wie gut die Fusion zwischen realem Motorsport und eSports-Racing funktionieren kann.‘“

Und es gab schon am 28. März eine weitere Information an die VLN-Teams, die vom Geschäftsführer der VLN VV GmbH & Co KG verantwortet wird und in der u.a. zu lesen war:

„Als besonderen Service stellen wir ALLEN Teilnehmern in unserer VCO Media-Cloud professionell aufbereitete Fotos und Videos zur Verfügung – selbstverständlich zur freien Verwendung. Im Gegenzug würden wir uns sehr freuen, wenn Ihr uns Eurerseits mit Material versorgt. Selfies und Fotos von Fahrern in Aktion und kurze Handyvideos helfen uns in der Kommunikation der Serie, die Menschen hinter den Teams zu zeigen und das virtuelle Renngeschehen den Zuschauern noch näher zu bringen. Nutzt für das Hochladen der Bilder und Videos bitte den entsprechenden Ordner, der jeweils ab Freitag vor dem Rennen auf der VCO Media-Cloud verfügbar ist. Der Link lautet: bit.ly/vco-mediacloud“

Grund genug einmal nachzuschauen, wer denn nun eigentlich „VCO“ ist. Offenbar nicht nur ein bedeutender Serien-Sponsor, sondern auch „Hilfe“ bei der technischen Umsetzung der Realität ins Virtuelle.

Der erste Versuch ging ein wenig daneben – und ich lernte dabei: VCO ist nicht VCO. Darum habe ich mal hinüber ins Archiv des „Deutsches Patent- und Markenamt“ (DPMA) in München geschaut um darauf zu kommen, dass die Wortmarke „VCO“ von -zig Firmen aus aller Welt in den unterschiedlichsten Schriftformen geschützt ist. - Mir war es mit schlafwandlerischer Sicherheit gelungen, auf zwei ähnliche zu stoßen.

Mit meinem Blick ins Archiv des DPMA konnte ich auch in Erfahrung bringen, dass der Schutz der  Wortmarke „VCO“ von einer schon einige Jahre bestehenden Firma beantragt worden war. Überraschend:

  • Der Schutz von „VCO“ als Wortmarke wurde erst am 13. Februar 2020 beantragt und am 2. März 2020 bestätigt!

Diese Feststellung war – zumindest für mich – schon überraschend, wobei dann auch die Frage auftaucht, wer denn nun eigentlich hinter dem Sponsor der neuen digitalen Motorsport-Serie steckt?

Und man fällt von einer Ohnmacht in die nächste:

  • Der neue Seriensponsor „powered by VCO“, die Virtual Composition Organisation GmbH, München, ist noch nicht einmal handelsgerichtlich eingetragen. Wie ich erfahren musste: Aus Corona-Gründen – was sonst? - erfolgt die Eintragung erst später!

Die Firma residiert offiziell unter der gleichen Adresse, unter der beim Handelsregister in München zwei weitere Firmen eingetragen sind:

  • Büro Süd, Lindwurmstraße 88,
  • bürosüd plus, Lindwurmstraße 88,

der Einfachkeit halber unter der gleichen Telefon-Nummer zu erreichen! - Da wird dann die VCO GmbH sicherlich keine Ausnahme werden.

Aber es wird immer interessanter! - Denn am 4. April 2020, dem 2 Lauf zur „Digitale Nürburgring Langstrecken-Serie powered by VCO“ ist unter der Start-Nummer 189…

  • BMW-Werksfahrer, Philipp Eng, auf einem BMW Z4 GT3 unter Nennung des Team „BS+COMPETITION“ am Start, das der/den Firmen BüroSüd zugerechnet werden muss.

Nun ist die „bürosüd plus“ erst entstanden, als ein ehemaliger Mitarbeiter der SMG, der Sport Media Group GmbH in Haar (bei München), seine guten Kontakte zu BMW dort als Gesellschafter und Geschäftsführer mit eingebracht hatte.

„Büro Süd“ hatte sich vorher unter Leitung von zwei Gesellschaftern vornehmlich mit Grafikdesign für Buchverlage beschäftigt. Im Jahre 2012 kam es dann zur Gründung der neuen – zusätzlichen – Firma, die von den guten Kontakten zu BMW ihres neuen, in dieser Firma dann dritten Gesellschafters profitiert. Zum „grafischen Know How der ersten Firma, kam nun das redaktionelle der zweiten, womit man dann im „Corporate Publishing“-Geschäft war. - Auch mit BMW!

Als nun – gerade unter dem Einfluss der Corona-Krise – das Interesse am digitalen Motorsport wuchs, hat man sich bei „bürosüd plus“ entschlossen, auch bei dieser Entwicklung den guten Kunden BMW in der Entwicklung zu unterstützen und das e-Team „BS+Competition“ ins Leben gerufen.

Dass man gleichzeitig Top-Sponsor bei der „Digitalen Nürburgring Langstreckenserie“ wurde, was sich im „powered by VCO“ ausdrückt, ist schon ein Wunder! - Oder doch nicht, wenn man an den einen, großen Kunden denkt?

  • Eine Neugründung, noch nicht im Handelsregister eingetragen, mit einer Wortmarke, gegen die die Einspruchsfrist beim DPMA noch nicht abgelaufen ist, wird zum Hauptsponsor einer neuen digitalen Motorsport-Serie!

Was sagt eigentlich der DMSB zu dieser neuen Serie, weil der – wirklich überraschend – am 31. März 2020 verkündete:

„DMSB SimRacing Championchip startet im April“

Man vermeldet:

„...nach zwei Jahren intensiver Vorarbeit die erste rein digitale Rennserie, die das Qualitätssiegel des Deutschen Motor Sport Bundes erhält“.., um wenig später zu verdeutlichen, wohin die Reise geht: „. Als Promoter für das neueste offizielle Motorsportprädikat wurde die Nürburgring eSports GmbH & Co KG ausgewählt, die bereits über sehr viel Erfahrung in der noch jungen Disziplin „SimRacing“ verfügt. Sie wird zunächst in den kommenden drei Jahren für die Ausrichtung der DSRC zuständig sein. Bereits 2020 soll der erste offizielle Deutsche Meister im SimRacing ermittelt werden.“

Natürlich hat Motor-KRITIK beim DMSB nachgefragt, was man davon halten soll, dass zwar in der Rahmenausschreibung zur neuen „Digitale Nürburgring Langstrecken-Serie powered by VCO“ zu lesen ist:

„Grundlage für alle Serien/Veranstaltungen von Simracing Deutschland  ist das DMSB – Rundstreckenreglement für SimRacing 2020. Einzelne Art. sind in der Serienausschreibung und/oder Verhaltens- & Strafenkatalog gesondert geregelt.“ …

...dann aber diese Rahmen- oder Serien-Ausschreibung nicht vom DMSB genehmigt ist.

Der DMSB lässt mir dazu heute durch die Pressestelle antworten:

„Der DMSB hat mit seinem Fachausschuss SimRacing in den beiden vergangenen beiden Jahren ein Reglement für diese beim DMSB noch recht neue Disziplin erarbeitet. Auf dessen Grundlage können SimRacing-Veranstaltungen stattfinden. Es ist in etwa vergleichbar mit dem Rundstreckenreglement, dass die Basis für den Rundstreckensport bietet. Da der DMSB die Möglichkeit zum Einstieg in professionelles SimRacing möglichst niedrig halten möchte und es ja auch bereits eine funktionierende SimRacing-Szene gibt, entstehen für die Nutzung des Reglements weder dem Veranstalter noch den Teilnehmer Kosten. Vergleichbar ist dies mit dem Clubsport, bei dem Motorsport für Einsteiger nach den sportlichen und technischen Regeln des DMSB durchgeführt, alles Weitere aber von den Trägervereinen bzw. Mitgliedern (ADAC, AvD, DMV, ACV, ADMV etc.) und deren Ortsclubs umgesetzt wird. Genauso können Veranstalter wie die der Digitalen Nürburgring-Langstrecken-Serie das DMSB-Reglement nutzen, um eine bestmögliche Grundlage für sportliche-faire Wettbewerbe zu haben.“

Was eigentlich bedeutet – und ich habe die entsprechende Stelle in der DMSB-Antwort „unterstrichen“:

  • Die „Digitale Nürburgring Langstrecken-Serie powered by VCO“ ist demnach so eine Art „Kreisklasse“, 3. oder 4. Liga im digitalen Motorsport. - Aus der Sicht des DMSB!

Heute, am 2. April 2020, gibt es übrigens wieder eine Information zum digitalen Rennen am Wochenende. Sie wird sicherlich gerne abgeschrieben werden. Ich beschränke mich darauf, eine Stelle zu zitieren:

„Nicht nur das Teilnehmerfeld ist im Vergleich zum Auftaktrennen der Digitalen Nürburgring Langstrecken-Serie noch einmal stärker geworden, auch der Kreis der Partner wächst. Neben der Virtual Competition Organisation (VCO) sind nun auch Vodafone, der ADAC Mittelrhein und Raceunion als Partner in der Premierensaison der Digitalen Nürburgring Langstrecken-Serie dabei.“

Zur „VCO“ habe ich hier schon informiert, zur Vodafone und ADAC Mittelrhein muss ich hier nichts schreiben. Die Firma und der Verein ist i.O., aber die Raceunion (der Name wurde von mir in VLN VV-Text „unterstrichen“) war mir bisher kein Begriff. Also habe ich ein wenig recherchiert.
„Früher“ war die „Raceunion“ in Adenau angesiedelt und in Kolbenz handelsgerichtlich eingetragen. Inzwischen ist man nach Berlin umgezogen und ist beim Amtsgericht in Charlottenburg zu finden. Dort ist unter dem 7. März 2017 zu lesen:

„HRB 183528 B: RACE UNION LTD., Berlin, Reulestraße 24, 12105 Berlin. Gegenstand: Gegenstand der Zweigniederlassung: Die Gesellschaft dient dem Zweck der Durchführung, Organisation und Vermarktung des Motorrennsports / E-Motorrennsports sowie der Promotion und Förderung von Rennfahrern, der Gewinnung von Kundenbeziehungen (B2C) und Vermittlung von Händlerbeziehungen (B2B) auf eigenes Risiko in Technologie- und "New Economy" Branchen. Rechtsverhaeltnis: Der Gegenstand ist geändert.“

Aus meiner Sicht bemerkenswert: Die RACE UNION ist eine LTD. - Nachgeschlagen: Das eingezahlte Eigenkapital beträgt 1 britisches Pfund. - Aber real, nicht digital!

Natürlich habe ich mich in den letzten Tagen auch mit „richtigen“ Rennfahrern zu dem Thema „digitaler Motorsport“ unterhalten. Eine ehrliche Meinung aus dieser Gruppe „der Echten“ zur aktuellen Entwicklung:

„...jetzt so zu tun als ob das hier die neue Art von Racing ist, ist natürlich ein Witz. Dann können wir es mit dem realen Racing direkt lassen - und der Unfall damals am „Flugplatz“ war kein Zufall, ein Game kann niemals die Realität ersetzten – nie!“

Ich schließe mich den Worten meines Vorredners an!

MK/Wilhelm Hahne
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