Zum Thema EMV: (K)Ein „Märchen“ aus dem Jahr 1986!

Wer macht sich heute schon Gedanken über EMV? - Wer ist überhaupt in der Lage, das mit Elektro-Magnetische Verträglichkeit zu übersetzen?  - Und wo soll das eine Rolle spielen? - Ach! - Beim Automobil? - Was heute kaum noch jemand weiß, das wussten im Jahre 1986 selbst noch nicht alle verantwortlichen Vorstände in der Automobilindustrie. - Ich wusste nicht nur um die Problematik, sondern ich habe auch die Entwicklung beobachtet. Damals – 1986 – habe ich auch schon unter dem Titel Motor-KRITIK – meine Beobachtungen veröffentlicht. - Ich habe damals z.T. die Form eines Märchens gewählt, da es auch vollkommen unglaubwürdig gewesen wäre, hätte man hier „Ross und Reiter“ mit Namen benannt. Das waren hochangesehene Vorstandsmitglieder großer Aktiengesellschaften, die sich mit der Herstellung von Automobilen beschäftigten. - Aber die technische Entwicklung ist schon mal schneller, als es dem Basiswissen von Vorständen entspricht. Obwohl es märchenhaft klingt: Diese Telefongespräche zwischen Vorständen hat es wirklich gegeben! - Und es ist kein Zufall, dass ich nach entsprechender Erfahrung bis heute keine Interviews mehr – erst recht nicht mit Vorstandsmitglieder oder gar Vorstandsvorsitzenden von Automobilherstellern mache. Die sind – und ich beziehe das auf ihr Wissen um die moderne Technik eines Automobils – z.T. richtig dumm. - Das letzte Interview, das ich in meinem Leben mit dem Vorstandsvorsitzenden eines Automobilherstellers gemacht habe, wurde niemals veröffentlicht, weil das verantwortliche Vorstandsmitglied für Öffentlichkeitsarbeit der Meinung war:  Jeder Leser würde sich nach dem Lesen die Frage stellen: „Warum ist dieser Wilhelm Hahne nicht Vorstandsvorsitzender?“ - Ich habe mir diese Frage niemals gestellt, mache einfach keine Interview mehr und habe diese Geschichte hier nur erzählt um zu erklären, warum ich in der folgenden Geschichte keine Namen genannt, sondern teilweise die Form eines Märchens gewählt habe, um die Problematik – damals, 1986 – zum Thema „EMV“ zu schildern. - Ich wollte eigentlich primär meine Motor-KRITIK-Abonnenten mit dem Problem bekannt machen. - Und sie nun daran erinnern. - Eine neue Generation von Motor-KRITIK-Lesern!

Zum Thema EMV: (K)Ein „Märchen“ aus dem Jahr 1986!

Beginnen wir diese Geschichte mit einem Märchen, das so wahr ist, wie alle Märchen. Es wird heute noch erzählt zwischen den sanften Hängen im Tal des Neckar, hat sich zugetragen anno „Ichweißnichtmehr“ und soll – hier niedergeschrieben – all‘ jenen großen Herrschern zur Mahnung dienen, die glauben, ihr Wissen wäre so groß wie ihr Reich.

Es begab sich zu einer Zeit, da der Fortschritt unaufhaltsam schien, dass der Technik-König eines großen Auto-Reiches hoch im Norden einen seiner Elektronik-Ritter zu sich rief, um mit ihm zu beraten, wie viele Goldtaler er wohl in den vor ihnen liegenden vier Jahreszeiten brauchen würde, um einen Vorsprung vor den anderen großen Auto-Königreichen zu erzielen.

Elektronik-Ritter Walther von der Vorstandsweide zierte sich nicht lange und nannte eine so große Zahl, dass viele, viele Säcke gebraucht worden wären, um all‘ diese Goldtaler zu transportieren.

Technik-König Prodok Fiasco stutzte. War man in den vergangenen vier Jahreszeiten nicht mit einer weit geringeren Summe ausgekommen? War es nicht eigentlich ein Bruchteil der jetzt von Ritter Vorstandsweide genannten Summe gewesen?

König Fiasco war unsicher, wollte erst noch mal nachdenken, in sich gehen, bevor er Walter von der Vorstandsweide… - (Er wollte sich erst mal kundig machen, dieser Schelm!)

So schickte er Walther von der Vorstandsweide wieder in seine Kemenate, griff zum Hörer seines Sprech- und Hörwerkszeugs und stellte eine Verbindung zu seinem König-Kollegen im Süden des Landes her, der dort ein anderes Auto-Reich technisierte. König Schmalmesser war dort erfreut von seinem hochgeschätzten Kollegen zu hören und frage: „Was ist Euer Begehr?“

König Fiakso: „Gibt es in Eurem Reich Probleme mit der elektromagnetischen Verträglichkeit von elektronischen Bauteilen in Automobilen?“

König Schmalmesser hatte zwar schon mal von der EMV gehört, aber Probleme? - „Ich wüsste nicht welche. In meinem Reich gibt es keine!“

König Fiasco bedankte sich artig, aber er kochte schon vor Zorn, weil er nun genau zu wissen glaubte, dass Elektronik-Ritter Walther von der Vorstandsweide ihm viel zu viel Goldtaler aus seinem Staatssäckel ziehen wollte. - Nur um diese kleinen EMV-Aufgaben zu lösen? - Der sollte ihn kennen lernen!

So ließ er dann den Walther wieder antanzen, machte ihn zur Minna und befahl ihm, sofort seine Werks-Kemenate zu räumen. „Hinfort! - Du kannst sofort auf dein heimatliches Schloss zurück kehren! Ich brauche dich nicht mehr! Du hast mein Vertrauen schmählich zu missbrauchen versucht!

König Fiasco ließ die schüchternen Einwände von Ritter Walther nicht gelten. „Es ist mein letztes Wort“, schnaufte er wütend und wies mit ausgestreckter Hand – und Finger – zur Tür!

Elektronik-Ritter Walther von der Vorstandsweide ritt traurig seinem heimatlichen Gemäuer zu. Sollte er nun nie mehr mit TEM-Zelle (Transversal-Elektro-Magnetische Zelle) und Absorber-Halle arbeiten dürfen?

Hier unterbrechen wir einmal den Fluss des Märchengebildes aus „Wilhelms grimmigem Märchenbuch“ und machen einen Sprung in unsere Realwelt, die des Jahres 1986.

Dort hatte man erst in den 70er Jahren von den widrigen Einflüssen der elektromagnetischen Strahlung auf elektronische Bauteile im Automobil erfahren. GM (General Motors) in den USA hatte zu dieser Zeit erstmals Trucks mit einem (aus heutiger Sicht: recht primitiven) ABS-System ausgerüstet, das aber aus zunächst unerklärlichen Gründen nicht zur Zufriedenheit der Nutzer funktionierte. Bis man bei GM dahinter kam, dass hier durch elektromagnetische Strahlungen unterschiedlichster Art die Funktion dieses ABS-Systems negativ beeinflusst werden konnte. - Und es wurde leider oft so beeinflusst!

GM war gezwungen zu reagieren. Man reagierte richtig, baute die erste Halle zur systematischen Untersuchung der EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit; im engl. EMC = Electromagnetic Compatibility) überhaupt auf der Welt, so weit sie allein von der Automobilindustrie genutzt wurde.

Er jetzt – in 1986 – beginnt z.B. ein so mächtiger Elektronik-Hersteller wie Bosch eine Halle für ähnliche Untersuchungen zu bauen, weil man auch den Industrie-Kunden ohne eigene Absorberhalle helfen möchte.

Natürlich arbeitet man bei Bosch schon recht lange mit der TEM-Zelle (Transversal-Elektromagnetische Zelle), in der die einzelnen Bauteile auf ihre Verträglichkeit mit elektromagnetischen Strahlen geprüft werden können. Aber leider haben solche Untersuchungen nur eine eingeschränkte Aussagekraft, beziehen sich nur auf das jeweilige Bauteil. So kann ein solches Bauteil in der TEM-Zelle zwar bewiesen haben, dass es selber mit 100 V/m beaufschlagt, noch einwandfrei funktioniert; in einem Automobil verbaut und vielleicht nur mit 1 V/m angestrahlt, ist es vielleicht nicht mehr funktionsfähig oder es kommt zu Funktionen, die vom Fahrzeugführer gar nicht gewollt sind.

Bei VW erzählte man erst vor kurzer Zeit den V.A.G.-Händlern eine Geschichte, die erklären sollte, warum die Sonderserie des Polo GT mit dem G-Lader-Motor bis heute noch nicht produziert ist.

Sie beweist aber auch, dass man die EMV von elektromagnetischen Bauteilen bis heute immer noch nicht – oder nur teilweise – berechnen kann.

Wobei die von VW erzählte Geschichte nur eine Halbwahrheit ist, weil auch noch andere Probleme – außer EMV – für eine Produktionsverzögerung des G 40-Polo sorgten!

Bei Versuchsfahrten mit dem G 40-Polo wurde festgestellt, dass die elektronische Zündung nach dem Durchfahren einer Radarkontrolle der Polizei ihre Funktion einstellte. Durch die Radarstrahlung wurde das programmierte Zündungs-Kennfeld ungünstig beeinflusst.

Neben Radargeräten können das theoretisch (und praktisch) auch eingestrahlte Störungen durch Rundfunksender, Fernsehsender, Mobilfunkgeräte, Mikrowellengeräte, Induktionsschleifen, Blitze, und, und, und sein.

Diese Störungen entstehen in einem Frequenzbereich von rd. 10 kHz bis 10 GHz. Durch solche Störeinflüsse können nicht nur die elektronischen Bauteile eines Automobils negativ beeinflusst werden, sondern übrigens auch Computer, Haushaltgeräte, Herzschrittmacher usw., eben besonders all jene Teile, in denen elektronische Steuergeräte für die Funktion wichtig sind.

Beim Automobil sind das z.B. besonders jene Steuergeräte, die die modernen Gemischbildnersysteme erst optimal funktionieren lassen. Es ist auch gar nicht gesagt, dass ein solches elektronische System, hat es in einem bestimmten Automobil seine EMV (elektromagnetische Verträglichkeit) bewiesen, nun auch in anderen Automobilen ohne weitere Prüfung eingebaut werden kann.

Zwar sollte man davon ausgehen, dass die Stahlblech-Karosserie eines Automobils als „Paradayscher Käfig“ vor einer Störwirkung durch elektromagnetische Strahlen von außen schützt, aber Versuche haben gezeigt, dass mit zunehmender Frequenz auch eine solche Karosserie für elektromagnetische Strahlen immer durchlässiger wird. Kunststoff-Karosserieteile reagierten in einem solchen Fall sogar so, als wenn sie gar nicht vorhanden wären.

Hinzu kommt, dass die unterschiedlichen Leitungsnetze in einem Automobil mit ihren unterschiedlichen Leitungslängen einen unterschiedlich „breitbandigen Empfänger“ für elektromagnetische Einstrahlungen darstellen. Denkt man z.B. an den neuen 7er BMW, in dem Kabel von einer Gesamtlänge von mehr als 2.000 Meter und einem Gewicht von 36 Kilogramm ein ganzes System von Steuergeräten, Sensoren, Mikroprozessoren und Mini-Rechnern miteinander verbinden, dann bekommt man eine Ahnung, welche Bedeutung die EMV für die Entwicklung moderner Automobile der Zukunft haben wird.

Zwar kann man aufgrund der Kabellängen, die das jeweilige elektronische Bauteil erreichen, den Frequenzbereich berechnen, in dem dieses Kabel als Antenne dient, aber man kann z.B. nicht die Verträglichkeit der einzelnen elektronischen Komponenten untereinander kalkulieren.

Bedenkt man einmal, dass selbst Karosserie-Varianten (Limousine, Coupé, Cabrio) unterschiedliche Voraussetzungen für die Einstrahlung von Störquellen bieten, kann man ermessen, wie viel Prüfarbeit auf dem EMV-Gebiet in den Automobilwerken nötig ist, um die zuverlässige Funktion der Elektronik-Bauteile in einem Automobil sicherzustellen.

Das sind ja nicht nur die elektronisch gesteuerten Gemischbildungssysteme (sowohl Vergaser, als auch Einspritzanlagen), Zündanlagen, sondern auch ABS, Bordcomputer, und, und, und. Es gibt immer mehr Elektronikeinbauteile auf engstem Raum, immer schnellere Impulsfolgen mit hohem Oberwellenspektrum. Manche dieser Teile stören sich dadurch untereinander. Ein Versagen solcher Anlagen kann bei unglücklichem Zusammentreffen von misslichen Umständen aber zu schwerwiegenden, Leben und Gesundheit beeinträchtigenden Unfällen führen.

Man muss hier einmal an den spektakulären Absturz eines Tornado-Kampfflugzeugs in der Nähe von Holzkirchen (Bayern) erinnern. Zuerst gab es für den Absturz dieses Superflugzeugs (Systempreis = 100  Millionen Mark per Stück, schließt Flugzeug, Ersatzteile, Bodengeräte, Training usw. ein) keine Erklärung. Die Auswertung des Flugschreibers brachte dann ein überraschendes Ergebnis:

    • Die starke elektromagnetische Strahlung des bei Holzkirchen stehenden großen Rundfunksenders „Radio Freies Europa“ hatte die elektronische Steuerungsanlage des Tornado so beeinflusst, dass urplötzlich die Ruder hart ausschlugen, die Maschine seitlich nach unten weg kippte und zerschellte. Weil die Maschine mit rd. 800 km/h in nur 230 Meter Höhe flog, blieb dem Piloten keine Zeit zur Verfügung, das Flugzeug mit der vorhandenen mechanischen Notsteuerung wieder unter Kontrolle zu bringen.

Neben diesem Unfall nimmt sich die Geschichte um den verspäteten Produktionsanlauf des Polo G 40 wie eine Humoreske aus. Es gibt nach Aussagen von Fachleuten heute praktisch kein Automobil mehr, das bei ersten EMV-Versuchen keine Schwierigkeiten macht. Es gibt immer noch irgendwelche Dinge, die von der EMV her zu korrigieren sind. Das ist für die Elektronik-Versuchsleute in den Automobilwerken ein ganz normaler Vorgang.

Es ist aber bei der Planung z.B. von Anlaufterminen für die Produktion erschwerend, dass abschließende Messungen nur am Gesamtfahrzeug (entsprechend dem Serienzustand!) vorgenommen werden können. Hierzu ist eigentlich eine Messung in einer so genannten Absorberhalle als Freigabekriterium unerlässlich. Nur hier ist die Nachbildung der elektromagnetischen Umwelt exakt möglich, wie sie in der Nähe von leistungsstarken Sendern zu finden ist. Nur hier hat man die Möglichkeit, das Fahrzeug auf einem drehbaren Rollenprüfstand (das ist das Ideal) nicht nur von allen Seiten anzustrahlen, sondern auch die EMV unter verschiedenen Lastzuständen des Motors zu prüfen.

BMW misst z.B. die EMV in einer Absorberhalle von Siemens, die allerdings keinen Rollenprüfstand enthält, kann also nicht die Messungen unter allen in der Praxis vorkommenden Zuständen durchführen. Opel ist da viel besser dran. Der GM-Tochter steht die größte Absorberhalle der Welt auf dem GM-Prüfgelände in Milford (Michigan/USA) zur Verfügung, in der sich natürlich auch drehbare Rollenprüfstände (mehrere!) befinden und die so groß ist,dass darin auch Lastkraftwagen gemessen werden können. Diese eigene Halle macht es Opel möglich, schon an den Neuentwicklungen im ersten Prototypenstadium EMV-Messungen vorzunehmen, da bei den Messungen in eigener Halle natürlich auch die Vertraulichkeit gesichert ist.

Es soll heute noch Automobilwerke auf der Welt geben, die zur EMV-Prüfung eines neuen Produkts das Automobil in die Nähe von leistungsstarken Sendern fahren und sich damit begnügen, dort die Funktionssicherheit der eingebauten elektronischen Bauteile zu überprüfen.

Aus verständlichen Gründen gibt es im Bereich der Bundeswehr die größten Erfahrungen mit der EMV und man hat dort errechnet, dass die Kosten für EMV-Prüfungen bei der Entwicklung von elektronischen Bauteilen bei etwa 2 Prozent liegen, wenn sie von Anfang an die gesamte Entwicklung begleiten. Wird die EMV erst nachträglich überprüft und müssen darum noch konstruktive Änderungen an den Bauteilen vorgenommen werden, erhöht sich der EMV-Kostenanteil an den Gesamtentwicklungskosten auf rd. 15 Prozent. Darum berechnet man inzwischen in Kenntnis der zum Einbau vorgesehenen Kabellängen heute den Frequenzbereich der Strahlung, dem das elektronische Bauteil wahrscheinlich ausgesetzt sein wird, um dieses gleich schon auf dem Zeichenbrett mit den entsprechenden Filtern versehen zu können. Das ist weitaus billiger, als später im Versuch festzustellen, dass man an dieser Stelle ein entsprechendes Filter benötigt, um es dann nachträglich hinein zu konstruieren.

Prognosen für die Automobilindustrie sagen, dass sich der prozentuale Anteil der Elektronik an den totalen Herstellungskosten eines Automobils in den nächsten Jahren noch verdoppeln wird. Es werden dann in jedem Personenkraftwagen mindestens zwischen fünf und zehn Mikrocomputer im Einsatz sein. Fragt man nach dem Sinn solcher vermehrten Verwendung im Automobilbau, so erfährt man, dass sie zur

  • Erhöhung der Verkehrssicherheit
  • Erhöhung der Zuverlässigkeit
  • Verbesserung der Wirtschaftlichkeit
  • Herabsetzung der Umweltbelastung

beitragen sollen. Wenn man aber um die Bedeutung der EMV in Automobilen weiß und die Schwierigkeiten, sie vor Serienanlauf exakt und zuverlässig zu prüfen, dann muss man daran zweifeln, ob der vermehrte Einsatz von Mikroprozessoren in Kraftfahrzeugen wirklich der Erhöhung der Verkehrssicherheit und der Zuverlässigkeit dienen kann. An den o.a. Beispielen – VW Polo G 40 und Tornado – wird noch einmal besonders deutlich, dass wir immer noch auf der Suche sind, dass wir auch auf diesem Gebiet der Nutzung von elektronischen Hilfsmitteln immer wieder Neuland betreten, auf dem sich selbst Spezialisten nur suchend bewegen können.

In einem persönlichen Gespräch sagte eine EMV-Spezialist gegenüber Motor-KRITIK deutlich:

„Dieses von Ihnen angesprochene Thema ist so komplex und so schwierig, dass es selbst für Leute die als genial gelten, solchen mit umfassenden physikalischen Kenntnissen, nicht zu begreifen ist. Es geht in Grenzbereiche, es kommen da Phänomene hinein, die zum Teil noch gar nicht zu erklären sind.“

Auch in den „Kindertagen“ des Automobils mussten wir damit rechnen, dass z.B. ein Scheibenwischer, durch irgendeinen starken „Sender“ im Vorbeifahren „angetriggert“, plötzlich zum Leben erweckt wurde, ohne dass der Fahrer etwas dazu getan hätte. Der hat sich zwar gewundert und den Wischer wieder abgestellt. - Das war‘s dann aber.

In Zukunft geht es aber um mehr. Es kommen Lenksysteme auf uns zu, bei denen elektronische Steuergeräte eine Rolle spielen, Getriebe werden elektronisch gesteuert, und, und, und. Der Einsatz von elektronischen Steuergeräten im Automobil wird so bedeutungsvoll, dass man das Thema EMV nicht nur in kleinen Fachgruppen, sondern auch in der Öffentlichkeit diskutieren sollte.

Wie soll sich der Käufer eines Automobils für diese oder jene konstruktive Lösung entscheiden, wenn er nicht auch die jeweiligen Nachteile kennt. Es werden ihm heute nur die Vorteile präsentiert.

Abschließend kehren wir noch einmal zurück in die Geschichte aus „Wilhelms grimmigem Märchenbuch“, mit dem unsere EMV-Story begann. Dieses Märchen hat auch noch ein richtig märchenhaftes Happy-End, das hier erzählt werden soll:

Die Sonne hatte sich gerade erst einmal um die Erde gedreht – oder war das umgekehrt? - als König Prodok Fiasco in seinem Büroschlaf von lautem Klingeln geweckt wurde. König Schmalmesser war am Sprech- und Hörgerät. Und kam gleich zur Sache:

„Wertester Kollege; Sie haben mich da gestern wegen der EMV angerufen. Natürlich hatte ich davon schon gehört, aber bisher noch niemals etwas über daraus entstehende Komplikationen für mein Technik-Reich. Ich habe aber Ihren Anruf zum Anlass genommen, um bei meinen Elektronik-Rittern nachzufragen, wie denn nun der Stand der Technik sei. Die haben zu meinem Erstaunen die Hände über den Kopf zusammen geschlagen und mir nur von Schwierigkeiten und Problemen etwas vorgejammert. Und was man auf diesem Gebiet noch alles prüfen und erforschen müsse, um es in den Griff zu bekommen. - Entschuldigen Sie bitte, lieber Kollege König, dass ich Ihnen gestern eine falsche Auskunft gegeben habe. Aber selbst als König kann man nicht alles wissen. - Und einen schönen Tag noch!“

Der war unserem nördlichen Technik-König nun gründlich vergangen. Hatte er etwa Elektronik-Ritter Walther von der Vorstandsweide ein Unrecht zugefügt?

Auch er informierte sich jetzt noch bei anderen Elektronik-Spezialisten und musste am Ende seiner Gespräche ernüchtert feststellen:

„Selbst als König kann man nicht alles wissen!“

Da König Fiasco nicht nur ein guter Technik-König, sondern auch ein guter Mensch war, ließ er sofort einen Boten zu Ritter von der Vorstandsweide schicken und ihn zu sich ins Werks-Schloss bitten.

Er entschuldigte sich in aller Form und nahm ihn wieder in Gnaden auf, weil er nun ganz sicher war, dass er in Walther von der Vorstandsweide einen sehr weitsichtigen und zukunftsorientierten Mitstreiter für eine heile automobile Technikwelt gefunden hatte.

Und jener Walther sorgte nun auch dafür, dass von Stund‘ an dieser nördliche Automobilhersteller auf dem Gebiet der EMV die Nase mit vorne hatte.

Und wenn Walther von der Vorstandsweide nicht gestorben ist, dann arbeitet er heute noch für seinen menschlichen König. Oder er müsste von einem anderen König abgeworben worden sein. Denn es gibt noch viele Könige, bei denen die EMV-Not groß ist und die z.B. noch keine eigene Absorberhalle haben oder sich an einer bestehenden, ihren Nutzungsanteil sicherten.

So endet dieses Märchen ganz, ganz glücklich!

In unserer realen technischen Welt ist dagegen nicht unbedingt ein  Happy-End in Sicht. Ein Sachkenner auf dem Gebiet der EMV sagte gegenüber Motor-KRITIK noch vor kurzer Zeit:

„Wir sind wissenschaftlich auf diesem Gebiet erst kurz über der Null.“

Dieser Satz ist nicht aus einem Märchen, sondern wurde im Jahre 1986, genau hundert Jahre nach der Erfindung des Automobil ausgesprochen.

Grund genug, sich auch einmal im Jahre 2020 an diese Geschichte aus 1986 zu erinnern, die damals auch schon bei Motor-KRITIK, aber da noch auf Papier gedruckt erschien. Bevor sie nun ins Altpapier wanderte, habe ich sie mal in‘s Internet gestellt. Damit sie nicht vergessen wird! - Auch nicht das EMV-Problem!

MK/Wilhelm Hahne
Durchschnitt: 4.8 (bei 44 Bewertungen)

Kategorie: 

+ Hinweis für Leser – nicht nur an einem Abonnement Interessierte! +

 

Lieber Leser,

 

Motor-KRITIK ist vollkommen werbefrei, aber – darum – auch ein wenig abhängig von seinen Lesern. - Oder anders: Von Einnahmen. - Nicht alle Leser mögen sich gleich für ein Abo entscheiden.

Wenn Sie ab und an mal auf diesen Seiten vorbei schauen und Ihnen der hier gebotene investigative Journalismus gefällt, dann machen sie doch einfach ihre Zustimmung durch eine kleine Spende deutlich. - Auch kleine Beträge können – per Saldo – eine große Hilfe und Unterstützung sein!

Meine Kontendaten – auch wenn Sie Abonnent werden wollen - finden Sie HIER.

 

Danke!